War´s das für die sogenannte „Nordumgehung“?


Quelle: Dürener Zeitung, 08.10.2024 (Paywall)

Zur Vorgeschichte siehe hier und auch Ende des Artikels…

Die von der €DU Düren initiierte Resolution des Rates der Stadt Düren für den zügigen Bau der Nordumgehung (B 399n) (RdRdSDfdzBdNB399n) ist krachend gescheitert! Es droht nicht nur eine weitere Jahre bis Jahrzehnte lange Verzögerung der anachronistischen „Stadtautobahn“-Träume, sondern deren komplette Einstampfung.

Die Zukunft der Nordumgehung Düren ist ungewisser denn je. „Wir können aktuell keinen Zeitplan für die Fortführung unserer Planungen, geschweige denn für die Wiederaufnahme des Planfeststellungsverfahrens, absehen“, teilt Torsten Gaber, Sprecher der zuständigen Regionalniederlassung Ville-Eifel des Landesbetriebs Straßenbau NRW, auf Nachfrage mit. (…)

„Weil in Düren in den letzten Jahren die Umsetzung eines dritten Bahngleises zwischen Aachen und Köln wieder an Bedeutung gewonnen hat, besteht derzeit seitens der Deutschen Bahn zur Sicherung eigener Interessen keine Bereitschaft, Flächen bereitzustellen und zu entwidmen, solange nicht der Verlauf eines potenziellen dritten Bahngleises feststeht“, teilt der Sprecher des Landesbetriebs Straßenbau fest. „Die Verfügbarkeit der erforderlichen Grundstücksflächen ist jedoch ausschlaggebend für die Fortführung unserer Planung.“ (…)

Quelle: Dürener Zeitung, 08.10.2024 (Paywall)

Hinzu käme, so Graber, dass die schwarz-grüne Landesregierung „aus guten Gründen klare Prioritäten auf Erhaltungsmaßnahmen und den Radwegebau gesetzt“ habe. Und für all das brauche man schließlich Personal. Die Entscheidung gegen eine „zügige“ Umsetzung der B 399n ist allerdings noch grundlegender und lässt sich nicht nur mit Personalengpäsen begründen. Vielmehr lässt sie vermuten, dass die sogenannte „Nordumgehung“ – zumindest in ihrer jetzigen Planung – gar nicht mehr kommen wird.

Denn die Straßenbedarfspläne von Land und Bund sollen überarbeitet werden. Im Zuge dessen muss dann auch neu bewertet werden, welche (uralten) Straßenbauprojekte heute überhaupt noch „priorisiert“ als „vordringlicher Bedarf“ behandelt werden sollten. Schließlich haben sich die verkehrspolitischen Ziele und Erkenntnisse in den vergangenen Jahrzehnten weiterentwickelt. Vor ein paar Jahren wurde sogar noch von der „Verkehrswende“ gesprochen — ein Begriff, den sich heute kaum noch jemand in den Mund zu nehmen traut.

Dass die anachronistische B 399n-Planung bei einer Neubewertung, die auf aktuellen Richtlinien, Gesetzen und Beschlüssen (auf allen Ebenen von der Kommune bis zur EU) beruht, deutlich bescheidener ausfallen wird, als in Zeiten, in denen Klimaschutz, Mobilitätswende, nachhaltige Stadtentwicklung etc. noch keinerlei Rolle gespielt haben, dürfte klar sein. Der „vordringliche Bedarf“ war einmal, die Eier legende Wollmilchsau B 399n ist ein anachronistischer Mythos aus verkehrspolitischen Unzeiten.

Allein die Nicht-Pläne für den Radverkehr sollten heutzutage eigentlich ein Ausschlusskriterium für Planungen wie die der B 399n sein. Insbesondere bei uns im „Fahrradland NRW“, wo sich die schwarz-grüne Landesregierung (deren Verkehrsminister das Wort „Stadtautobahn“ für die B 399n geprägt hat) eines Fahrrad- und Nahmobilitätsgesetzes NRW rühmt und wir uns lokal Maßnahmenvorschläge wie dem Radschnellweg RS 399n verschrieben haben. *Hüstel*


Da kann die Dürener €DUFCKAfDP-Fraktion noch so viele wohlklingende Resolutionen und lächerliche Petitionen starten… Die B 399n ist Geschichte!


Quelle: Eine extrem erfolglose Online-Petition eines Dürener Industriellen mit genetisch vererbten verkehrspolitischen Ambitionen, avaaz.org

Wer hat Schuld am Todesstoß für die B 399n?

Der böse Umweltverbund!

