Ziele erreicht, Versprechen erfüllt?

In letzter Zeit trudelten einige politische Postwurfsendungen in den Briefkasten. In diesen konnte man mal wieder lesen, was die Parteien so alles umgesetzt haben aus ihren Wahlprogrammen. Die „Koalition Zukunft“ veröffentlichte im November außerdem eine „Erfolgsbilanz“, in der sie auch die Verkehrspolitik thematisierte.

Mobilität/Infrastruktur:

Wir investieren in die Infrastruktur, bauen längst überfällige neue Kanäle und ersetzen damit alte Anlagen aus der Kaiserzeit. Straßen werden im Zuge der Kanalarbeiten ebenfalls erneuert. Der Verkehrsraum wird dann so aufgeteilt, dass sich Autos, Fahrräder und Fußgänger*innen sicher in unserer Stadt bewegen können. Die Baustellen kosten Sie und uns Nerven; das ist uns bewusst. Aber kaputte Kanäle müssen so schnell wie möglich repariert werden. Das können wir nicht auf die lange Bank schieben.  

Ein schönes Beispiel ist die Euskirchener Straße. Der Kanal wurde erneuert und zusätzlicher Stauraum für Starkregenereignisse geschaffen. Dabei erhielt sie nach der Kanalsanierung sichere Fuß – und Fahrradwege sowie Bäume. Zum Wohl der Anwohner*innen und Radfahrer*innen wurde auch die Schoellerstraße umgestaltet, sodass es nun mehr Raum für Fuß – und Radverkehr und weniger Lärm in den Wohnungen gibt. Dies brachte – ähnlich wie bei der Veldener Straße – nachweisbar keine Nachteile für den motorisierten Individualverkehr – entgegen den Befürchtungen der Opposition. Für die Aachener Straße gibt es nach einem tödlichen Unfall und langer Diskussion nun konkrete Umbaupläne und auch die Valencienner Straße wird demnächst erneuert und erhält im Bereich Willy-Brandt-Park sichere Fuß – und Radwege.


Das Radvorrang-Routen-Konzept mit 10 Routen liegt vor und die Umsetzung der ersten Route steht kurz bevor. Eine Protected-Bike-Line (oder auch geschützter Radfahrstreifen) an der Veldener Straße wurde nach der Kanalsanierung fertiggestellt und ermöglicht eine sichere Fahrt zumindest zwischen Birkesdorf / Kreisbahntrasse und Kino. 

„Erfolgsbilanz“ der „Koalition Zukunft

Alles schön und gut! Alles schön und gut?

Leider haben solche „Erfolgsbilanzen“ die selbstlobhudeleiende Eigenschaft, das zu verschweigen, was NICHT erreicht wurde… Eigennützige Rosinenpickerei zu betreiben ist natürlich ein wesentlicher Bestandteil politischer Kommunikation. Selbstverständlich (und selbstverliebt) redet man viel lieber über das, was (angeblich) erreicht wurde, als über das, was (definitiv) nicht erreicht wurde. Das ist absolut verständlich und vollkommen nachvollziehbar. Aber halt auch nur ein Teil der Wahrheit.

Nehmen wir die „Erfolgsbilanzen“ also mal zum Anlass, um einen kleinen Fakten-Check zu machen. Was wurde versprochen, was wurde (nicht) umgesetzt?

Vor fast genau drei Jahren hatte ich bereits einen vorausschauenden Blick auf die verkehrspolitischen Ziele der „Koalition Zukunft“ geworfen. Heute also mal der Blick zurück…



Fakten-Check

Stadtraum zukunftsgerecht neu verteilen

Versprechen:
Wir wollen den Stadtraum zukunftsgerecht neu verteilen. Fußgänger*innen und Radfahrer*innen brauchen mehr Raum.

