Mit erstaunlicher Hartnäckigkeit und beachtlichem Erfolg schaffen es Politik und Verwaltung seit Monaten und Jahren, dringende und wichtige verkehrspolitische Themen unter den Teppich zu kehren. Dazu zählen nicht nur diverse politische Beschlüsse mit sehr konkreten Arbeitsaufträgen, sondern auch gesetzliche Vorgaben. Und natürlich auch Wahlversprechen.

Das dumme Wahlvieh hat ja schließlich schon genug damit zu tun, sich tagtäglich gedanklich und in den asozialen Medien Maul zerreißend mit den bösen, allgegenwärtigen Migranten&Asylbewerbern zu beschäftigen, die ihnen die Wohnungen, Arbeitsplätze und Frauen streitig machen, und es ihm verunmöglicht, auch nur einen sicheren Schritt durch die von Gewaltexzessen überflutete Dürener City zu machen. Wozu sich dann also überhaupt mit Verkehrspolitik beschäftigen? 🤷🏼‍♂️

Beschäftigen wir uns doch bspw. lieber mit der Asylbewerber-Bezahlkarte, die (laut €DU-Mann Weschke) davor schützen soll, dass Asylbewerber ihre finanzielle Unterstützung für „sexuelle Dienstleistungen und Glücksspiel“ missbrauchen, anstatt unseren teutschen Schulkindern Sicherheit im Straßenverkehr zu ermöglichen.

So geht Law & Order und Agenda-Setting!

Aber bleiben wir trotzdem mal verkehrspolitisch…


Verkehrspolitisches Prinzip bei nicht Pkw-bezogenen Themen und Aufgaben:
Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen!

Sicherheit, Recht & Ordnung über alles! Außer im Verkehr…

Frei nach dem Prinzip…

„Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen!“ Mizaru, kikazaru, iwazaru (見ざる、聞かざる、言わざる)!

…wird so ziemlich alles dafür getan, dass die Bürgerschaft möglichst wenig informiert und partizipiert wird. Bloß keine schlafenden Hunde wecken!


Ein paar Beispiele…

  • B56n-Mythos

Dank der Dürener Ost-Umgehung aka B56n sollte sich laut Straßen.NRW „der innerstädtische Verkehr in Düren um knapp die Hälfte“ verringern. €DU-Verkehrsexperte Thomas Rachel sprach von einer massiven Entlastung, sauberer Luft und sicheren Straßen.

Ferner sollte die tolle Innenstadt-Verkehrsentlastung fette Freiräume schaffen, um endlich mal ein bisschen Fahrrad- und Fußverkehr-Infrastruktur umzusetzen.

Allerdings hat sich bisher niemand die Mühe gemacht, mal zu überprüfen, ob die Prognosen de facto auch eingetreten sind. Straßen.NRW weiß von nichts und vrweist auf die Stadt Düren. Der liegen hierzu ebenfalls keinerlei aussagekräftigen Verkehrsdaten vor.

Unterdessen behauptet die Lokalpresse (ohne dass entsprechende Daten vorlägen), dass ein „Großteil des Durchgangsverkehrs“ nun über die Eier legende Wollmilchsau B56n abgewickelt würde.

Muss man wohl einfach glauben. Und am besten auch keine Fragen zum Unfallgeschehen in Zusammenhang mit der B56n stellen…

  • Städtisches Verkehrskonzept

Wenn es um Totschweigen geht, spielt unser städtisches Verkehrskonzept aka Klimaschutzteilkonzept „Klimafreundliche Mobilität in Düren“ die wahrscheinlich herausragendste Rolle. Es mag einen Grund dafür geben, dass der Link zum Konzept auf der Website der Stadt Düren seit Monaten ins Nichts führt. Insbesondere im Jahr 2025, das als Zieljahr zur Umsetzung der zahlreichen Maßnahmen gilt, sollte sich das am besten niemand angucken. Nicht, dass noch Fragen gestellt werden bezüglich Erreichung der maßgeblichen Ziele…



Auch im sogenannten „Fachausschuss“ spielt das zentrale Verkehrskonzept keinerlei Rolle, was absolut verständlich ist, wenn man sich vor Augen führt, dass es niemals auch nur annähernd umgesetzt wurde. Immerhin diente es stets gut als Greenwashing-Vorlage, um unsere Luftreinhalte- und Lärmaktionspläne etc. theoretisch zu legitimieren und schön zu reden…

Es gilt das Gleiche wie bei der B56n: Möglichst keine Aufmerksamkeit wecken, nicht näher hinschauen und auf gar keinen Fall ordentlich (wie im Konzept vorgeschrieben) evaluieren! Denn die Evaluationsergebnisse könnten ja den schönen Schein zerstören und das Versagen der Verkehrspolitik mit Zahlen, Daten, Fakten belegen. Daran hat nun wirklich niemand ein Interesse – zumindest niemand mit einer politischen oder städtischen Funktion. Glücklicherweise drückt auch die Lokalpresse ihr Desinteresse am Thema durch Stillschweigen und Nicht-Thematisieren professionell aus.