Zuerst einmal natürlich die Deutsche Bahn. Sie will sich nicht von Grundstücken trennen, die angeblich für den vielleicht zukünftig doch noch kommenden Ausbau der Bahnstrecke Aachen-Düren benötigt werden. Obwohl in der Machbarkeitsstudie zum dritten Gleis die südliche Variante favorisiert wird, nach der die Stadtautobahn wohl realisierbar wäre. Wir erinnern uns an die fast schon legendäre Posse rund um die (Nicht-)Planung des dritten Gleises.




Ob und wann das dritte Gleis tatsächlich kommt, steht freilich noch in den Sternen. Vor Kurzem hat es ein erstes Auftakttreffen „Runder Tisch Drittes Gleis“ im Dürener Rathaus gegeben. Wir schreiben das Jahr 2024. Mit Blick auf das Tempo, mit dem Maßnahmen zur Förderung des ÖPNV, SPNV, Rad- oder Fußverkehrs (nicht) umgesetzt werden, wird es vermutlich noch das eine oder andere Jahrzehnt dauern, bis sich auf der Baustelle tatsächlich mal etwas tut.


Neue Autobrücke über das potenzielle dritte Gleis: Kann das bleiben oder muss das weg?
Waldstück am Dürener Badesee: Kann das bleiben oder muss das weg?

Quelle: Dürener Zeitung, 12.10.2024

Schuld für die Absage an die B 399n-Träumer muss/kann/sollte man natürlich auch beim Radverkehr bzw. der in Düren mega-einflussreichen und radikalen Radler-Lobby suchen. Ihre Eingaben und Forderungen nach wenigstens (rechtlich) angemessener Berücksichtigung des Radverkehrs bei der Stadtautobahn-Planung mag zwar keine Rolle bei der aktuellen Auf-Eis-Legung der Pläne gespielt haben. Sie werden allerdings (hoffentlich) bei der grundsätzlichen Neubewertung der „Nordumgehung“ Beachtung finden (müssen). Wir sollten dabei auch nicht vergessen, dass die Stadt versprochen hat, aus ihren Fehlern bei der B 56n-Umsetzung zu lernen.



Was bedeutet das Quasi-B 399n-Aus für die lokale „Verkehrspolitik“?

Mal sehen, wie die lokale „Verkehrspolitik“ in den kommenden Wochen und im Wahlkampf 2025 auf die neuerliche bzw. letztendliche Verschiebung der B 399n-Alt-Planung auf den Sanktnimmerleinstag reagieren wird. Ich kann es mir schon denken. Nämlich mit…

Instrumentalisierung je nach Bedarf

Die €DU wird wahrlich not amused sein. Schließlich steht die Stadtautobahn ganz oben in ihrer verkehrspolitischen Programmatik (mobil, vernetzt, smart 🥳). Wenn man pure Pkw-Ideologie denn so nennen will.

Allerdings wird die €DU die aktuelle Nachricht garantiert dafür nutzen, erneut gegen jegliche Form der Fahrradförderung (oder ÖPNV- und Fußgänger-Förderung) zu agitieren. Obwohl sie sich bisher kein bisschen dafür interessiert hat, ob und wie die Ostumgehung B 56n die Innenstadt tatsächlich entlastet hat, wird sie die voraussichtliche Nicht-Entlastung vom Pkw-Verkehr dank der Nicht-Umsetzung der „Nordumgehung“ ausschlachten, so gut es geht.

Ein gefundenes Fressen für den Wahlkampf und die voraussichtliche Machtübernahme nach den Kommunalwahlen 2025. Denn ohne die Mega-Pkw-Entlastungseffekte von B 56n + B 399n ist ja (angeblich) kein Spielraum für die Förderung von irgendetwas anderem als dem motorisierten Individualverkehr vorhanden. (Zumindest, solange man Pkw-Parkplätze und -Fahrspuren als christliche Heiligtümer betrachtet.)

  • Das städtische Verkehrskonzept „Klimafreundliche Mobilität in Düren“?
  • Das Rad-Vorrangrouten-Konzept mit utopischen Ideen wie dem Radverkehr auf der Hauptachse Birkesdorfs sicheren Raum zu geben oder eine Fahrradstraße auf der Neuen Jülicher Str. einzurichten?
  • Die Umsetzung des Fahrrad- und Nahmobilitätsgesetzes NRW?
  • Oder die des Nationalen Radverkehrsplans, für den die Bundes-€DU ein eigenes Umsetzungs-Gesetz gefordert hat?

Kann man mit der Dürener €DU (und ihren Gesinnungsgenossen der FCKAfDP sowieso) alles knicken!