Wirklichkeit:
Von einer Neuverteilung kann bis heute keine Rede sein. An der grundsätzlichen Flächenverteilung hat die „Koalition Zukunft“ so gut wie nichts geändert. Ja, mit großer Verzögerung wurde die Protected Bike Lane (geschützter Radstreifen) auf der Veldener Straße installiert und ein kleines Stück der Euskirchener Straße sowie die Schoellerstraße wurden mehr oder weniger umgestaltet. Punktuell hat sich also ein bisschen was getan. Aber eine „zukunftsgerechte Neuverteilung des Stadtraums“? Naja, kommt wahrscheinlich darauf an, was man unter „zukunftsgerecht“ verstehen will. Oder unter „Neuverteilung“…

Fakt ist: Der Radverkehr hat tatsächlich ein paar wenige Quadratmeter Fläche an vereinzelten, nicht zusammenhängenden Stellen hinzugewonnen. Der Fußverkehr ist jedoch ziemlich leer ausgegangen bei der bisherigen „Umverteilung“ des öffentlichen Raums. Verglichen mit seiner Gesamt-Fläche hat der Pkw-Verkehr allerdings so gut wie nichts an Fläche „verloren“. (Eigentlich müsste man „zurückgegeben“ sagen, da der öffentliche Raum ja nicht schon immer Pkw-Raum war.) Hier und da wurde mal ein Stückchen Fahrbahn umgewidmet. Geschenkt. Aber was, wenn man auf den Mega-Raumfresser „Parkraum“ blickt, den die immer größer und immer mehr werdenden Autos „brauchen“? Hier hat sich noch viel weniger getan, als auf den Fahrbahnen. Und sobald es doch mal einen Anlauf wie den Antrag „Gehwegparken“ gibt, werden „Rechtsgutachten“ erstellt, die jegliche „Neuverteilung“ im Keim ersticken sollen. Siehe unten…

Mag sein, dass die „Koalition Zukunft“ (in Teilen) den Stadtraum zukunftsgerecht verteilen „will“. Getan hat sie es bisher nicht – nicht mal ansatzweise.


Ausbau des Radwegenetzes

Versprechen:
Daher ist für uns der Ausbau des Radwegenetzes wichtig.

Wirklichkeit:
Der Ausbau wovon? „Radwegenetz“? Da stimmt schon grundsätzlich etwas in der Prämisse des Satzes nicht. Düren hat nämlich gar kein Radwegenetz. Über die Jahre wurden zwar zahlreiche sogenannte „Schutzstreifen“ auf die Pkw-Fahrbahnen gepinselt, aber Radwege, die den Namen wirklich verdienen würden? Und davon so viele und zusammenhängende, dass man von einem Radwege-„Netz“ sprechen könnte? Wo sollen die sein? Und wo hat die „Koalition Zukunft“ neue davon geschaffen? Außer dem Stückchen Protected Bike Lane auf der Veldener Straße, das abrupt im Nichts endet, fällt mir dazu nicht viel ein. Außer auf der Euskirchener Straße und der Schoellerstraße (s.o.) hat sich nicht wirklich viel getan. Schon gar kein Ausbau irgendeines ominösen Netzes. Auf dem Weg zu einem echten, zusammenhängenden Radverkehrsnetz, hat uns die „Koalition Zukunft“ nicht wirklich voran gebracht.


Sicherheit der Fußgänger

Versprechen:
Aber auch die Sicherheit der Fußgänger*innen sind für uns oben auf der Agenda.

Wirklichkeit:
Mag sein. Doch die Gewohnheitsrechte und Bedürfnisse der Autofahrer stehen offensichtlich noch viel weiter oben auf der Agenda. Zwar gibt es den koalitionären Antrag „Gehwegparken“, in dem gefordert wird, die behinderten- und richtlinienfeindlichen Zustände vieler Dürener Gehwege zu verbessern, von dessen zaghafter Umsetzung sind wir allerdings noch weit entfernt.

