Was eigentlich ein „geschützter Radfahrstreifen“ werden sollte, ist aktuell noch ein Tummelplatz für falsch parkende und falsch fahrende Autofahrer! Obwohl die neuen Parkflächen markiert wurden und neue Schilder eindeutig auf diese hinweisen, stehen auf der sogenannten „Protected Bike Lane“ (PBL) massenhaft Parkzeuge herum. Radfahren unmöglich! Soll das so?

Zwar hat es noch keine offizielle Eröffnung oder Freigabe der PBL gegeben und mir scheinen auch noch einige (De-)Markierungen zu fehlen. Aber dass sich hier nun ein „Radweg“ befindet und keine Parkplätze mehr, sollte selbst dem dämlichsten Autofahrer aufgefallen sein. Und dass hier de facto schon Rad gefahren wird und werden soll, scheint mir auch offensichtlich. Schließlich mache ich das jeden Tag selbst.



Kein Grund nicht mal wieder überall falsch zu parken, wo es irgendwie möglich ist! Wer nicht dämlich genug ist, ist bestimmt dreist genug.



An der Kreuzung Malteser Straße wird die PBL stadteinwärts als Rechtsabbiege-Spur genutzt. Gegenüber, stadtauswärts, dient sie als Ladezone für Lkw.


Rote Farbe reicht nicht. Muss alles zugepollert werden!


Haben wir es wieder mit der üblichen städtischen Taktik zu tun? Erst die Regeln ändern, dann konsequent nicht kontrollieren und alles sich selbst überlassen. Sagen wir besser: Es den hinlänglich bekannten und allgegenwärtigen Pkw-Chaoten überlassen. Läuft das mit der PBL so wie mit den ebenfalls allgegenwärtigen „Schutz“streifchen, die auch ständig zugeparkt und falsch befahren werden?

Naja, komm. Scheißegal. Hauptsache wir Autofahrer können uns wieder über die asozialen (und paradoxerweise gleichzeitig nicht existenten) Radfahrer aufregen. Einerseits gibt´s die ja gar nicht. Andererseits sind die bekanntlich das größte Übel im Straßenverkehr. Was die sich alles erlauben! Der hier zum Beispiel. Gleich fährt der auch noch auf meine Auto-Fahrbahn und verzögert den heiligen motorisierten Kurzstrecken-Individualverkehr in unserer „Stadt der kurzen Wege“.


Auto-Normalos & Fahrrad-Rowdy!

Die ideologisiert-selektive Wahrnehmung macht´s möglich, die Reihe an asozialen Falschparkern überhaupt nicht zur Kenntnis zu nehmen oder in irgendeinen Kausalzusammenhang zu stellen. Motonormativity at its best…

Dass all die Falschparker, die die PBL versperren, nebenbei auch dazu führen, dass gerade kaum jemand Bock drauf hat, auf der PBL (bzw. irgendwie drum herum) zu fahren, hat auch etwas Gutes: Alle, die die PBL nicht nutzen, werden auch nicht von ihr direkt in die TOP 5 der für Radfahrende gefährlichsten Straßen Dürens geleitet. Ein echter Gewinn für die Radverkehrssicherheit in Düren. Super Sache!

Ob sich die Situation noch ändert, wenn (letzt)endlich mal alles markiert und beschildert ist, bleibt abzuwarten. Bisher hat kein einziger Falschparker ein Knöllchen unterm Scheibenwischer. Die dürfen sich jetzt erstmal wieder Tag für Tag ans Falschparken gewöhnen, bevor es dann (vielleicht) eine Info oder Verwarnung gibt. (Um sich dann um so mehr aufregen zu können und „nicht mitgenommen“ zu fühlen.) Standard-Programm…



Ich gehe davon aus, dass auch die Flut an Parkplatz-Schildern nicht viel ändern wird. Dass Schilder allein herzlich wenig bringen (außer einem perversen Schilder-Wald in der gesamten City), sieht man ja überall sonst in Düren. Wahrscheinlich muss alles komplett mit weißen „Brötchen“ zugepflastert werden. Ob wenigstens das dann hilft? Wird sich zeigen. Da werden etliche SUV-Fahrer schwer mit sich ringen müssen: Traue ich meinem Offroad-Boliden den Hubbel zu, sind irgendwelche Statussymbobeschädigungen zu erwarten? Mir dämmert´s: Sind vielleicht PBL-Brötchen und Co die eigentliche Erklärung dafür, dass Stadtbewohner immer häufiger tonnenschwere, geländegängige Fahrzeuge (falschparkend) in der City herumstehen lassen müssen?


Brötchen

Ob das Ordnungsamt mal auf die Idee kommen wird, die neue Infrastruktur zu kontrollieren, bleibt ebenfalls abzuwarten. Wahrscheinlich nicht von alleine und nicht in dem Umfang, den es bedarf. Nachts und am Wochenende schon mal gar nicht.

Naja, mit jeglicher Art von Monitoring und Controlling haben wir es ja eh nicht so. Das Interesse von Politik & Verwaltung an Kontrolle & Evaluation verkehrspolitischer Maßnahmen korreliert ziemlich perfekt mit dem von Ordnungsamt & Polizei hinsichtlich aller möglichen Schutzstreifen-Verstöße.


Zwei-Reihen-Parken dank geschütztem Radfahrstreifen.

