Hört, hört!

Deutscher Bundestag: Debatte über Umsetzung des Nationalen Radverkehrs­plans:


Video-Quelle: Deutscher Bundestag


Der Deutsche Bundestag debattierte also (nun doch noch) über die Umsetzung des Nationalen Radverkehrsplans 3.0 (NRVP 3.0) und über den Antrag der CDU/CSU-Bundestags-Fraktion, der/die dessen schnelle und zielgerichtete Umsetzung fordert.

Moment mal – das ist ja fast so, als ob die Dürener CDU-Stadtratsfraktion die hiesige bunte Zukunftskoalition zur Umsetzung unseres lokalen Klimaschutzteilkonzepts „Klimafreundliche Mobilität in Düren“ auffordern würde. Das zentrale Konzept, das sie selbst mit auf den Weg gebracht und beschlossen hat, das aber (aus Gründen!) nie wirklich begonnen wurde umgesetzt zu werden. Tolle Sache.

Jetzt bekennt sich also auch die CDU im Bund offiziell zum zukünftig gewollten „Fahrradland Deutschland“ und verweist auf unser in Sachen Radverkehrsförderung extrem fortschrittliches NRW, dessen CDU-geführte Landesregierung bekanntlich ebenfalls eine standhafte Verfechterin der Radverkehrsförderung ist – und natürlich schon immer war.

Nicht zuletzt rühmt sie sich ständig, das Fahrrad- und Nahmobilitätsgesetz NRW auf den Weg gebracht zu haben. Übrigens genau das Gesetz, an dem neben der Volksinitiative „Aufbruch Fahrrad NRW“ auch die Rad- und Nahmobilitätsverbände kritisieren, dass es nicht zuletzt von der CDU-Landtags-Fraktion so verwässert wurde, dass kaum noch konkrete Ziele (wie sie die Bundes-CDU nun für das NRVP-Umsetzungsgesetz fordert) übrig geblieben sind. Hervorragend!

Das passt natürlich wunderbar zusammen… Ungefähr genau so gut wie die CDU-Positionen zu so manchen Pkw-bedingten Problemen (wie ständiges Elterntaxi-Chaos, Falschparker, Raser, Lärm…) in den Bezirksausschüsen einerseits und die CDU-Stadtratsfraktions-Einstellung zu solch unbedeutendem Kleinkram im städtischen Mobilitäts- und Klimaschutz-Ausschuss andererseits.

Im Land will die CDU 25% Radverkehrsanteil, im Bund fordert sie die Novellierung von StVO und StVG. In Düren bekennt sich die CDU noch nicht mal zum lächerlichen Modal Shift-Ziel für Düren und stimmt gegen den Beitritt zur Städteinitiative, die die STVO/G-Reformierung fordert.


Hoch-Runter-Schieber

Aus dem CDU-Antrag ist dann im Bundestag leider erstmal ähnlich viel geworden wie aus der CDU-Ideologie in Sachen sichere und getrennte Radwege hier bei uns in Düren. Aber immerhin hat die Aussprache endlich stattgefunden.

Von der Tagesordnung am Donnerstag, 26. Januar 2023, abgesetzt hat der Bundestag die Beratung eines Antrags mit dem Titel „Fahrradland Deutschland – Umsetzung des Nationalen Radverkehrsplans“, den die CDU/CSU-Fraktion angekündigt hatte. Offen war bis zuletzt, ob die Abgeordneten direkt über die Vorlage abstimmen, oder ob diese zur weiteren Beratung in die Ausschüsse überwiesen werden sollte.

Deutscher Bundestag, bundestag.de, 24.01.2023

Am 8. Februar hat man die ganze Sache dann wieder in „die Ausschüsse“ verwiesen. Zu mehr Beschluss kam es nicht.

Schade eigentlich. Denn die obige Bundestags-Debatte hat doch mal wieder gezeigt, dass (außer der verkehrs-faschistischen FCKAFD) alle ganz dringend ganz viel Radverkehrs-Förderung wollen, vernünftige und nachhaltige Stadtplanung, Flächenumverteilung, saubere Städte und all das wohlklingende Zukunfts-Zeug und Verkehrswende-Gedöns, über das man so gerne spricht, bis es dann irgendwann an die konkrete Umsetzung geht… *Heuchel-Hüstel*

Aber verstehe ich den CDU-Antrag überhaupt richtig? Mal sortieren…

Noch unter Energiewende-Kanzlerin Merkel und Verkehrswende-Minister Dr. Andi B. Scheuert beschließt das Kabinett im April 2021 den NRVP 3.0. Dieser – nomen est omen – ist inzwischen schon die dritte NRVP-Auflage. NRVP Teil I haben wir von 2002 bis 2012 nicht umgesetzt. NRVP Teil II folgte auf dem Fuß bzw. auf dem Rad und wurde bis 2020 nicht umgesetzt. Nach 20 Jahren NRVP nun also der nächste Anlauf bis 2030. Im politischen Neusprech „Fortschreibung“ genannt…



Der Antrag geht nun also erstmal in die zuständigen Ausschüsse. Und wenn alles gut läuft (für die CDU/CSU), dann wird er irgendwann so oder so ähnlich beschlossen. Womit wir uns dann endlich auf den Weg machen könnten, ein NRVP-Umsetzungsgesetz zu erarbeiten.