Fairerweise muss man dazu sagen, dass dies nicht zuletzt auch daran liegt, dass die Rechtsdezernentin (€DU-Parteibuch) der Stadt befürchtete, die Innenstadt könnte veröden und Wohnungen würden unvermietbar, falls ein paar Pkw-Parkplätze in der City versetzt oder verschwinden würden. Auf das daraufhin initiierte „Rechtsgutachten“, das offensichtlich Schlupflöcher für den Erhalt von Autofahrer-Privilegien (auf Kosten der Barrierefreiheit und Kinderfreundlichkeit) herausfinden soll, warten wir immer noch vergeblich. Es ist aber schon insoweit erfolgreich, als dass das Thema damit bis heute auf Eis gelegt wurde und es immer noch Standard ist, dass die Stadt sogar dort Pkw-Parken erlaubt, wo dies dazu führt, dass Behinderte, Rad fahrende Kinder etc. keine Chance haben, die für sie vorgesehenen Gehwege zu benutzen. Dass die Stadt zwischenzeitlich einen „Stadtplan für Menschen mit besonderen Bedürfnissen“ (nein, es sind nicht die Pkw-Parkplatz-Sucher gemeint) veröffentlicht hat, mag manch einem Behinderten daher etwas zynisch erscheinen.

Ihrem Anspruch, überall dort, wo Straßen durch Baumaßnahmen bedingt, aufgebaggert werden, echte Barrierefreiheit für Fußgänger umzusetzen, wurde die „Koalition Zukunft“ leider auch nicht gerecht. Das zeigte sich beispielsweise an der Malteser Straße, wo es erst zivilgesellschaftlichen Engagements bedurfte, um den angeblichen politischen Willen wieder ins Gedächtnis zu rufen.


Gutachten als Maßstab neuer Maßnahmen

Versprechen:
Ein zurzeit erarbeitetes Gutachten zur fahrradfreundlichen Stadt soll für uns Maßstab neuer Maßnahmen sein.

Wirklichkeit:
Was genau dieses „Gutachten“ sein soll, bleibt etwas unklar. Vermutlich handelt es sich dabei um das „Konzept für Rad-Vorrang-Routen in der Stadt Düren„. Hierin werden u.a. die Kriterien definiert, die bestimmte Radwege erfüllen müssen, um als sogenannte Vorrang-Route zu gelten.

Dass dieses Konzept eben NICHT der Maßstab für irgendwelche Maßnahmen – noch nicht mal die, die sich Rad-Vorrang-Routen nennen, ist, bewies die „Koalition Zukunft“ direkt beim allerersten Teilstück, das von der Verwaltung (konzeptkonform) geplant wurde. Anstatt den eigenen „Maßstab“ bzw. den eigenen Koalitionsvertrag ernst zu nehmen und umzusetzen, wurde nämlich ein „Kompromiss“ ausgekuhhandelt, bei dem die selbst gesetzten Qualitätskriterien leider auf der Strecke blieben – zugunsten von ein paar Pkw-Parkplätzen.

Ja, Realpolitik ist ständige Kompromissmacherei – unabhängig von (gemeinsamen) politischen Zielen oder gesetzlichen Vorgaben und sonstigen Notwendigkeiten. Dass die Koalitions-Kompromisse aber scheinbar stets zu Gunsten des motorisierten Individualverkehrs ausfallen, und nie zu Gunsten des Rad- oder Fußverkehrs, ist wohl weder im Sinne des „Gutachtens zur fahrradfreundlichen Stadt“, noch im Sinne unseres zentralen Verkehrskonzepts, mit dem wir uns verpflichtet haben, alles, was kein motorisierter Individualverkehr ist, besonders zu fördern.