Ein Tipp für alle, die die sogenannten/selbsternannten Dürener Verkehrspolitiker abrupt zum Schweigen bringen wollen: Einfach eins der folgenden Schlagwörter (aka Verkehrskonzept-„Prioritäten“) in den Raum werfen:

  • Radschnellwege
  • Fahrradstraßen
  • Modal Split
  • Beseitigung allgegenwärtigen Pkw-Falschparkens
  • Ziele 2025 aktueller Koalitionsvertrag: Verkehrsraum umverteilen, vierspurige Pkw-Fahrbahnen, Tempo 30…

Ebenfalls mit vielen schönen Zielen bis 2025 wartet der aktuelle Koalitionsvertrag der rot-grün-bunten Koalition auf. Ich kürze es mal ab:

Siehe oben (Städtisches Verkehrskonzept). Ziele und Wahlversprechen sind nicht aufgestellt worden, um erreicht zu werden, sondern um sich in einem Licht zu präsentieren, das gerade opportun und populistisch wertvoll scheint. Ein faktenbasierter Blick auf tatsächliche Ergebnisse, also so etwas wie Evaluation wäre dabei nur kontraproduktiv. Das lassen wir besser mal bleiben…

  • Parkraumkonzept Innenstadt + Birkesdorf + …

Noch ein Beispiel für grundlegende, eigentlich für alle möglichen weiteren Planungen vorauszusetzende Dinge, die niemals auch nur ansatzweise angegangen wurden.

Eigentlich wurde die Erstellung eines Parkraumkonzeptes für die Innenstadt schon mit dem Masterplan Innenstadt beschlossen. Vor 11 Jahren!

Zitat: „Eine auf die Innenstadt bezogene Parkraumuntersuchung und die Erarbeitung eines Parkraumkonzeptes, das neben Kurzzeitstellplätzen für Kunden und Besucher insbesondere Bewohnerparkplätze zum Inhalt hat, sind notwendige Voraussetzung zur Überplanung der innerstädtischen Parkplätze „Hoeschplatz“, „Am Pletzerturm“ und „Schützenstraße“. Für die gesamte Innenstadt ist zu prüfen, welche positiven Auswirkungen sich aus einem attraktiven ÖV und der damit verbundenen Änderung des modal-split für die Gestaltung der Seitenräume ergeben.“

Entgegen der (sinnvollen) Vorgabe wurde allerdings freudig weiter geplant, ohne auch nur einen Gedanken an das Thema Parkraum zu verschwenden. Und den Modal Split (welche Verkehrsarten machen wie viel Prozent des Gesamt-Verkehrs aus) kennt in Düren selbstverständlich niemand. Wurde ja nie erhoben. Aus Gründen…

Mein Bürgerantrag (November 2021), der im Grunde nur aus Zitaten bzw. Beschlüssen wie obigem bestand, wurde zuerst von der Verwaltung abgebügelt, um dann über Umwege doch noch durchgesetzt zu werden.

Daraufhin wurde die Verwaltung im Mai 2022 beauftragt, „Vorschläge zum künftigen Umgang mit innerstädtischen Parkflächen, Liefer- und Ladezonen auszuarbeiten. Soweit möglich, soll dies auch im Zuge des laufenden Prozesses zur Überarbeitung/Neuaufstellung der Stellplatzsatzung aufgegriffen werden.

Passiert ist bis heute gar nichts. Sehr zur Freude der verkehrsfaschistischen Auto-Auto-über-alles-Opposition.

Das gilt gleichermaßen übrigens auch für das Parkraumkonzept für den größten Dürener Stadtteil Birkesdorf, in dem das Integrierte Stadtentwicklungskonzept (ISEK Birkesdorf) seit Jahren konsequent nicht umgesetzt wird.


