Fast fertig!

Es fehlen zwar noch ein paar Markierungen und De-Markierungen, aber die sogenannte „Protected Bike Lane“ (PBL) aka „geschützter Radfahrstreifen“ steht kurz vor der Fertigstellung.

Am 4. Juni veröffentlichte die Stadt eine entsprechende Pressemitteilung. Bevor die städtische Pressemitteilung erschien, war die PBL bereits Thema in der Lokalzeitung (3. Juni online). Am 5. Juni folgte eine ergänzende Einordnung der Pressemitteilung seitens der Grünen.

Lesen wir mal quer und sortieren wir ein wenig…



Pressemitteilung Stadt Düren

Geschützte Radfahrstreifen sorgen ab sofort für mehr Sicherheit auf der Veldener Straße

Auf der Veldener Straße ist die Einrichtung geschützter Radfahrstreifen, so genannter Protected Bike Lanes, weitestgehend abgeschlossen. Lediglich auf einigen kurzen Abschnitten müssen noch alte Markierungen entfernt und eine neue rote Kennzeichnung aufgetragen werden. Die Arbeiten sollen in den nächsten Tagen abgeschlossen werden. (…)

„Die Protected Bike Lanes sorgen für eine klare Orientierung und erhöhen so die Sicherheit, sowohl für Radfahrerinnen und Radfahrer als auch für den gesamten Verkehr“, sagt Bürgermeister Frank Peter Ullrich. „Die Veldener Straße verbindet die Innenstadt mit dem größten Dürener Stadtteil, viele Menschen fahren diese Strecke schon mit dem Fahrrad und wir hoffen, dass es in Zukunft noch mehr werden.“

Auch der Technische Beigeordnete der Stadt Düren, Niels-Christian Schaffert, spricht von einem „wichtigen Stück sicherer Infrastruktur“, für das die Stadt dank einer 90 prozentigen Förderung durch den Bund, bei Kosten von insgesamt rund 290.000 Euro, nur etwa 15.000 Euro Eigenanteil investieren musste.

Die Protected Bikel Lanes auf der Veldener Straße sind in das Rad-Vorrang-Routen-Konzept der Stadt Düren eingebunden, das ab dem kommenden Jahr umgesetzt werden soll. Ziel ist es, sternförmig aus allen Stadtteilen Fahrradstrecken in die Innenstadt einzurichten.

Pressemitteilung, Stadt Düren, 04.06.2024

Soweit, so gut. Positiv stimmt, dass die Arbeiten „in den nächsten Tagen“ vollends abgeschlossen sein sollen. Vermisst habe ich einen Hinweis auf die geänderte Pkw-Parkplatz-Situation.

Denn obwohl die Strecke längst freigegeben ist, stellen auf dem stadteinwärtigen Teil zwischen Ecke Neue Jülicher Straße und Walzmühle immer noch andauernd mehrere Pkw-Chaoten ihre Parkzeuge mitten auf der Fahrradspur ab. Stundenlang. Tag für Tag… Ich konnte die PBL bisher kein einziges Mal durchgehend befahren, weil immer (!) mehrere Idioten-Test-Kandidaten den Weg versperrten.

Aber da soll sich ja noch etwas tun. Siehe unten…


Zettel an einem Falschparker-Pkw auf der PBL (vorher Behinderten-Parkplatz). Muss schon etwas länger da stehen. Natürlich ohne Knöllchen.

Zeitungsbericht Dürener Zeitung

Jetzt teilen sich Radler und Autos die Veldener Straße

Die gute Nachricht: Auf der Veldener Straße sind Radler künftig besser geschützt. Allerdings ist nun auch der Raum für Autos enger, und etliche Parkplätze sind weggefallen, was Anwohner ärgert. (…)

Ob und wann es sich nun staut, wird man sehen, in den Stoßzeiten wird man aber fest mit längeren Wartezeiten rechnen müssen. (…)

Wir erwarten keine signifikanten Probleme, wenn die Straße nun ein- statt eineinhalbspurig ist“, sagte Beigeordneter Schaffert auf Nachfrage am Montag. (…)

Mehr als 20 Parkflächen seien entfallen, was die Anwohner vor allem auch an Wochenenden sehr beeinträchtige. (…)

DürenerZeitung, 03.06.2024 (Paywall)

PARKPLÄTZE-Mimimi!
Der Dürener Zeitung ist es offenbar nicht gelungen, ein Foto von der PBL zu machen, auf dem kein Pkw auf dem Radstreifen herumsteht. Das muss einen nicht wundern. Textlich werden die Falschparker leider nicht thematisiert, dafür aber ausgiebig die weggefallenen Parkplätze, deren Verlust die Anwohner von Veldener und Neue Jülicher Straße „sehr beeinträchtige“. Hierzu wurde auch ein betroffener Anwohner befragt und zitiert.