Auch hier muss man fairerweise dazu sagen, dass die verkehrsfaschistische Opposition alles in ihrer Macht stehende dafür tut, die eigens mit beschlossenen Konzepte und grundsätzlichen Beschlüsse zu torpedieren. Genau wie beim Thema barrierefreie bzw. mindestens gesetzeskonforme Gehwege (oder auch Bushaltestellen) ereifert sie sich bei jeder einzelnen Maßnahme, die auch nur ein Minimum der anachronistisch-asozialen Autofahrer-Privilegien abbauen soll, erfolgreich dafür, den Status Quo der Pkw-Dominanz und -Bevorzugung zu erhalten wo immer es irgendwie geht. Dass dies an allen möglichen Stellen geht, ist allerdings nicht zuletzt der Offenheit der „Koalition Zukunft“ für das Weiter-so der Pkw-Privilegisierung geschuldet. Von wegen „Maßstab für neue Maßnahmen“…

Zusammengefasst: Auf dem Papier mögen Gutachten zur fahrradfreundlichen Stadt, Klimaschutzteilkonzepte und so weiter sehr schön klingen. Auch in der Außen- bzw. Selbstdarstellung lassen sie sich sehr schön instrumentalisieren. Oder um diverse andere Konzepte greenzuwashen. Mit der Realität, also der tatsächlichen Umsetzung, haben sie aber nicht viel zu tun.


Klimaschutzteilkonzept

Versprechen:
Das Klimaschutzteilkonzept wird konsequent von uns umgesetzt.

Wirklichkeit:
Liest man diesen Satz in Kenntnis des Klimaschutzteilkonzepts „Klimafreundliche Mobilität in Düren“ (KSTK), muss man unweigerlich lachen. Oder weinen. Ungefähr genau seitdem wir das zentrale Verkehrskonzept der Stadt haben (2015-16), haben wir auch eine rot-grüne Koalition (mit verschiedenen Anhängseln), die uns genau das erzählt: Das Ding wird „konsequent“ von uns umgesetzt. So lautet das Versprechen bei jeder Legislatur.

De facto wurde und wird das KSTK allerdings noch viel weniger umgesetzt als das ominöse „Rechtsgutachten fahrradfreundliche Stadt“. Während letzteres von Anfang an durch faule Kompromisse konterkariert wurde, wurde und wird das KSTK nämlich so gut wie gar nicht umgesetzt. Zumindest, wenn man die zahlreichen Maßnahmen-Listen und Prioritäten-Vorgaben als Referenz nimmt.

Zur Nichtumsetzung des KSTK habe ich hier im Blog schon viel geschrieben. Das will ich an dieser Stelle nicht alles wiederholen. Hingewiesen sei nur auf ein paar wenige Punkte:

  • Die Zielvorgaben, die man sich bis zum Jahre 2025 gegeben hat, wurden weder irgendwie auch nur annähernd effektiv (konsequent) verfolgt, noch hat man sich je wieder mit ihnen beschäftigt. Im Gegenteil: Sie spielen keinerlei Rolle in der lokalen Verkehrspolitik. Auch nicht dann, wenn mal wieder irgendein realpolitischer Kompromiss gefunden werden muss. Niemand spricht mehr über „weniger Pkw-Verkehr in der Stadt“ oder den Modal Split.
  • Das zentrale Erfolgskriterium des KSTK, der Modal Shift, also die Veränderung der Verkehrsanteile weg vom Pkw-Verkehr (1% weniger pro Jahr), hin zu mehr Rad-, Fuß- und öffentlichem Nah-Verkehr, wurde und wird noch nicht mal gemessen. Das mag politisch sehr geschickt sein, weil alle Fragen nach der Erreichung politischer Ziele unbeantwortet ins Leere laufen gelassen werden können. Mit „konsequenter Umsetzung“ hat das allerdings gar nichts zu tun. Im Gegenteil muss man leider mindestens. von konsequentem Desinteresse sprechen – oder von konsequentem politischen Versagen.
  • Besonders perfide: Das KSTK, also unser zentrales städtisches Verkehrskonzept, wird immer dann aus der Schublade geholt, wenn es darum geht, Lärmaktionspläne, Luftreinhaltepläne und so weiter fortzuschreiben bzw. zu legitimieren. Dass es eigentlich nur auf dem Papier existiert, scheint dabei völlig irrelevant zu sein. Hauptsache es gibt eine Absichtserklärung, mit der man alles Mögliche greenwashen kann. Was davon dann tatsächlich umgesetzt wird (oder eben nicht!), ist egal. Der schöne Schein genügt…