Lässt sich das vielleicht irgendwie mit irgendeinem der wahnsinnig effektiven Verfahrensbeschleunigungsgesetze kombinieren? Brauchen wir wirklich ein Gesetz zur Umsetzung des NRVP?

Haben sich der erste und zweite NRVP etwa so fundamental vom aktuellen unterschieden, dass wir bis heute – 20 Jahre später – noch nicht wissen, wie Radverkehrsförderung konkret, also in vor Ort umgesetzten Maßnahmen, funktioniert und wie wir aus Plänen Taten folgen lassen? Das kann ich kaum glauben. Obwohl… Wenn ich mir unsere heutige Infrastruktur so anschaue: Keine einzige Fahrradstraße, kein einziger Radschnellweg und kein Pop-Up-Radweg weit und breit zu sehen. Nur Schutzstreifen überall… Ist das schon die NRVP-Umsetzung oder ist das noch die KSTK-Umsetzung? Muss man das die CDU, die SPD oder die Grünen fragen?

Und heißt das jetzt, dass wir uns – mit freundlicher Unterstützung durch den CDU-Antrag – nur noch selbst etwas mehr Druck machen müssen, um endlich das umzusetzen, was seit 20 Jahren beschlossene Sache ist? Wir brauchen halt einfach noch ein paar „Legislativvorschläge“ und Extra-Runden durch diverse Gremien und neu gegründete Arbeitskreise, damit es endlich losgehen kann?

Heißt das umkehrschlüssig auch, dass wir jahrzehntelang Pläne gebastelt haben, die wir bis heute nicht umsetzen konnten/können, weil wir noch gar nicht wissen wie? Also Pläne, für die es wiederum weitere Pläne und Gesetze bedarf, damit sie irgendwann vielleicht mal vom Plan zur Wirklichkeit werden?

Wobei: Mit dem Thema Novellierung des Straßenverkehrsrechts und der Straßenverkehrsordnung nennt die CDU in ihrem Antrag tatsächlich wichtige Punkte. Um die sie sich selbst (unter NRVP-Mutti Merkel und diversen (CSU-)Verkehrsministern) natürlich nie im Leben selbst hätte kümmern können. Alexander Dobrindt ist Mitunterzeichner des aktuellen Fahrradland Deutschland-Antrags…

So oder so scheint mir das mit der konzertierten Radverkehrsförderung alles eine ziemlich effektive Geschichte zu sein in Deutschland – und in Düren. Läuft das so auch in den Niederlanden, die sowohl in unseren lokalen Konzepten & Plänen wie dem Dürener KSTK, als auch in den nationalen Plänen wie dem NRVP 3.0 ständig als Best Practice-Vorbild genannt werden?

Ich frage mich, was wohl auf das von der CDU geforderte Umsetzungsgesetz folgt? Eine Kommission zur Erarbeitung von Vorschlägen zur Umsetzung des Umsetzungsgesetzes? Eine grundsätzliche Revision des NRVP 3.0 oder gar ein NRVP 4.0 mit erhöhtem Dringlichkeitsbedarf bis 2040 – zu erledigen ab frühestens 2030?

Oder etwa doch der seit Jahrzehnten angekündigte „Paradigmenwechsel“ in der Verkehrspolitik?


Links-Rechts-Schieber

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. sich zum Ziel des Nationalen Radverkehrsplan 3.0 zu bekennen und ein NRVP-Umsetzungsgesetz zu erarbeiten und darin insbesondere rechtsverbindliche Ziele festzulegen sowie deren Umsetzung und Finanzierung aufzuzeigen;

2. den Nationalen Radverkehrsplan der Bundesregierung aus der 19. Legislaturperiode zeitnah umzusetzen;

3. vorrangige Radwegebauprojekte zu identifizieren und daraus in
Abstim- mung mit Ländern und Kommunen einen „Bedarfsplan Fahrradrouten“ zu erarbeiten;

4. die rechtlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass beim Ausbau der Radinfrastruktur künftig auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) bei der Planung verzichtet werden kann;

5. ein bundesweites Programm für Fahrradparkhäuser und überdachte Abstellanlagen an Bahnhöfen und Bushaltestellen zur Verknüpfung von Fahrrad und ÖPNV aufzulegen;

6. das Straßenverkehrsgesetz (StVG) und die Straßenverkehrsordnung (StVO) weiterzuentwickeln, um die Sicherheit im Straßenverkehr für Radfahrerinnen und Radfahrer zu erhöhen und die „Vision Zero“ zu bekräftigen.

Fahrradland Deutschland – Umsetzung des Nationalen Radverkehrsplans,
Antrag CDU/CSU Bundestagsfraktion, 07.02.2023

Übrigens: Was soll dieses ganze NRVP 3.0-Gedöns überhaupt? Solange sowieso nur über den gesprochen wird und niemand wirklich Interesse daran (oder den Mut dazu) hat, den umzusetzen, kann man sich auch um Besseres kümmern. Den Bau von Stadtautobahnen beispielsweise… *KSTK-Zwinkersmiley*



Zum Nachlesen…