„Mehr als 20 Parkflächen seien entfallen“, übernimmt die Zeitung die Zählung des Anwohners (ungeprüft?). Wie korrekt diese Zahl ist, sei mal dahin gestellt (muss ich mal nachzählen). Worin die angeblich große Beeinträchtigung besteht, wird allerdings nicht ganz klar.

Wer wohnt denn da überhaupt? Da gibt´s die grünen Häuser an der Ecke Neue Jülicher/Veldener. Die haben eine fette Tiefgarage unten drunter. Außerdem ist die Neue Jülicher Straße links und rechts komplett mit Parkflächen zugepflastert – inklusive des Streifens entlang des (meines Wissens unbewohnten) Nordparks.
Schräg gegenüber gibt´s noch die Häuser am Wurmfortsatz der Neuen Jülicher (ab Bretzelnweg). Auch hier stehen etliche Parkplätze extra für Anwohner zur Verfügung – direkt vor der Haustür.



Aus der Vogelperspektive offenbaren sich neben den vielzähligen öffentlichen Parkflächen entlang der Straßen auch noch die ganzen nicht-öffentlichen Flächen, die ebenfalls allein für Stehzeuge reserviert sind: Fette Parkplätze bei Reflex und dem Autoteile-Händler, dann der Autohändler, die ganzen Parkplätze im kleinen Gewerbegebiet Walzmühle und der Parkplatz der Freikirchlichen Gemeinde…

Zu wenig Platz für (parkende) Pkw? Im Ernst? Wir könnten ja den Schulhof der Realschule Bretzelnweg umwidmen und sinnvoll mit Parkplätzen zupflastern. Damit auch wirklich niemand mal 100-200 Meter zu seinem Parkzeug gehen muss…




STAUS und Verkehrschaos vorprogrammiert!
„In den Stoßzeiten wird man aber fest mit längeren Wartezeiten rechnen müssen“, weiß die Zeitung schon jetzt. Obwohl der Technische Beigeordnete der Stadt „keine signifikanten Probleme“ erwartet.

Was „signifikante Probleme“ sind und wie etwaige „längere Wartezeiten“ bewertet werden müssen, werden wir bestimmt demnächst wieder aus der Zeitung erfahren – mit O-Tönen von brutal betroffenen Autofahrern. Dass es genau dafür auch ganz offizielle Maßstäbe gibt, die uns durch die Verkehrsregelwerke vorgeschrieben werden, wird hingegen (vermutlich) wohl kaum von Interesse der Presse sein.


Quelle: Faktenblatt E Klima 2022 (AGFK BW)

Nennt sich übrigens Qualitätsstufen des Verkehrs und stammt u.a. aus dem Handbuch für die Bemessung von Stadtstraßen (HBS). Könnte bei der Bewertung zukünftiger „längerer Wartezeiten“ den Bemessungs-Horizont ein wenig über die alleinige Autofahrer-Perspektive hinaus erweitern. Denn nein: Kommunen sind nicht verpflichtet, für jedes Privatfahrzeug öffentlichen Raum zum durchschnittlich 23-stündigen Abstellen dessen bereitzustellen.

Siehe auch:


FunFact: In Teilen Japans dürfen sich Privatleute wie Geschäftsleute gleichermaßen nur noch einen neuen Pkw anschaffen, wenn sie nachweisen, dass sie auf ihrem privaten Grundstück genügend Platz haben, um diesen dort abzustellen. Der öffentliche Raum ist den Japanern viel zu wertvoll, um ihn an herumstehendes Blech zu verschwenden. Parkflächen entlang der Straßen gibt es kaum.



Und wir? Wir verlieren uns immer noch bei jedem einzelnen öffentlichen Parkplatz, der etwas Sinnvollerem weichen soll, in peinlich-anachronistischen, gebetsmühlenartigen Diskussionen, die wir mit den immer gleichen (Nicht-)Argumenten bis zum Erbrechen wiederkäuen. Obwohl wir es doch eigentlich längst besser wissen könnten – würden wir mal verkehrswissenschaftliche Erkenntnisse oder selbst gesetzte Ziele und beschlossene Konzepte wenigstens zur Kenntnis nehmen.

Weshalb im Zeitungsartikel kein Wort über die Jahrzehnte lange Beeinträchtigung aller Radfahrenden, die dort jemals gefahren sind, verloren wird, ist folgerichtig: Illegale „Mehrzweckstreifen“, eine überbreite Pkw-Spur, die zum Überholen inklusive Eng-Überholen von Radfahrenden einlud, ständige Falschparker und Geschwindigkeitsverstöße spielen natürlich nur eine untergeordnete Rolle bei all den existenziellen Problemen, die ein Radfahrstreifen offenbar für Auto-Abhängige produziert.