  • Gehwegparken

Also darf es einen auch nicht wundern, dass sich auf der Baustelle asoziales & behindertenfeindliches Gehwegparken nichts tut. Vergeblich warten wir darauf, dass das umgesetzt wird, was die Koalition Zukunft versprochen hat – nämlich bei jeder Maßnahme zu kontrollieren, wie es mit den städtischen Einladungen zum Gehweg-Blockieren durch Autofahrer weitergehen soll.

Stattdessen brachte die Stadt in einem spontanen Anflug von purem Zynismus einen „Stadtplan für Menschen mit besonderen Bedürfnissen“ heraus. Übrigens nachdem die städtische „Rechtsdezernentin“ (€DU) ein „Gutachten“ in Auftrag gegeben hatte, das offensichtlich alleine dazu dienen soll, das behindertenfeindliche Gehwegparken möglichst überall weiter zu erlauben. Falls das nicht mehr an allen möglichen und unmöglichen Stellen erlaubt wäre, würde die Innenstadt Gefahr laufen zu veröden, so die Anti-Fußgänger-Lobbyistin. 🥳

Auf das „Gutachten“, mit dem rechtliche Schlupflöcher gegen richtlinienkonforme Gehwege gesucht werden sollen, warten wir – Überraschung – immer noch vergeblich. Nebenbei erwähnt sei, dass die Rechtsdezernentin ihrem Fachamt mit der Beauftragung des „Gutachtens“ quasi unterstellt, keine Ahnung zu haben. Nett!


  • Barrierefreiheit

Ebenso vergeblich warten wir auf die Umsetzung des Personenbeförderungsgesetzes, das die Kommunen verpflichtete, bis zum 1. Januar 2022 alle Bushaltestellen barrierefrei auszubauen. Bis heute sind gerade mal rund ein Drittel der Dürener Bushaltestellen soweit.

Eine Schande, meint auch die €DU – und fordert, die vor kurzem in Birkesdorf barrierefrei umgestaltete Haltestelle (Akazienstraße) wieder zurückzubauen, damit die armen, maßlos gegängelten SUV-Dorfdurchfahrer endlich wieder ordentlich Platz auf ihrer Straße haben. 🥳


  • Grünpfeil Neue Jülicher Str. – Veldener Str.

Neben Großprojekten wie B56n, Parkraumkonzept und städtischem Verkehrskonzept, barrierefreien Bushaltestellen usw. gibt es natürlich noch diverse Kleinst-Angelegenheiten, von denen man annehmen könnte, dass wenigstens diese ohne viel Aufwand ziemlich schnell abgewickelt werden könnten. Beispielsweise „Grünpfeile“, die es Radfahrenden erlauben, auch bei roter Ampel rechts abzubiegen.

An der Kreuzung Neue Jülicher Str. / Veldener Straße wäre so etwas problemlos möglich, seit dort die Protected Bike Lane existiert. So sieht es auch das Fachamt, bei dem wir im Juli 2024 um die Installation des Schildes (vier Schrauben benötigt?) gebeten hatten. Seitdem beschäftigt sich die Straßenverkehrsbehörde mit der Prüfung der Lappalie. Bisher ergebnislos.

Wahrscheinlich muss erst noch ein Rechtsgutachten erstellt werden…


  • Unfallkommission

Unterdessen scheint die sogenannte „Unfallkommission“ ihre Hauptaufgabe darin zu sehen, auf Unfälle mit Personenschäden zu warten. Statt sich dem Präventionsprinzip verpflichtet zu fühlen, also Unfälle zu verhindern bevor sie geschehen, argumentiert sie gebetsmühlenhaft damit, dass es nirgendwo Handlungsbedarf gäbe, wo sie keinen Unfallschwerpunkt feststellt.

Um möglichst im Verborgenen agieren (bzw. nicht agieren) zu können, veröffentlicht die Unfallkommission selbstredend keinerlei Protokolle ihrer Sitzungen. Stellt man mal eine Frage an die Unfallkommission wird man von Pontius zu Pilatus geschickt. Ein bürgerschaftlicher Sitz in der Kommission wird per kommunaler Satzung verwehrt.



Es scheint, als würden all unsere Gesetze, Konzepte und verkehrspolitischen Beschlüsse magisch von einem schwarzen Loch angezogen, das seine Masse aus stetiger Nichttätigkeits-Zufuhr bezieht.



Aber nach der Kommunalwahl wird bestimmt alles besser! Zumindest für alle, die kein Fahrrad fahren, nicht zu Fuß gehen oder den ÖPNV nutzen.