Am 5. Mai 2021hat der Dürener Stadtrat beschlossen, “in der Veldener Straße beidseitig geschützte Radfahrstreifen (sog. Protected-Bike-Lanes) gemäß den beiliegenden Planunterlagen zu errichten.” Dagegen stimmte damals nur die FDP. 47:2 Stimmen bei einer Enthaltung aus Reihen der sPD. Sogar die FCKAfD hat damals für die PBL gestimmt.


Nun, gut drei Jahre und diverse Kanalsanierungsmaßnahmen später, ist es endlich soweit. Die Ampel an der Ecke Veldener/Neue Jülicher wurde versetzt und es wird fleißig markiert. Auf dem stadteinwärtigen Teil wurden bereits die Rot-Markierungen an einigen Einfahrten etc. aufgetragen. Poller sind noch keine zu sehen, aber die Zeiten der zweispurigen Nutzung der einen überbreiten Fahrspur durch Pkw sind damit wohl weitestgehend beendet. 👍👍👍

Die hier verlinkten Pläne sind allerdings mit Vorsicht zu genießen, denn sie weichen von der tatsächlichen Umsetzung ab. In den Plänen sieht es bspw. so aus: Die PBL verläuft innen zwischen der Pkw-Spur und den Parkständen. Dann kommt der Gehweg. Siehe Anlagen 02 und 03.



Tatsächlich wird die PBL rechts zwischen den (deutlich weniger verbleibenden) Parkständen und dem Gehweg geführt. Also dort, wo auf den folgenden Bildern noch jede Menge Parkzeuge herumstehen. Am deutlichsten erkennt man das an den bereits vorgezeichneten Parkständen zur Fahrbahn hin. Die Linksabbiegespur für Radfahrer existiert in den Plänen ebenfalls nicht.

Schöne Plan-Abweichungen muss man in diesem Fall sagen!



Ich kann mich gar nicht daran erinnern, wann das wieso von wem überplant wurde. War bestimmt eine Initiative der fahrradliebenden €DU, die ich nicht mitbekommen habe.

Wie auch immer. Gut so!


Sehr gut!

Das sieht insgesamt schon mal sehr gut aus und fährt sich bereits im nicht fertigen Zustand hervorragend. Sich auf dem Rad endlich mal ein paar Meter “gleichberechtigt” neben dem Autoverkehr bewegen zu können, ohne ständig zu schnell fahrenden und zu eng überholenden Pkw ausgesetzt zu sein, hat schon was.

Übrigens auch mit dem Auto viel entspannter ohne die Raser, die einen ständig überholen, wenn man da gemütlich mit 50 km/h (warum eigentlich nicht 30?) entlang fährt. Wie es in der Rush Hour aussehen wird, wird sich zeigen. Bestimmt bestimmt jemand die Qualitätsstufen gemäß den Regelwerken.

Wahrscheinlich hat auch das ständige Falschparken z.B. vor dem Eckhaus Malteserstraße und den “grünen Häusern” an der Ecke Neue Jülicher Straße nun endlich ein Ende. Mal sehen, wie die Poller aussehen werden.



Auf den ersten Blick und nach den ersten Fahrten eine wirklich super Sache! Dass so ein Stück echter Fahrrad-Infrastruktur neu geschaffen wurde, habe ich in Düren bisher nicht erlebt. Und dann auch noch auf einer Haupt-Achse. So soll es sein!

Endlich sind auch die lächerlichen und regelwidrig-anachronistischen “Mehrzweckstreifen” Geschichte!

Zum Vergleich im nächsten Bild der Jahrzehnte lange Vorher-Zustand. Leute auf Behindertenrädern, mit Kinder-Anhängern oder breiten Mountainbike-Lenkern befanden sich gar nicht mehr innerhalb des “Mehrzweckstreifens”, wenn sie den vorgeschriebenen Abstand zum Bordstein einhielten oder nicht auf Gullis und Regenrinnen fahren wollten. Wer denkt sich sowas aus und wagt am besten auch noch, es “Infrastruktur” zu nennen?



Das große Aber…

Sehr schlecht!

Die Kehrseite der Medaille ist, dass es sich nur um ein kleines Teilstückchen handelt, das allen, die mit dem Rad zwischen dem größten Stadtteil Dürens und der Innenstadt hin und her fahren wollen, keine durchgehende Verbindung bietet. Es handelt sich nicht um einen sogenannten “Lückenschluss”, sondern nur um einen ersten kleinen Anfang, der ziemlich alleine in der Gegend herumexistiert. Nicht besonders einladend – so schön die PBL auch wird.

Ein Kilometer. Drei bis vier Minuten. Dann ist alles wieder vorbei.

In Birkesdorf ist (erstmal) am Ortseingang auf Höhe der Bushaltestelle Walzmühle Schluss. Am Anfang/Ende der PBL lässt sich schon erahnen, wie es im Anschluss weitergeht.


