Parkplätze gehen immer vor!

Unlängst hat die CDU-Fraktion im Mobiliäts- und Klimaschutz-Ausschuss der Stadt darum gebeten, dass die Verwaltung doch bitte ihre Mitteilungsvorlage zum Antrag „Parken am Steinweg“ noch einmal prüfen und überdenken möge. Dort und an zahlreichen anderen Stellen in der City war (nun endlich auch der Lokalpolitik) aufgefallen, dass diverse Gehwege „dank“ parkender Pkw für Rollifahrer oder Gehbehinderte mit Rollator, Eltern mit Kinderwagen etc. unzumutbar oder gar nicht nutzbar sind!


Gehwegzustände anno 2023


Mit Verweis auf einen inhaltlich nicht weiter ausgeführten Artikel, den man laut CDU „im Internet nachlesen“ kann, solle sich das Fachamt doch bitte überlegen, ob man die Straßenverkehrsordnung und so Dinge wie Mindestbreiten für Gehwege nicht etwas „flexibler“ auslegen könnte – um dadurch möglichst viele Innenstadt-Parkplätze zu erhalten.

Wundern muss einen das nicht. Dass der Dürener CDU Pkw-Parkplätze (und Fahrspuren sowie alles weitere Pkw-Förderliche) grundsätzlich und immer wichtiger sind als bspw. barrierefreie Bushaltestellen, den Richtlinien entsprechende Gehwege oder die Einhaltung der Straßenverkehrsordnung, ist nichts Neues.

Herr Weschke teilt für die CDU-Fraktion mit, dass diese für eine Beibehaltung des eingeschränkten Halteverbotes in der Weierstraße sei, und deshalb nicht zustimmen werde. Dadurch könnten schließlich einige kurze Erledigungen – wie z.B. Einkäufe in der Innenstadt – getätigt werden.

SITZUNG STADTRAT, 1.7.2021

Zur oben erwähnten Bitte der CDU durch deren verkehrspolitischen Sprecher Hermann-Josef Geuenich, bei den gesetzlich vorgegebenen Mindestbreiten etwas „flexibler“ – sprich Fußgänger-feindlicher – zu sein, muss man dazu sagen, dass die technischen Regelwerke für den ruhenden Verkehr gerade aktualisiert wurden. Die Aktualisierungen der Regelwerke für die Fußverkehrsanlagen sind auch schon in der Mache. Ich gehe mal davon aus, dass inzwischen auch CDU-Verkehrspolitiker davon Kenntnis genommen haben und vielleicht sogar schon einen Blick in die neue „Empfehlungen für Anlagen des ruhenden Verkehrs (EAR23) geworfen haben. Geile Sache aus CDU-Perspektive: Neue Pkw-Parkplätze können jetzt dank des „Parkdrucks“ von immer mehr Innenstadt-SUV noch breiter geplant werden!

Allerdings nur auf den ersten Blick und mit der einen oder anderen „kleineren Einschränkung“ inklusive der ab sofort geltenden grundsätzlichen Priorisierung von allem, was eben KEIN Pkw-Parkplatz ist. Autsch! Das wird der CDU gar nicht schmecken. Deshalb schaut man also besser hier und da nicht so genau hin und thematisiert die geltenden Vorschriften am besten möglichst wenig. Nur keine schlafenden Hunde wecken! Wozu auch? So lange die politischen Mitbewerber auch zu feige sind, das heiße Eisen „Parkraumkonzept“ endlich mal in die Hand zu nehmen… Da ist es doch viel einfacher, sich argumentativ alternativer „Fakten“ zu bedienen. Zumal es in Düren auch keinerlei Fußgänger-Lobby gibt, die vielleicht mal etwas kritischer hinschauen würde.

Zahlen, Daten, Fakten und politische Beschlüsse? Irrelevante Verschlusssache!

Begründet werden die diversen Forderungen zur Schlechterstellung von allem, was nicht Pkw-Verkehr ist, stets mit dem angeblich ach so dramatischen „Parkdruck“ in der Innenstadt und den Stadtteilen. Das ist seltsam. Hat es doch (meines Wissens nach) nie eine Parkraumanalyse für die Innenstadt gegeben, die den theoretischen, gefühlten, rhetorischen „Parkdruck“ mit echten Zahlen belegen könnte. Obwohl eine Parkraumanalyse längst beschlossene (und sinnvolle) Sache ist und nicht nur im Laufe der Masterplan-Innenstadt-Umsetzung längst hätte durchgeführt werden müssen. Wann hat sich die CDU (und irgendeine andere Partei außer der Zivilgesellschaft) eigentlich dafür eingesetzt?

