Neues EU-NRW-Förderprogramm

Wo ein Wille ist, ist auch ein (Rad-)Weg! Das haben wir zuletzt bei der Exkursion der Dürener Partei-Politik-Verwaltung nach Utrecht gelernt.


Die niederländischen Nachbarn machen uns seit Jahrzehnten erfolgreich und gewinnbringend vor, wie man die Mobilität in den Innenstädten und darüber hinaus effektiv und menschenfreundlich (um)gestalten kann. Und das obwohl eigentlich (angeblich) gar kein Platz dafür vorhanden ist, und (angeblich) der Untergang des Abendlandes droht, sobald mal jemand auch nur gedanklich Hand an irgendein längst aus der Zeit gefallenes Pkw-Privileg legt.

Dabei ist der Ausweg erstaunlich simpel und offensichtlich. Die Niederländer und andere machen es uns vor. Wir Deutsch-Dürener sehen nur leider und aus Gründen den Wald vor lauter Bäumen nicht, bzw. den öffentlichen Raum nicht – wegen all der zur Gewohnheit gewordenen parkenden oder Parkplatz suchenden Pkw.

Kein Platz? Weit gefehlt, denn überall dort, wo Flächen heute noch allein oder bevorzugt dem Pkw-Verkehr zur Verfügung stehen, ist sehr viel räumliches Potenzial für Veränderung gegeben. Jede Menge Platz für nachhaltigere städtische Mobilität, für mehr Aufenthalts- und Lebensqualität, für eine bessere Klima-Resilienz, kinderfreundliche Strukturen und so weiter. Wird halt gerade extrem kontraproduktiv genutzt, aber das ließe sich ja ändern…

Es fehlt also überhaupt nicht am Raum, um all das, was wir längst politisch beschlossen haben (von ordentlichen Rad- und Fußwegen bis hin zu barrierefreien Bushaltestellen, Klima- und Verkehrssicherheitszielen und so weiter…), zu schaffen. Es fehlt „nur“ die Umsetzung. Oder sagen wir: Es fehlt allein der politische Mut und/oder Wille zur Umsetzung vor Ort…

Und jetzt?
Ein paar Wochen bevor sich die Dürener Verkehrs-Delegation auf den Weg nach Utrecht gemacht hat, haben Land und EU ein neues Förderprogramm geschnürt, das Kommunen und andere Akteure vor Ort dabei unterstützen soll, die Verkehrswende endlich auch mal spürbar umzusetzen. Zum Start stehen erstmal rund 52 Millionen Euro zur Verfügung. Die Förderquote liegt bei 80-90%.



Was fangen wir damit an?

Prognose 1
Wir bleiben gefangen in unseren tradierten und Auto-zentriert ideologisierten Denkmustern und Strukturen: Nach wie vor interessiert uns zuerst und zuoberst die Autofahrer-Perspektive. Bevor wir auch nur anfangen darüber nachzudenken, welche Vorteile alle anderen Mobilitätsformen auf dem Weg zu einer nachhaltigen Innenstadtentwicklung haben könnten, thematisieren und dramatisieren wir die (stets als worst case) prognostizierten Folgen für die Verkehrsart, der wir qua eigener Konzepte doch eigentlich deutlich weniger Platz & Privilegien geben wollen. Die Paradoxie dabei fällt uns noch nicht mal auf…

Trotz eindeutiger und parteiübergreifender Stadt- und Landespolitik pro Mobilitätswende wird es also keinen Dürener Beschluss zur Beantragung von Fördermitteln aus dem neuen Topf geben, obwohl wir den eigenen Zielen damit einen guten Schritt näher kommen könnten. Man denke nur an den Rückbau der vierspurigen Innenstadt-Straßen aus dem aktuellen Koalitionsvertrag Zukunft Düren, an unser städtisches Mobilitätskonzept, an das Fahrrad- und Nahmobilitätsgesetz NRW, den Nationalen Radverkehrsplan, Klima- und Behinderten-Gesetze und so weiter… Vielleicht mal einen Radschnellweg bauen, damit tatsächlich mal mehr Pendler in der „Stadt der kurzen Wege“ vom Auto aufs Rad umsteigen?



Prognose 2
Es hat doch endlich mal „Klick“ gemacht und wenigstens ansatzweise so etwas wie ein „Paradigmenwechsel“ stattgefunden. Zuerst sehen und betonen wir die Chancen und das (als best case prognostizierte) Potenzial für progressive Veränderung in der City. Weil wir zukünftig mehr Grünflächen und Umweltverbund-Verkehr bei weniger motorisiertem Individualverkehr in der City haben wollen (und werden, wenn wir wirklich wollen), werden Lärm- und Schadstoffbelastung für alle reduziert, der Verkehr entschleunigt und sicherer. Je mehr Modal Shift umso besser für die Allgemeinheit! Vielleicht können demnächst sogar die Dürener Schulkinder sicher von zuhause bis zur Schule kommen – ganz ohne dreitonniges SUV-Elterntaxi. Eine „Vision“, mit der man „die Leute mitnehmen“ könnte?