Nun argumentativ unterstützt durch den Todesstoß für die B 399n, die ja angeblich – wie ihre große Schwester B 56n – ganz viel Pkw-Entlastung (bis zu 50%) für die Innenstadt bringen sollte. Pkw-Verkehrsentlastung, die wiederum dazu hätte dienen sollen, den Rad- und Fußverkehr besser ausbauen zu können.

Was im feuchten Traum der €DUFCKAfDP übrig bleibt, ist ständig zunehmender Pkw-Verkehr von ständig größer, schwerer und schneller werdenden Autos. Denen blühen wahrscheinlich trotz bzw. auch aufgrund der B 399n-Nicht-Umsetzung rosige Zeiten. Da ja nun auch perspektivisch kein Platz für ein ordentliches Fahrrad- und Gehwege-Netz da sein wird, kann wieder voll in die innenfreie Autostadt investiert werden. Dies alles wird selbstredend stets nur im Interesse „des Verkehrs“ geschehen, der in den Mindsets der „Christ“-Demokraten ausschließlich aus Pkw-Verkehr besteht bzw. bestehen sollte.

Die sPD wird genauso traurig sein wie die €DU. Schade, dass Düren keine weitere fette Autostraße ohne jegliche vernünftige Fahrrad-Infrastruktur, dafür aber mit nach heutigen Richtlinien nicht erlaubten gemeinsamen Rad-Gehwegen im Bahnhofsbereich bekommt. Man hätte so schön neue Gewerbegebiete an der Rur erschließen können. Und mehr/weniger/irgendwas-mit Autoverkehr findet die sPD ja sowieso immer grundsätzlich gut.

Wie sich das voraussichtliche B 399n-Aus auf die letzten verkehrspolitischen Zuckungen der sPD bis zur Kommunalwahl auswirkt, bleibt abzuwarten. Erwarten sollte man am besten gar nichts. Am allerwenigsten wohl eine Initiative zum Bau eines RS 399n (konsequente Umsetzung des Klimaschutzteilkonzepts Verkehr) oder Ähnliches.

Da die Sozen der €DUFCKAfDP-Opposition verkehrspolitisch im manch einer Frage viel näher stehen als ihrem grünen Koalitionspartner, ist nicht zu erwarten, dass die Absage an die B 399n irgendeinen progressiven, den Umweltverbund fördernden Gedankengang bei der sPD auslösen könnte. Wenn demnächst ein Parkraumkonzept für die Innenstadt erarbeitet werden soll, bei dem es um so schwierige Entscheidungen gehen wird wie „barrierefreie Gehwege nach offiziellen Richtlinien“ versus „sämtliche Pkw-Parkplatz-Prioritäten erhalten“, wird sich zeigen, was die sPD unter „sozialer Verkehrspolitik“ versteht und wie sie sich mit Blick auf die beginnende Wahlvieh-Stimmenjagd demnächst positioniert und profiliert.

Die Grünen werden frohlocken. Bei all den Zielen und Versprechen in Sachen „Verkehrswende“, die mit der „Koalition Zukunft“ nicht umgesetzt werden konnten, endlich mal ein größeres verkehrspolitisches Projekt, das nicht umgesetzt werden kann – also mal im positiven Sinne.

Die Umweltverbände sind sich einig… Das sind gute Nachrichten in Sachen B 399n!

Dass sich die Fahrrad-Lobby mit ihrer kritischen Haltung zur B 399n ins eigene Fleisch schneiden könnte, liegt auf der Hand: Natürlich wird es jetzt heißen: Tja, liebe Radfahrer, wenn die B 399n nicht kommt, wird die Innenstadt auch nicht maßgeblich vom Pkw-Verkehr entlastet. Und wenn das nicht passiert, haben wir leider gar keine Möglichkeiten, die Fahrrad-Infrastruktur in der City zu verbessern. Gleiches gilt natürlich auch für alle anderen Verkehrsarten, die kein Auto-Verkehr sind.

Bis zur Realisierung der beiden Entlastungsstraßen ist der Umgestaltungsspielraum auf den Hauptverkehrsstraßen der Innenstadt eher gering. Jedoch kann auch jetzt schon durch Verbreiterungen von Seitenräumen und durch ergänzende Baumpflanzungen die Aufenthaltsqualität verbessert werden. Auf dem den Stadtkern umgebenden Ring im Zuge der mittelalterlichen Wallanlagen sollte zudem versucht werden, diesen Straßen ihre trennende Erscheinung zu nehmen, indem die Dominanz des Autoverkehrs abgebaut wird. Dies ist besonders dort wichtig, wo wichtige Fuß- und Radwegbeziehungen die Straße kreuzen oder Platzräume durchquert werden:
• Zehnthofstraße-Gutenbergstraße,
• Hoeschplatz-Amtsgericht,
• Holzbendenpark-Altenteich,
• Kölnstraße,
• Kaufhof-Parkhaus an der Schützenstraße,
• Schützenstraße Freifläche Parkhaus,
• Wirteltorplatz.