Wie kommt dieser schlimme Parkdruck eigentlich zustande? Wie hat er sich entwickelt? Ginge es nach dem mit CDU-Stimmen bereits 2016 einstimmig im Stadtrat beschlossenen zentralen Verkehrskonzept Dürens, hätten wir doch eigentlich Jahr für Jahr „ein Prozent weniger Pkw-Verkehr“ haben müssen. Das Gegenteil ist der Fall – erzählt einem nur niemand. Pssst – Geheimnis!



Da sind doch nicht etwa die richtigen Maßnahmen nicht umgesetzt und das gesamte Konzept nicht evaluiert worden? Sonst wäre doch bestimmt inzwischen aufgefallen, dass wir da bisher kläglich versagen – mit genau den Folgen für Gehweg-Zustände, die wir nun zugunsten ständig steigenden Parkdrucks einfach akzeptieren müssen? Ich kapier´s irgendwie nicht. Leider werden Antworten auf solche und ähnlich ketzerische Fragen standhaft und parteiübergreifend verweigert. Aus nachvollziehbaren Gründen, wie mir scheint. Allein von den Grünen gibt es hier und da mal konkrete Aussagen.

Komische Sache. Wäre es nicht besonders im Interesse der Christdemokraten gewesen, echte Zahlen an der Hand zu haben, um die linksrotgrünversiffte Bevormundungs- und Wirtschaftszerstörungs-Ideologie in Sachen innerstädtische Pkw-Parkplatz-Vernichtung aka beschlossene Mobilitätswende zu entlarven? (Die gleiche Frage ließe sich natürlich – semantisch verdreht – an alle Parteien und Fraktionen stellen…)

Komisch, dass das Thema Parkraumanalyse und Parkraumkonzept (sowie jegliche Evaluation zentraler verkehrspolitischer Konzepte und Projekte) bei CDU (sowie allen anderen) realpolitisch überhaupt keine Rolle spielt und man sich stattdessen auf irgendwelche nicht weiter konkretisierten Internetartikel, ADAC-Pamphlete und von der BILD-Zeitung in Auftrag gegebene Meinungsumfragen berufen muss oder will. Wird einem das auf Dauer nicht irgendwie peinlich und ist das emotional oder intellektuell irgendwie befriedigend?

Interessant und konkret wird es demnächst in Birkesdorf, wo sich die CDU dafür rühmt, die Erstellung eines Parkraumkonzeptes für den Stadtteil ins Integrierte Stadtteilentwicklungskonzept (ISEK), welches (angeblich immer noch) den verkehrspolitischen Rahmen vor Ort setzt, hinein verhandelt zu haben. Das war wann? 2006?


Quelle: CDU Düren

Eine aktuelle Machbarkeitsstudie veranschaulicht gerade sehr unschön, weshalb ein progressives Parkraumkonzept dringend nötig und unausweichlich ist, denn offensichtlich und erwiesenermaßen verursachen die vielen (an der Hauptachse zu 3/4 regelwidrigen) Parkstände alle möglichen Probleme. Mal sehen, welche Schlussfolgerung daraus gezogen wird – und mit welchen „Argumenten“.

Aus rein praktischen, verkehrspolitischen und planerischen Erwägungen heraus, aber auch mit Blick auf den aktuellen Glaubwürdigkeitsverlust „der Politik“ und die dringende Notwendigkeit sachlicher Debatten, müsste es eigentlich im Interesse aller sein, dass endlich mal die Karten auf den Tisch gelegt werden:

  • Wie ist der Sachstand in Sachen Parkraum in City und Stadtteilen? Was hat die vorgeschriebene Parkraumanalyse ergeben? Sie liegt noch nicht vor? Warum nicht und welche Folgen hat das?
  • Wie sieht es mit den Konzepten rund ums problematische Parken aus? Was wird wann wie umgesetzt? Gibt es operationalisierte Ziele mit Zeitvorgaben? Liegt noch nicht vor? Warum nicht und welche Folgen hat das – für unsere aktuelle/zukünftige Verkehrsplanung und für die Sachlichkeit verkehrspolitischer Diskussionen?

Angesichts der Untätigkeit und des Desinteresses der Verkehrslokalpolitik an evaluierten Zahlen, Daten und Fakten könnte man fast vermuten, dass die gesamte politische Klasse (vielleicht mit einzelnen, persönlichen Ausnahmen) gar nicht wirklich wissen will, was in Sachen Parkplätze und Parkplatzkollateralschäden überhaupt los ist in Düren. Klingt paradox? Eigentlich nicht.

Denn würde man sich mal sachlich damit beschäftigen, wäre man wohl auch gezwungen, die eigenen Beschlüsse und Konzepte zur Mobilitätswende und dem Umgang mit dem öffentlichen Raum wieder aus der Mottenkiste zu holen und sich damit den verkehrspolitischen Spiegel vors Gesicht zu halten.