Weil „dank“ der maroden Dürener Kanalisation sowieso zahlreiche Straßen aufgemacht und (mindestens) nach heutigen Qualitätsstandards und Richtlinien für Rad, Fuß & ÖPNV umgestaltet werden müssen, nutzen wir die Gelegenheit jetzt einfach mal.

Eine solch einzigartige Chance in den Bestand einzugreifen und für zukunftsgerichtete, nachhaltige Infrastruktur zu sorgen, können wir uns einfach nicht entgehen lassen! Zumindest nicht, ohne noch mehr an verkehrspolitischer Glaubwürdigkeit zu verlieren. Und das Ganze wird auch noch freundlich kofinanziert durch jede Menge Fördermittel von Land, Bund und EU. Na dann…


Wir drehen den Spieß jetzt mal um und benutzen die Regelwerke für die Ermöglichung von Veränderung, und nicht für deren Verhinderung. Mal ganz was Neues!. Dadurch tun sich ganz viele kleine und große Chancen auf,. Man muss sich nur einmal gedanklich von dem überflüssigen Ballast befreien, es dem motorisierten Individualverkehr immer recht machen zu müssen. Auch das ist eigentlich sehr simpel und müsste längst standardmäßig praktiziert werden: Einfach den Verkehrsraum von außen nach innen planen, so wie es eigentlich vorgesehen ist.

Los geht´s!



Was alles möglich wäre…

Zum Förderprogramm: Nachhaltige Städtische Mobilität für alle – Unterstützung für ein modernes und zukunftsfähiges Verkehrssystem:

Im Rahmen des EFRE/JTF-Programms NRW stehen 52 Millionen Euro für die Unterstützung der Kommunen bei der klima- und umweltfreundlichen Neugestaltung verkehrlich genutzter Infrastruktur und Flächen in der Stadt und im Umland zur Verfügung

Mit einem neuen Förderangebot tragen die Landesregierung und die Europäische Union gemeinsam zur Mobilitätswende vor Ort bei. Für ein modernes und damit zukunftsfähiges Verkehrssystem, sollen dabei neben der Neugestaltung verkehrlich genutzter Infrastrukturen und Flächen auch alternative klima- und umweltfreundliche Mobilitätsangebote sowohl innerhalb städtischer Zentren als auch im jeweiligen Verflechtungsraum gestärkt werden. (…)

Verkehrsminister Krischer: „Die Menschen haben heute andere Erwartungen an ihr Lebensumfeld und die Aufenthaltsqualität als vor einigen Jahrzehnten. Das Ziel der Landesregierung, die Lebensqualität der Menschen in den Städten zu verbessern und die gesetzlich festgelegte Einhaltung der Klimaziele zu erreichen, ist nur mit einer Neuausrichtung der städtischen Mobilität zu erreichen. Die Förderung von Maßnahmen zur Neuorganisation des Verkehrs in städtischen Zentren und im Umland unterstützt nordrhein-westfälische Kommunen bei der Umsetzung kommunaler und regionaler Mobilitätspläne und trägt damit zu weniger Emissionen, besserer Luftqualität und mehr Sicherheit im Straßenraum bei.“ (…)

Pressemitteilung, Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes NRW, 15.01.2024


Gefördert wird (werden könnte) so ziemlich alles, was das Verkehrswende-Herz begehrt. Hier die Förderbekanntmachung „Nachhaltige Städtische Mobilität für alle“. Und ein Auszug aus der Liste der förderfähigen Maßnahmen, siehe Förderrichtlinie „Nachhaltige städtische Mobilität für alle“.