Komisch, dass das obligatorische Arbeitsplatz-(Nicht-)„Argument“ und der drohende Untergang der Innenstadt durch die ideologische Gängelung des Autoverkehrs keinen Platz im Zeitungsartikel gefunden hat.

Leider blieb im Zeitungsartikel (dank ausführlicher Autofahrerperspektivenschilderung) auch kein Platz mehr dafür, die Maßnahme „Protected Bike Lane“ in einen größeren Zusammenhang zu stellen. Unser städtisches Verkehrs- und Klimaschutzkonzept, das Fahrrad- und Nahmobilitätsgesetz NRW, der Nationale Radverkehrsplan, das neuerlich überarbeitete Klimaschutzgesetz, die European Declaration on Cycling etc. usw. bleiben gänzlich unerwähnt: Spielt alles ebensowenig eine Rolle wie offizielle Vorgaben für Verkehrsqualitäten. Lasst uns lieber ein paar „verlorene“ Parkplätze und ein paar Sekunden längere Fahrtzeiten in den öffentlichen Diskussionsraum werfen…

Sehr gut gefiel mir allerdings der Hinweis darauf, dass die Stadt damals nicht in der Lage war, überhaupt irgendwelche Zahlen zur Verkehrsbelastung (inkl. Rad- und Fußverkehr?) auf der Veldener Straße vorzulegen. Endlich interessiert sich mal jemand für echte Zahlen! Wir kommen einer sachlichen Diskussion ein wenig näher.

Ich bin schon gespannt, wann die Zeitung mal nach ein paar anderen wichtigen Zahlen fragt. Beispielsweise nach dem Modal Split und dessen Zielerreichung, die für nächstes Jahr ansteht – oder auch nicht. Oder nach den bis zu 50% Pkw-Entlastung der Innenstadt, die die B 56n bringen sollte. Schön, falls die Presse da auch mal etwas Druck macht. Den sogenannten Fachausschuss interessiert´s nämlich nicht und mit Bürgeranträgen kommt man da auch nicht weiter…



Geschützte Radfahrstreifen sorgen für mehr Sicherheit

(…) Nachdem der größte Teil der Arbeiten abgeschlossen war, gab es sofort viel Kritik, dass stadteinwärts noch Fahrzeuge auf dem neuen Streifen parken. Der Hintergrund ist, dass witterungsbedingt noch nicht alle Markierungsarbeiten und Demarkierung der alten Parkstände ausgeführt werden konnten. Auf Nachfrage haben wir erfahren, dass die Fertigstellung noch 2-3 Wochen dauern wird.

In Kürze beginnt die Stadtverwaltung mit der Verteilung von Informationszetteln an den Autos. Wir gehen davon aus, dass der Streifen stadteinwärts dann auch in etwa einem Monat seine volle Wirkung erreichen wird, nämlich dann, wenn eventuelle Falschparker Verwarnungen erhalten.


Leider haben sich auf Facebook die Kritiker wieder sehr laut und massiv „eingebracht“ und schimpfen über Radfahrer*innen allgemeinen und Verwaltung und Politik.

Eine kritische Sichtweise eines Radpendlers, der auch uns seine Eindrücke regelmäßig schickt, findet man hier. Da sind auch viele Bilder zu sehen, eines durften wir mit Genehmigung hier verwenden.

Deshalb hier nochmal die Eckpunkte der Planung und des Beschlusses: 

Die Straße war überbreit und eine normale Autospur ist völlig ausreichend, die Verkehrsströme vernünftig abzuwickeln. Das Überholen auf der überbreiten Spur brachte nicht nur Gefahren für den Radverkehr, sondern auch für Kraftfahrzeuge. Nicht ohne Grund steht dort auch eine „Knipse“. 


Um für den Radverkehr ein attraktives Angebot zu schaffen, gab es schon einmal einen geschützten Radstreifen (nur stadtauswärts) der sich bewährt hatte. Nach dieser Testphase wurden beidseitige Radstreifen von Koalition und CDU gemeinsam beschlossen
Deshalb ist es völlig schräg, dass jetzt nur auf die Koalition geschimpft wird :-). 


Noch ist natürlich wenig Radverkehr auf der Achse, aber wenn die Maßnahmen abgeschlossen sind, wird die attraktive Verkehrsanlage sicher vermehrt angenommen. Leider fehlt dann aber noch eine Anbindung der beiden Endpunkte an der Kreisbahntrasse Richtung Birkesdorf und am Kino Richtung City


Nur muss man bei jedem Plan irgendwann mal anfangen! So wie jedes Haus mit dem ersten Stein beginnt, so beginnt auch ein Radnetz mit dem ersten Eimer Farbe. Und wir freuen uns, dass hier erstmals in Düren seit Jahren eine wirklich große und bedeutsame Planung für sicheren Radverkehr vor der Fertigstellung steht.