Es wundert wenig, dass das Klimaschutzteilkonzept „Klimafreundliche Mobilität in Düren“ über die Website der Stadt Düren nicht mehr erreichbar ist. Besser, wenn die Leute sich das gar nicht erst angucken…


Fahrradfreundliche Stadt

Versprechen:
Wir streben in den nächsten drei Jahren an, Fahrradfreundliche Stadt Düren zu werden.

Wirklichkeit:
Endlich mal wieder ein Ziel, das konkret operationalisiert wurde und sogar mit einem Zeitraum zur Zielerreichung belegt wurde. So wie die zentralen Ziele des Klimaschutzteilkonzepts. Das macht die Überprüfung des Erreichten sehr einfach.

Machen wir es kurz: Genau wie beim KSTK mit seinen Zielsetzungen bis 2025, müssen wir feststellen: Die Stadt Düren ist auch im Jahr 2024 noch längst keine „Fahrradfreundliche Stadt“. Weder auf dem Papier (also ADFC-zertifiziert), noch in der Praxis der Verkehrsplanung oder der ständig Pro-Pkw-Kompromiss suchenden Verkehrspolitik. Obwohl es 2023 schon soweit hätte sein sollen.

Aus Radfahrer-Sicht muss man sich sogar die Frage stellen, ob wir uns durch die totale Fokussierung der „Koalition Zukunft“ auf sogenannte „Schutz“streifchen statt echter Fahrrad-Infrastruktur nicht sogar noch weiter entfernt haben vom Ziel „Fahrradfreundliche Stadt“ zu werden.


Pkw-Fahrbahnen umwidmen

Versprechen:
Alle vierspurigen und überbreiten Straßen sollen auf zwei Fahrspuren für den motorisierten Verkehr für sichere Fahrradwege zurückgebaut werden. Die Achse August-Klotz Straße bis Birkesdorf, die Stürtzstraße und die alte B56 werden zuerst in Angriff genommen.

Wirklichkeit:
Siehe oben: „Neuverteilung des öffentlichen Raums“. Leider muss man auch hier konstatieren: Das Ziel wurde weit verfehlt. Noch nicht mal auf den offensichtlich und bekanntermaßen gefährlichsten Straßen (bspw. Aachener Straße, August-Klotz-Straße…) wurden Pkw-Fahrspuren umgewidmet.

Noch nicht mal das Mini-Stückchen Veldener Straße/Philippstraße hat die „Koalition Zukunft“ geschafft umzusetzen. Trotz bester Voraussetzungen, die der von der ADFC-Ortsgruppe initiierte Bürgerantrag zur Verlängerung der Protected Bike Lane geschaffen hatte.

Wer das Versagen damit begründen will, dass man erst noch darauf warten will, dass die Straßen durch die stadtweite Kanalsanierung aufgebaggert werden, betreibt scheinheilige Augenwischerei. Denn a) wäre so etwas wie Pop-Up-Bike-Lanes schon längst möglich gewesen und b) muss man davon ausgehen, dass die Umwidmungs-Pläne nach der Kommunalwahl 2025 komplett einkassiert werden. Zumindest im Falle einer €DU-Mehrheit. Wer also wirklich „alle vierspurigen und überbreiten Pkw-Fahrspuren“ umwidmen wollte, hätte dazu nicht nur längst die Chance gehabt, sondern hätte diese auch schon längst ergreifen müssen. Da dies nicht geschehen ist, muss man wohl davon ausgehen, dass dieses Wahlversprechen ähnlich ernst gemeint war wie das der „konsequenten KSTK-Umsetzung“ oder das der „Fahrradfreundlichen Stadt“ bis 2023.