Links-Rechts-Schieber
Hier die CDU-Version. Gibt es auch für Sozen und Grüne…

Aber all das sollte heute eigentlich gar nicht Thema sein. Sorry für die etwas lang geratene Einführung. Ich fasse mich ab sofort kurz. Kam mir nur so nebenbei in den Sinn, als ich mir den neuerlichen CDU-Antrag angeschaut habe, der diesem Beitrag seinen Titel verpasst hat. Wird uns hier im Blog eh nochmal beschäftigen, wenn das Protokoll der letzten MUK-Sitzung veröffentlicht ist und ich eine Antwort auf meine Frage nach dem Link zum ominösen „Artikel im Internet“ erhalten habe, mit der die CDU ihre Forderung nach komfortablen Stehzeugplätzen auf Kosten von Mindeststandards bei Gehwegen „begründet“ hat – ohne dabei näher auf den Inhalt des Artikels oder dessen Quelle einzugehen…

Die Verpollerung Dürens!

Heute wollte ich mich eigentlich nur ein wenig darüber wundern, dass der CDU, die sich selbst dafür rühmt, die Erstellung eines Parkraumkonzeptes für Birkesdorf ins Integrierte Stadtteilentwicklungskonzept ISEK reinverhandelt zu haben, offensichtlich bis heute nichts besseres in Sachen Parkraummanagement einfällt, als möglichst alles beim Alten zu lassen. Trotz der dramatischen Bestandsanalyse, die die Machbarkeitsstudie für die zentrale Hauptachse offenbart hat.

Mit ihrem aktuellen Poller-Antrag gesteht die CDU (stellvertretend für die gesamte Lokalpolitik) zumindest endlich mal offiziell ein, dass das bisherige Parkraummanagement – wenn man es denn so nennen will – in Düren (und Birkesdorf) gescheitert ist.


Quelle: Erhöhung der Sicherheit auf dem Bürgersteig an der Bertram-Wieland-Strasse, CDU-Gruppe im Bezirksausschuss Birkesdorf

Poller statt Parkraumkonzept!
Alibi-Symptombekämpfung statt effektiver Ursachenbehebung!

Nicht nur das Richtigparken, also der massenhafte Raummissbrauch, den wir für Parkzeuge in Innenstadt und Stadtteilen ermöglichen und (durch Nicht-Handeln) befördern, schafft und verstärkt/verstetigt viele Probleme, die i.d.R. zu Lasten von Fußgängern, Radfahrern, der Aufenthalts- und Lebensqualität sowie der Sicherheit aller gehen, die diese Parkplätze nicht nutzen.

Als ob das nicht schon schlimm genug wäre und uns kaum noch Raum für zukünftige Stadtentwicklung ließe, gesellen sich noch die unzähligen und ungezählten Falschparker zu den Richtigparkern hinzu. Niemand kann sagen, wieviele Falschparker tagtäglich wie lange auf unseren Gehwegen, „Schutz“streifen und sonstigen für sie gesperrten Flächen herumstehen. Wenigstens hunderte, realistischerweise wohl eher tausende tägliche Verstöße allein in Düren, vermute ich – insbesondere mit Blick auf die extrem gesetzestreuen Lieferdienste und StVO-vernarrten Taxifahrer.


Poller oder Falschparker?


Was können wir da machen? Der gesunde Menschenverstand würde sagen: Schaut euch mal an, wohin ihr eigentlich wollt, was eure politischen Ziele, Beschlüsse und Konzepte sind und handelt einfach danach. Wieso macht ihr den ganzen Mumpitz sonst überhaupt – inklusive intensiver Bürgerbeteiligung, kompliziertem Rechtsstaat und so weiter….? Vielleicht könnte man ja auch einfach mal gucken, wie es die Nachbarn, die wir in unseren wohlfeilen Konzepten andauernd als Best-Practice- und Vorbild-Länder für unser verkehrspolitisches Greenwashing instrumentalisieren, seit Jahrzehnten machen?

In Sachen Parkraum liegt alles längst inkl. einstimmigen Ratsbeschlüssen und konkreten Maßnahmenbeschreibungen seit Jahren vor!

Aber das hieße natürlich auch, man müsste politisches Rückgrat beweisen. Das Thema Parkplätze ist kein dankbares und konfliktarmes. Nichtsdestotrotz aus meiner Sicht ein zentrales und ausschlaggebendes Thema für Verkehrspolitik und Stadtentwicklung. In Zeiten maximaler Politikverdrossenheit und Demokratie-Skepsis eine sensible Sache. Kommen wir da nicht irgendwie anders raus? Mit irgendwelchen aalglatten Plattitüden und ideologisierten Scheinargumenten? Es muss doch möglich sein, die Symptome effektiv zu bekämpfen, ohne sich um die eigentliche Ursache kümmern zu müssen. Nach uns die Sintflut!