Geschützte Radfahrstreifen sorgen für mehr Sicherheit,
Grüne Kreis Düren, 05.06.2024


Etwas erstaunt war ich, als ich bei den Grünen las, dass die Fertigstellung doch noch mehrere Wochen dauern könnte. In der Pressemitteilung der Stadt war von „den nächsten Tagen“ die Rede.

Überrascht hat mich auch, dass die Stadt erst „in Kürze“ (was immer das heißen wird) damit anfangen will, Info-Zettel an die Falschparker-Pkw zu kleben, die derzeit ständig auf der PBL parken. „In etwa einem Monat“ sollen dann vielleicht auch mal Knöllchen verteilt werden?

Hätte man das nicht besser gemacht, bevor man das Ding freigibt? Gab es dafür vor der Baumaßnahme etwa keine Möglichkeit? Hätte man sich nicht denken können, dass sich die Pkw-Chaoten mal wieder nicht an (neue) Regeln halten?



Dass der motonormativ-ideologisierte Hatebook-Pöbel tobt, wundert mich nicht im Geringsten. Nix Neues, aber auch nix Beunruhigendes. Ich hoffe, auch die Grünen realisieren irgendwann mal, dass nicht- und desinformierte Hatebook-Kommentare in einschlägigen lokalen Gruppen weder für uns alle Dürener*X, noch für ihre eigene Wähler-Klientel repräsentativ sind. Statt sich die drollig-trolligen Hatebook-Ergüsse zu Gemüte zu führen, empfehle ich die Lektüre verkehrswissenschaftlicher Expertise – oder einen Blick in selbst beschlossene Verkehrskonzepte.

Dass die in die andere Richtung „kritische Sichtweise eines (verlinkten) „Radpendlers“ Einzug in den Beitrag der Grünen bekommen hat, ehrt mich nicht im Geringsten. Trotzdem schön, dass wenigstens Grün Versuche unternimmt, das Spektakel rund um die PBL etwas breiter einzuordnen, Fotos stelle ich übrigens immer gerne zur Verfügung. (Fast) egal wem.

Während der SPD-Bürgermeister von der Veldener Straße als Verbindung zwischen dem größten Dürener Stadtteil und der Innenstadt spricht, dabei aber vergisst zu erwähnen, dass das Stückchen Protected Bike Lane gar nicht bis in die City, sondern nur bis zur Kino-Kreuzung führt, sind die Grünen diesbezüglich ehrlicher/transparenter.

Sie bestätigen nämlich, dass die PBL nur ein unzusammenhängendes Teil-Stück der Nicht-Verbindung darstellt, über die es im aktuellen Koalitionsvertrag heißt:

Wir streben in den nächsten drei Jahren an, Fahrradfreundliche Stadt Düren zu werden. Alle vierspurigen und überbreiten Straßen sollen auf zwei Fahrspuren für den motorisierten Verkehr für sichere Fahrradwege zurückgebaut werden. Die Achse August-Klotz Straße bis Birkesdorf, die Stürtzstraße und die alte B56 werden zuerst in Angriff genommen.

Koalitionsvertrag Zukunft Düren 2020-2ß25


Die Grünen haben völlig recht: Irgendwann muss man ja mal irgendwo anfangen. Weshalb das in dieser Form (PBL) allerdings erst Mitte 2024 geschieht, bleibt schleierhaft und hat einen ziemlich faden Beigeschmack. Insbesondere, wenn man bedenkt, dass unser zentrales, parteiübergreifend beschlossenes Verkehrskonzept (mit all seinen tollen Fahrradstraßen, Radschnellwegen usw.) bereits seit 2016 angeblich „konsequent“ von Rot-Grün+Irgendwas umgesetzt wird. Oder eben nicht!

Dass wir erst in diesem Jahr einen ersten Fahrradweg dieser Art bekommen, ist kein Ausrufezeichen und scheint mir auch keine Initialzündung zu sein. Schon jetzt erleben wir im sogenannten „Fachausschuss“, in dem verkehrswissenschaftliche Erkenntnis wenig Raum hat, wie an den Qualitätsvorgaben unserer zukünftigen Rad-Vorrang-Routen herum diskutiert wird.

Und wieder werden es die angeblichen Parkplatz-Bedürfnisse von uns Pkw-Besitzern sein, wegen derer wir an anderer Stelle die immer gleichen, argumentationsentleerten Debatten führen und mal wieder mit den üblichen Verdächtigen die üblichen Kompromisse in dubio pro Pkw finden werden.