Fahrradstraßen

Versprechen:
Wir werden vermehrt Fahrradstraßen in der Innenstadt schaffen.

Wirklichkeit:
Soll ich es ganz kurz machen? Bis heute gibt es in der Stadt Düren keine einzige Fahrradstraße. Null! Von „vermehrt“ zu sprechen mag einfach nur sprachlich ungeschickt sein. Könnte man aus Radfahrer-Sicht aber auch als Zynismus interpretieren.

Richtig grotesk wird es, wenn man Radschnellwege auch zu den Fahrradstraßen zählt und sich nochmal ins Bewusstsein ruft, dass das Klimaschutzteilkonzept „Klimafreundliche Mobilität in Düren“ angeblich „konsequent“ umgesetzt werden sollte. Denn während über Fahrradstraßen immerhin noch punktuell geredet wird – natürlich ohne sie umzusetzen -, ist das Thema Radschnellwege schon längst komplett beerdigt worden. Ohne dass man überhaupt angefangen hätte, auch nur darüber zu sprechen.


Tempo 30

Versprechen:
Wir wollen in der Innenstadt grundsätzlich Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit wo möglich.

Wirklichkeit:
Schon im Rahmen der alten Straßenverkehrsordnung wäre deutlich mehr Tempo 30 in Düren möglich gewesen. Wenn man es dann wirklich gewollt und beantragt hätte. Dank der aktuellen Novelle der Straßenverkehrsordnung wurde es der Politik nun nochmals erleichtert, deutlich mehr und flächendeckender Tempo 30 einzurichten. Da es allerdings bis heute keinen Antrag der „Koalition Zukunft“ gibt, genau das umzusetzen, muss man wohl auch hierbei davon ausgehen, dass hinter den hübschen Worten nicht allzu viel eigene Überzeugung bzw. politischer Wille zur Umsetzung steckt.

Ja, punktuell gibt es hier und da ein paar Ansätze. Die haben aber nichts mit der Forderung nach „grundsätzlichem Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit“ zu tun.


ÖPNV

Versprechen:
Wir wollen weiter an einem attraktiven Ticket für den ÖPNV arbeiten und wollen den Linienverkehr zwischen den Stadtteilen verbessern.

Wirklichkeit:
Leider kann man auch hier kein grünes Häkchen setzen. Es reicht gerade mal für ein Fragezeichen. Wie genau soll der Linienverkehr zwischen den Stadtteilen verbessert werden? Welche neuen Verbindungen und engere Taktungen wurden erreicht oder wenigstens beantragt? Die Abgabe einer Absichtserklärung alleine reicht nicht aus, das Ziel wurde und wird nicht erreicht.

Was genau ist eigentlich ein attraktives ÖPNV-Ticket? In Düren haben wir das City-Ticket XL. Dessen Preis ist in den vergangenen Jahren mehrfach erhöht worden. Die durch die AVV-Tariferhöhung notwendigen Anpassungen wurden auf die ÖPNV-Nutzer abgewälzt, der städtische Zuschuss blieb und bleibt unverändert bei 450.000€ brutto gedeckelt.