Dabei sagen Verkehrswissenschaft und Erfahrungswerte aus Städten, die Radverkehrsförderung nicht nur auf dem Papier betreiben, dass genau das unerlässlich ist:

  • Überwachung von Verstößen in Zusammenhang mit neuen Maßnahmen, damit sich die Leute daran gewöhnen, alte Gewohnheiten ablegen und die Maßnahmen überhaupt wirken können. (Noch wichtiger, wenn mal wieder die Öffentlichkeitsarbeit im Vorfeld vergessen wurde…)
  • Monitoring neuer Maßnahmen, damit man überhaupt belastbare Zahlen und Erfahrungswerte hat, um etwas beurteilen zu können – nicht zuletzt auch für die (in Sachen PBL mal wieder kaum vorhandene) Öffentlichkeitsarbeit. Stichwort: „Die Leute mitnehmen…“
  • Evaluation aller Maßnahmen, um (dank des Monitorings) zu weiterführenden Erkenntnissen kommen zu können, die bei weiteren Planungen berücksichtigt werden sollten. Stichwort: Lerneffekt. Auch das nicht ganz unwesentlich für die (zukünftig vielleicht mal kommende) Öffentlichkeitsarbeit.

Aber wen interessieren schon verkehrswissenschaftliche Erkenntnisse, wenn doch schon ausreichend ideologisches Bauchgefühl vorhanden ist? Kontrollen, Monitoring und Evaluation sind übrigens alles Punkte, mit denen sich die Elite der Dürener Verkehrspolitik und -planung auf der Exkursion nach Utrecht beschäftigt hat. Davon, dass es eine solche Exkursion überhaupt gegeben hat, ist allerdings nicht viel zu spüren oder zu sehen. Und wohl auch nicht zu erwarten, zumindest nicht von der (Dürener Verkehrs-) Politik, die gar nicht an das glaubt, was sie selbst beschlossen hat.



Um (fast) positiv zu schließen:

Die Ampel stadteinwärts Ecke Veldener/Neue Jülicher gefällt mir bisher ziemlich gut. Keine Ahnung, wieso man die mitten auf den Gehweg setzen musste – hat bestimmt irgendwas mit Barrierefreiheit zu tun. Aber die Linksabbiege-Option für Radfahrende scheint mir ganz OK zu sein. Hab´s noch nicht probiert, sieht aber ganz gut aus.


Barrierefrei? Schön für den Radverkehr, Gehwegbreiten spielen allerdings keine Rolle.

Ebenfalls positiv: Die Raserei scheint schon spürbar abgenommen zu haben, da keine Überholmöglichkeit mehr da ist. Vielleicht kann man die Knipse Veldener Str. bald woanders hinstellen. Danke, Fahrrad-Infrastruktur-Mini-Stückchen! Die fest installierte und nur (erkennbar) einseitig blitzende Knipse diente bisher eh hauptsächlich als Aufruf zur Beschleunigung direkt hinter ihr.

Mal sehen wie sich die jetzt durch die PBL gedrosselten Auto-Chaoten bei der Wieder-Zusammenfädelung von Rad- und Autoverkehr auf Höhe der Bushaltestelle Walzmühle / ehemals Möbel Boss verhalten. Prognose: Es wird täglich reichlich Idioten geben, die die paar Meter bis zur Einspurigkeit ab Ende Skaterplatz für peinlich-protzige Kurz-Sprints und waghalsige Überhol-Manöver nutzen werden. Ohne Kontrollen befürchten zu müssen.

Anstatt sich auf dem lächerlichen, regelwidrigen Mehrzweckstreifchen gefährden zu lassen, werden viele (vernünftige?) Radfahrer und PBL-Nutzer wahrscheinlich wieder zu asozialen Fahrrad-Rowdy-Outlaws, über die sich die Motorisierten wieder herzlichst aufregen dürfen, weil sie mal wieder auf einem Gehweg fahren. Ach nee, geht ja nicht: Omnipräsente Falschparker…



Ich vermute und erwarte, dass die Markierungen der ehemaligen Parkstände noch weggerubbelt oder überpinselt werden und dass noch das eine und andere Schild folgt. (Die Verschilderung der Stadt wäre auch mal ein Thema für sich. Zählt mal Bäume und Parkplatz-bedingte Schilder, wenn Ihr unterwegs seid…) Und definitiv werden wohl noch etliche weiße „Brötchen“ mit und ohne Extra-Dongel kommen (müssen!). Und natürlich noch jede Menge rote Farbe und Fahrrad-Piktogramme.



Vielleicht wird´s dann ja irgendwann doch noch was mit der PBL. Vielleicht wenn/falls/sobald das Koalitionsvertragsversprechen „Rückbau aller vierspurigen und überbreiten Straßen für sichere Fahrradwege“ eingelöst wird. (Kein Problem bis 2025…) Ohne jegliches Anschluss-Angebot bleibt die PBL erstmal nur scheinbar eine attraktive Option. Immerhin ein schöner Schein.

Natürlich wird es dank der kurz- und mittelfristigen Dysfunktionalität der PBL wieder zu den üblichen reflexartigen Reaktionen der Verkehrswende-Reaktionären kommen: „Da fährt doch eh nie einer mit dem Rad lang! Rausgeworfenes Autofahrer-Steuer-Geld! Herrje, der arme, ständig benachteiligte und über alle Maße gegängelte Autoverkehr! Ideologie! Ich kann nirgendwo mehr parken! Linksgrünversiffte, ökoterroristische Zwangs-Benormundung!“

Hat aber auch wiederum etwas Gutes: Die Schreihälse werden bestimmt auch ganz laut nach Monitoring und Evaluation krakeelen. Dann bekommen wir vielleicht endlich mal ein paar Zahlen, Daten und Fakten auf den Tisch. Endlich wird sich mal jemand für angemessene Qualitätsstufen interessieren. Und für all unsere Beschlüsse rund ums Thema.

Oder auch nicht…
Grüße aus Utrecht!