Erstmal geht´s auf dem übrig gebliebenen “Mehrzweckstreifen” zwischen Pkw-Türen und Regenrinne an dauerfalschparkenden Gehwegverkleinerern vorbei.



Nahtlos anschließend locken Zollhaus- und Nordstraße mit “Schutz”streifchen ohne jegliche Sicherheitszone zum Dooring ein. Da Autofahrer grundsätzlich niemals ein paar Sekunden hinter einem Radler her fahren können, sondern immer überall und direkt überholen müssen, sind hier auch Überholen ohne jeglichen Abstand und Geschwindigkeitsverstöße Dauerzustand. Dazu kommen noch die obligatorischen Falschparker an allen möglichen und unmöglichen Stellen. Kontrollen finden entweder nicht statt oder sind wirkungslos.



Wir sprechen übrigens von den Straßen, denen unlängst bescheinigt wurde, dass ein Großteil der asozialen Parkstände dort weg muss, weil sie zu genau diesen Verhältnissen beitragen und heutzutage schlichtweg illegal sind. Dürfte man nach heutigem Regelwerk so gar nicht mehr machen. Zum Glück endet der bescheuerte Bestandsschutz demnächst, wenn die Hauptachse kanalschadenbedingt komplett aufgemacht werden muss.

Also, wer da nicht sein Auto stehen lässt, um freudig Fahrrad fahrend in den Genuss der geilen neuen PBL zu kommen, ist selber schuld.


PBL-Anschluss Birkesdorf

Stadteinwärts endet die PBL an der Kinokreuzung. Und dahinter wartet in beiden Richtungen – genau wie in Birkesdorf – das verkehrstechnische Grauen auf alle Radelnde: Philippstraße und August-Klotz-Straßee. Auch hier besteht dank Nicht-Infrastruktur und perverser Pkw-Priorisierung kontinuierlich Lebensgefahr. Stadtauswärts lädt der freie Rechtsabbieger am Parkplatz Haus der Stadt Autofahrer ein, Radfahrer zu “übersehen”. Mitten auf dem Radweg stehen Laternenmäste herum.

Stadteinwärts vor und hinter der Bahnunterführung wird andauernd im absoluten Halteverbot und auf den Gehwegen geparkt. Die “Mehrzweckstreifen” sind dank Auto-Mitbenutzung gar nicht mehr zu erkennen. Allein der Pizzabote fährt wahrscheinlich X mal pro Tag über die doppelt durchgezogene Linie, um sich ein paar Meter Umweg (unkontrolliert) zu ersparen. Reine Mutmaßung aufgrund regelmäßiger Beobachtung.


Hinter der Protected Bike Lane bleibt alles beim Alten: Notorischer Profi-Falschparker bei der Lieferung zukünftiger notorischer Privat-Pkw-Falschparker. Nice!

Beispiel Überleitung auf die Philippstraße in Höhe des StadtCenters. Kein Wunder, dass “normale Radfahrer” hier den Gehweg benutzen. Überall diese skrupellosen Fahrrad-Rowdys!



Leider bringen auch die neu installierten Poller so gut wie nichts in Sachen Überholabstand. Hier kann man sich bei viel Verkehr (zweispurig mit oft mehr als 50 km/h auf einer überbreiten Fahrbahn) als Radfahrer gar nicht einfädeln ohne zu eng überholt oder fies geschnitten zu werden. Sicherheits-Spielraum: Null! Ein falscher Schlenker, eine Windböe – nur eine Frage der Zeit, bis hier mal…

Kontrollen? Auch hier Fehlanzeige! Ist (noch) kein Unfallschwerpunkt.

Die zwar mal als “innovativ” bezeichnete, de facto aber absolut katastrophale Ampel tut den Rest dazu und macht aus der Stelle eine der gefährlichsten und fahrradfeindlichsten Ecken Dürens. Zumindest, wenn man sich als Radfahrer an die Regeln hält und da irgendwo auf die Fahrbahn wechselt.



Auf der August-Klotz-Straße wird´s auch nicht besser. Hier sollen 11-Jährige weiterhin auf minimalen, kaum sichtbaren “Mehr-Schreck-Streifchen” radeln, die dicht gedrängt an Reihen legal & illegal parkender Stehzeuge entlang führen. Selbstverständlich ohne jegliche “Dooring-Zone”. Während links von Ihnen die Abstands- und Geschwindigkeitsverstößler ihr Bestes geben. 60 cm Abstand bei 60 km/h sind die beste Vorbereitung auf einen gelingenden Schultag.