Nach den Anpassungen bzw. Tariferhöhungen von insgesamt 7 % in 2023 soll nun eine weitere Anpassung zum 01.01.2024 mit weiteren rd. 8,5 % erfolgen. Diese Erhöhung betrifft dabei alle Segmente/das gesamte Ticketsortiment gleichermaßen, da die Tariferhöhung ab 2024 nur noch linear statt differenziert erfolgt (Grundlage dafür sind die Verträge zum Deutschland-ticket). Demnach steigen die Preise der Einzeltickets Erwachsene und Kinder um weitere 30 Cent bzw. 10 Cent pro Einzelticket (aktuell 3,10 € auf 3,40 € bzw. 1,00 € auf 1,10 €).
Aufgrund der herausfordernden Haushaltslage wurden die Verhandlungen mit den Vertragspartnern vom Fachamt stets unter der Maßgabe durchgeführt, den bereits für den Haushalt 2023 eingestellten Haushaltsansatz von 450.000 € bei einer Fortführung des abgesenkten City-Tickets-XL Düren auch für den Haushalt 2024 nicht zu überschreiten. Aufgrund der Tarifsteigerungen im Verbund ist es deshalb notwendig, auch für das City-Ticket-XL Düren die im Beschlussentwurf genannten Anpassungen im Tarifsegment vorzunehmen. Durch die vorgesehene Anpassung im städtischen Tarifsegment verbleibt die finanzielle Ausgleichshöhe der Stadt Düren gegenüber den Verkehrsunternehmen je verkauften Einzelfahrausweis für Erwachsene bei 0,60 €.
Quelle: Ratsinformationssystem

Quelle: Ratsinformationssystem

Immerhin wurden die Preise für das City-Ticket-XL Düren 2025 nicht schon wieder erhöht. Wow! Ist das ein Ergebnis der Arbeit an einem attraktiven ÖPNV? Beeindruckend! Die €DU wollte die City-Ticket-Preise übrigens wieder erhöhen, um den ÖPNV gegenüber dem motorisierten Individualverkehr noch unattraktiver zu machen.


B 399n

Versprechen:
Wir engagieren uns gemeinsam mit dem Kreis für einen Bahnanschluss Derichsweiler. Der Bau der B399n soll grundlegend überprüft werden. Die alte Planung entspricht nicht mehr den heutigen Anforderungen.

Wirklichkeit:
Gegen den Bahn-Anschluss Derichsweilers scheint keiner groß etwas zu haben, scheint mir. Immerhin… Aber was ist mit der geplanten Stadtautobahn? Mit ganz viel Goodwill könnte man hier vielleicht mal ein grünes Häkchen setzen. Ein großes Fragezeichen scheint jedoch deutlich mehr angebracht zu sein. Angesichts der SPD-Verliebtheit in die Nicht-Umgehungsstraße B 399n könnte man problemlos auch ein weiteres rotes X vergeben.

Wenigstens scheint man nicht mehr sklavisch an der anachronistischen Durchgehungsstraßen-Planung festzuhalten und tut zumindest so, als sollten Rad- und Fußverkehr, Umweltschutz, Klimaschutz und all das lästige Gedöns bei der Stadtautobahn-Planung auch irgendwie berücksichtigt werden. Also theoretisch. *Hüstel* Praktisch und realistisch darf man wohl nicht davon ausgehen, dass die alte, „nicht mehr den heutigen Anforderungen“ entsprechende Planung noch grundlegend – also heutigen Anforderungen entsprechend – geändert wird. Denn das hieße ja, dass man sich beispielsweise mit dem Radschnellweg RS 399n (siehe „konsequente Umsetzung des Klimaschutzteilkonzepts „Klimafreundliche Mobilität in Düren“) beschäftigen müsste. Das wiederum ist – so zeigt das Desinteresse der Vergangenheit – unter einer „Koalition Zukunft“ reine Utopie.



Womit können wir in den nächsten Monaten noch rechnen?

Nicht mehr mit viel, soviel lässt sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sagen. Vielmehr verfestigt sich der Eindruck, dass sich die „Koalition Zukunft“ damit zufrieden geben wird, kaum etwas Verkehrspolitisches aus ihrem Koalitionsvertrag umgesetzt zu haben.

Mehr dazu, was wir verkehrspolitisch von einem nach den Kommunalwahlen voraussichtlich €DU-dominierten Stadtrat zu erwarten haben, in einem nächsten Blogbeitrag…