  • 2.2.2 Nahtlose und optimierte Wege 
  • Förderfähig sind folgende Maßnahmen der digitalen Vernetzung, Integration und Steuerung, die durch optimierte Nutzung von Infrastruktur und Angeboten zur sicheren, nachhaltigen und vernetzten Mobilität beitragen:  
  • a) einmalige Aufwendungen für Sensorik und technische Einrichtungen, die der Vernetzung von Mobilitätsangeboten sowie der effizienteren Nutzung von Infrastrukturen dienen, unter anderem Installation von Parkraumdetektion zur Umsetzung von Parkleitsystemen und nahtlosen Mobilitätsangeboten, sowie damit einhergehende digitale Anwendungen zur optimierten Flächennutzung,
  • b) Maßnahmen des kommunalen Datenmanagements zur Stärkung der Verfügbarkeit von Mobilitätsdaten, einschließlich der Erzeugung sowie der diskriminierungsfreien Bereitstellung von Mobilitätsdaten über Landeshintergrundsysteme, 
  • c) Implementierung von intelligenten Verkehrssystemen für
  • aa) die Umsetzung von Leit- und Priorisierungssystemen für ÖPNV- und Einsatzfahrzeuge sowie verbesserte Bedarfsanmeldungen von Radfahrenden und zu Fuß Gehenden, wobei auch die Digitalisierung von Lichtsignalanlagen hierzu zählt oder 
  • bb) Maßnahmen des Verkehrsmanagements zu Gunsten der Verkehrsmittel des Umweltverbundes,
  • d) Erweiterung bestehender Fahrgastinformationssysteme um multimodale und grenzüberschreitende Angebote, wobei insbesondere europäische Standardschnittstellen wie Netex zu berücksichtigen sind,
  • e) Schaffung beziehungsweise Erweiterung der technischen Vertriebssysteme, um grenzüberschreitende Tarifanwendung vertrieblich zu ermöglichen oder
  • f) Etablierung von Account-based Ticketing Systemen, die dem Ziel der Interoperabilität dienen und somit nahtlose Mobilität ermöglichen.


  • 2.2.4 Begleitmaßnahmen zur Aufwertung des öffentlichen Raums und zur optimierten Nutzung von Fläche und Infrastruktur  
  • In Verbindung mit geförderten Maßnahmen unter Nummer 2.2.1 bis 2.2.3 dieser Richtlinie sind folgende flankierende Maßnahmen förderfähig: 
  • a) Verkehrsberuhigung durch Stadtmöbel oder Einbauten und weitere Elemente zur Verhinderung der Fremdnutzung von Rad- und Fußverkehrsanlagen,  
  • b) Errichtung hocheffizienter und regelbarer, emissionsarmer Beleuchtungsanlagen zur Beleuchtung von Radwegen zur Verbesserung des fließenden Radverkehrs oder für Stellplätze und Abstellanlagen, 
  • c) Maßnahmen an Halte- oder Knotenpunkten und Stellplatzanlagen zur Herstellung der Barrierefreiheit, Sicherheit, Beschattung und Begrünung,
  • d) Bereitstellung und Nutzbarmachung von Flächen für Nahversorgung oder Freizeiteinrichtungen im Rahmen der Flächenumverteilung und Flächenumnutzung oder
  • e) Schaffung, Vernetzung und Aufwertung grüner Infrastruktur, bevorzugt mit heimischen und standortgerechten Arten, zur Verbesserung der Luftqualität, Lärmminderung, Biodiversität und Klimaresilienz.


  • 2.2.5  Nicht-investive Maßnahmen
  • Ebenfalls förderfähig sind im Zusammenhang mit einem im Rahmen dieser Richtlinie geförderten investiven Vorhaben anfallende Ausgaben für vorbereitende und begleitende Maßnahmen, sofern sie von Dritten erbracht werden, sowie Ausgaben für das dem Fördervorhaben direkt zurechenbaren Projektmanagement, sofern sie von Dritten erbracht werden oder es sich um eine für die Projektdauer befristete Projektstelle handelt. Darunter fallen Ausgaben für folgende Leistungen:
  • a) Konzepte für die Umsetzung von Plänen und Strategien der kommunalen und regionalen Mobilitätsplanung, die der Vorbereitung einer der im Rahmen dieser Richtlinie geförderten investiven Maßnahmen dienen,  
  • b) Planung und Vorbereitung der investiven Maßnahmen,
  • c) Maßnahmen, die die Vernetzung von Mobilitätsbedarfen und Wegeketten im Personen- und Güterverkehr auch grenzüberschreitend und international verbessern oder
  • d) Mobilitätsmanagerinnen und Mobilitätsmanager, die für die Gesamtkoordination der zur Förderung beantragten Vorhaben der Kommune im Rahmen der Umsetzung des Mobilitätsplans während der Projektdauer zuständig sind. 

Warum finde ich Düren eigentlich gar nicht im Landes-Radwege-Programm 2024? Haben wir da etwa nicht von den „über 38 Millionen Euro für den Bau und die Erhaltung von Radwegen an Landesstraßen“ profitiert? Umso dringender, jetzt endlich mal Butter bei die Fische zu machen. Klotzen statt Kleckern!

Worauf warten wir eigentlich noch…?