Ich frage mich, ob es wirklich Eltern gibt, die ihren Kids jetzt aufgrund der PBL guten Gewissens empfehlen, auf dem direktesten und schnellsten Weg aus Birkesdorf in die City zu radeln. Ich gehöre nicht dazu. Und ich gehe davon aus, dass die meisten Birkesdorfer, die regelmäßig mit dem Rad in die Stadt fahren, sich weiterhin auf (vermeintlich) sicherere Umwege verdrängen lassen werden.

So schön das Fahren auf der neuen PBL auch sein mag. Sie bietet leider kaum Mehrwert, solange sie eine Singularität im Straßenbild bleibt, die von teils katastrophalen Verhältnissen für den Radverkehr nahezu nahtlos umschlossen ist.

Für mich persönlich ist die PBL ziemlich praktisch, weil sie ungefähr die Hälfte meines Mini-Arbeitswegs ausmacht. Alle, die ein Stück weiter in die eine oder andere Richtung fahren wollen oder müssen, gucken in die Röhre – bzw. in den schmalen Spalt zwischen tonnenschweren Blechbüchsen.



Es ist wie beim Ausbau der Fahrradstellplätze in der City, durch den man sich ja ebenfalls erhofft, mehr Leute zum Radfahren zu bewegen. Worin ist diese Hoffnung begründet? Doch nicht etwa in der Annahme, dass ein Stückchen geschützter Radstreifen oder ein paar Fahrradbügel so ein Highlight sind, dass ihre potenziellen Nutzer die gesamte Gefährdungslage drum herum ignorieren. Nur um mal ausnahmsweise ein paar Meter weit geschützt und komfortabel unterwegs sein zu können oder einen ordentlichen Abstellplatz für ihr Rad zu finden? Come on. Das kann niemand ernsthaft glauben.

Sehr spät, sehr unzusammenhängend, sehr mutlos!

Deshalb hatten wir als ADFC und ProRad Düren über den Umweg eines privaten Bürgerantrags gefordert, die PBL beidseitig bis zur Polizei-Kreuzung (Aachener Straße) fortzuführen. Denn damit würde nicht nur ein politisches Versprechen erfüllt (siehe aktuellen Koalitionsvertrag), sondern auch eine durchgehende, für Radfahrer wirklich attraktive Verbindung zwischen Birkesdorf und der Innenstadt geschaffen.



Unser Antrag wurde mehr oder weniger wohlwollend abgeschmettert bzw. so von der Verwaltung zurecht gestutzt, dass nichts mehr davon übrig geblieben ist – außer einem fragwürdigen zweiwöchigen “Projekt” einseitig von der Kino-Kreuzung bis zur Bahnunterführung am StadtCenter.

Eine echte, sachliche Diskussion unseres Antrags gab es im “Fachausschuss” nicht wirklich. Die Verkrüppelungs-Variante, die nichts mehr mit unserem Antrag zu tun hat, wurde ziemlich schnell abgehandelt, ohne dass die Begründung unseres Antrags irgendeine Rolle gespielt hätte. Irgendwelche nachvollziehbaren Zahlen oder sachliche Einstufungen der Verkehrsqualitätsstufen nach HBS oder Ähnliches kamen ebenfalls nicht zur Sprache. Wie immer…! Wozu auch? Wichtiger waren mal wieder die Bedürfnisse des motorisierten Individualverkehrs. Freie Rechtsabbieger und ständig fließender Pkw-Verkehr sind Menschenrecht!


Hervorragend für Rettungsfahrzeuge geeignet.

Fazit

Die Protected Bike Lane ist zwar nur ein Tropfen Wasser auf einem heißen Auspuff, aber sie ist ein Anfang. Irgendwie seltsam, das im Jahr 2024 sagen zu müssen. Ein Anfang. Wo wir doch spätestens seit 2016 ständig unter Rot-Grün+X mit beschlossenen Maßnahmenkatalogen hantieren, bei denen Radschnellwege, Fahrradstraßen sowie die “besondere Förderung des Radverkehrs” ganz obenan stehen.

Man stelle sich nur mal vor, es gäbe all die Radvorrang-Routen schon, die in den nächsten 10-15 Jahren kommen sollen. Und die geile Brücke aus unserem Klimaschutzteilkonzept Verkehr, auf der der Radverkehr via schickem Radschnellweg RS 399n über die (noch viel geilere) B 399n und das gesamte fette neu-innovierte Bahnhofsquartier hinüber gleiten kann. Rein ins regionale Radverkehrsnetz. Die ganzen vierspurigen Straßen in der Innenstadt wurden auf zwei Spuren und Tempo 30 reduziert, um zeitgemäße Rad- und Stadt-Infrastruktur zu schaffen. Unter diesen Umständen könnte die PBL Veldener Straße ein echter Erfolg werden – falls ihr die Fahrradstraße Neue Jülicher nicht den Rang abläuft… *Hüstel*

Hat mal jemand eine Zeitmaschine?


Fortsetzung folgt…