Masterplan Innenstadt Düren

Am lautesten wird das Argument, dass nur durch das Zusammenwirken von B 56n und B 399n Freiräume für zukunftsgerechte Stadtentwicklung geschaffen werden können, garantiert von denen vorgetragen werden, die sich bisher am meisten darum bemüht haben, die Umsetzung der Konzepte, aus denen das Argument stammt, zu verhindern. Ja, wir reden bspw. mal wieder vom zentralen städtischen Verkehrskonzept aka Klimaschutzteilkonzept Klimafreundliche Mobilität in Düren (als basaler Bestandteil des Gesamt-Masterplans für die Stadtentwicklung). Das wird bestimmt drollig. Radfahrer sind Schuld- und Leid-Tragende zugleich. Toll!

Dass unser zentrales Verkehrskonzept voraussichtlich dazu instrumentalisiert wird, die in ihm selbst festgesetzten Ziele zu negieren und zu verunmöglichen, ist absehbar und wird interessierte Beobachter der lokalen „Verkehrspolitik“ nicht überraschen. Man darf aber auf die lustige Rhetorik gespannt sein, mit der versucht wird, die neuerliche Abkehr von der Mobilitätswende zu verkaufen. Öffentlich wird davon wohl kaum jemand etwas wahrnehmen. Für den Mobilitätsausschuss interessiert sich nur selten ein Besucher und dort spielen städtische Verkehrskonzepte ohnehin traditionell keinerlei Rolle. Die lokale Presse hat auch kein Interesse an Fragen nach konzeptioneller Umsetzung beschlossener Verkehrspolitik. Die eigentliche „Öffentlichkeitsarbeit“ findet via asoziale Medien statt, in denen Anti-Verkehrswende-Geblöke und Hetze gegen alles, was nicht Autoverkehr ist, Hochkonjunktur haben. Ich kann mir die Insta- und Hatebook-Memes von €DUFCKAfDP schon ausmalen…

„Der Verkehr“ wird mal wieder über alle Maßen gegängelt und verhindert! Dass „der Verkehr“ kein Synonym für „motorisierten Individualverkehr“ ist, wird dabei natürlich bewusst verschwiegen und unter den Teppich gekehrt. Ist sowieso eine abstruse Idee, dass auch andere Verkehrsarten Platz brauchen. Ebenso wie die eigentlichen Maximen und Ziele unserer zentralen Verkehrskonzepte – alles linksgrünversiffter Bullshit, wenn es nach der €Du und ihren verkehrswenderevisionistischen Konsorten geht.

Die Maxime muss wieder lauten: Hauptsache weiter so! Mehr Straße = weniger Verkehr!

Um das ins Positive zu kehren, kann man es aus der naiven Radfahrer- und Radlobbyisten-Perspektive auch so sehen:

Eigentlich schön und gut. Die zurecht (nicht nur) von der hiesigen ADFC-Ortsgruppe kritisierte Uralt-Planung ist erstmal vom Tisch. Gut so! Und falls sie tatsächlich nochmal irgendwann in die Hand genommen werden sollte, dann unter den Prämissen, die uns aktuelle (nicht anachronistische) Konzepte, Richtlinien und Verordnungen vorgeben.

Vielleicht wird´s ja doch noch was mit dem Radschnellweg RS 399n (order irgendeinem anderen mal geplanten RS). Kommt die fette Radler-Brücke quer über das voll innovierte neue Bahnhofsquartier etwa doch noch? In unserem zentralen Verkehrskonzept bedienten sich die Planer zur Bebilderung der berühmten Fahrrad-Brücke, die sich in Kopenhagen über Wasser-Kanäle hinschlängelt. Siehe Seite 97:



Dort heißt es zum möglichen Verlauf des Radschnellwegs RS 399n:

Optimal wäre die Querung der Josef-Schregel-
Straße mit Hilfe einer Brücke parallel zu den Gleisen und dahinter die Weiterführung über die
Parkplätze, um kurz vor der Schoellerstraße auf die Eisenbahnstraße zu stoßen. Dieser Abschnitt ist in die Umgestaltungsplanungen zum nördlichen Hauptbahnhofsvorplatz zu integrieren.

Quelle: Klimaschutzteilkonzept „KLimafreundliche Mobilität in Düren“

Vielleicht kommt ja sogar das Innenstadtring-Konzept von ProRad nochmal aus dem Grab gekrochen, in das es die lokale „Verkehrspolitik“ gesteckt hat?


Rückblick:Was bisher (nicht) geschah:


Bye bye B 399n-Träume?