Die Lösung: Wir gestehen uns einfach ein, dass wir auf jegliches Parkraumkonzept scheißen und akzeptieren damit, dass wir dem offensichtlichen, allgegenwärtigen Parkplatz-Problem einfach nicht gewachsen sind. Wir kapitulieren! Als Konsequenz daraus, stellen wir einfach überall dort Poller auf, wo es noch keinen offiziellen Parkplatz gibt. Bis das letzt Stück Gehweg, Radweg, Bushaltestelle und Stadtentwicklungspotenzial wegflexibilisiert und zugepollert ist. Fertig!


Hoch-Runter-Schieber

Auf gar keinen Fall stellen wir uns die Frage, wie es eigentlich so weit kommen konnte, dass wir die ganze Stadt mit ehemals öffentlichen Flächen, die heutzutage das Pkw-Parken entweder ermöglichen oder verhindern zugepflastert haben! Sonst könnten wir noch auf die Idee kommen, dass wir selbst für das jahrzehntelange Wegschauen, Tolerieren und Falschpriorisieren Verantwortung tragen. Oder gar für die daraus entstandene dringende Notwendigkeit, jetzt endlich umzusteuern… Heute „schon“.

Gute Pkw-Poller – böse Biker-Bügel!

Es gibt allerdings auch Poller bzw. Bügel, die möchte die CDU dann doch lieber nicht da stehen sehen, wo ein Auto (legal, illegal, scheißegal) herumstehen könnte. Deshalb geht der dringend notwendige Kampf gegen die Umwidmung (bzw. einsichtige Rückgewinnung) von Pkw-Parkraum in Gehwege, Fußgängerzonen etc. als identitätsstiftendes CDU-Moment freudig weiter. Nicht zuletzt in Birkesdorf, dem Stadtteil, in dem sich die Politik der Umsetzung des Stadtentwicklungskonzeptes ISEK verpflichtet hat, in welches die CDU bekanntlich heldenhaft die Erstellung eines Parkraumkonzeptes für´s Dorf hinein verhandelt hat (s.o.).


Weltuntergang! Verlust eines Pkw-Parkplatzes führt zu Verkehrs-Kollaps

Bevormundung durch Förderung übler Mobilitätsformen nimmt perverse Auswüchse an:


Angesichts der so gut wie gar nicht vorhandenen Pkw-Parkplätze in der Hospitalstraße *hüstel*, kann man ziemlich gut verstehen, weshalb sich die CDU dagegen engagiert, dass 1 (in Worten: ein) Pkw-Parkplatz weggenommen werden soll, um Platz für zehn Fahrräder zu schaffen. Und das auch noch im öffentlichen Raum! Für Radfahrer, die es doch eigentlich (und zukünftig) gar nicht gibt (bzw. geben soll). Obwohl doch nebenan auf Privatgelände schon ein paar Felgenbrecher vorhanden sind. Drama! Da muss Abhilfe per Hatebook-Video geschaffen werden!

Kann es sein, dass es hier gar nicht um effektiven und nicht zu kompensierenden Parkplatzverlust geht, sondern vielmehr um plumpen Populismus und Ideologie? (Mit einer Parkraumanalyse ließe sich diese Vermutung leicht entkräften…)

So gesehen wundert es einen wiederum überhaupt nicht, dass die CDU den Test der sogenannten Fahrrad-Flunder (siehe Foto oben) komplett anders bewertet als das Fachamt, das alle Flunderstandorte hinsichtlich ihrer Nutzung evaluiert hat und meines Wissens schon beschlossen hat, dass es an diesem Standort dauerhaft Fahrradbügel installiert werden sollen. Da hat wohl doch mal jemand ausnahmsweise etwas evaluiert. Leider an der falschen Stelle. Schade, CDU. *Zwinkersmiley*


Bei der Wahl zum Poller des Jahres hat übrigens dieser hier die Nase ganz weit vorn. Ohne ihn würden sich jede Menge regelverliebter Autofahrer dazu genötigt sehen, auf den Gehweg auszuweichen, wenn wegen Gegenverkehr mal ein paar Sekunden gewartet werden muss.

Viel Erfolg weiterhin bei der Umsetzung des Nationalen Radverkehrsplans, des Fahrrad- und Nahmobilitätsgesetzes NRW und unserer lokalen Konzepten!


Die Tragik der Allmende ist die anachronistische Pfadabhängigkeit der Verkehrspolitik.