Zur Stärkung der „Arbeitgebermarke Stadt Düren“ hat die CDU eine innovative Idee auf den Tisch gelegt. Als Maßnahme zur Personalgewinnung und -sicherung sollten städtische Mitarbeitende kostenlose Pkw-Parkplätze gestellt bekommen:

…schlägt vor, den Mitarbeitern/innen kostenlose Parkplätze zu stellen und Stellen höher einzugruppieren. Bei anderen Kommunen seien vergleichbare Stellen höher eingruppiert.

Der Bürgermeister weist darauf, dass die Stadt Düren sich an die Rechtsgrundlagen zur Eingruppierung halte. Eine Bewertungskommission entscheide über Höhergruppierungen. Herr Hissel und der Bürgermeister informieren über die Gründe dafür, warum kostenfreie Parkplätze leider nicht angeboten werden können. Seit Einführung des Fahrzeugpools für Dienstfahrten müsse niemand mehr Dienstfahrten mit dem eigenen Pkw durchführen. Auch fehle es an Parkflächen.

Niederschrift über die Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am 19.04.2023, Stadt Düren

Dass der Bürgermeister meint, es fehle in Düren an Pkw-Parkflächen, wird die CDU sicherlich freuen. Denn damit folgt er ihrer Argumentation, dass es nicht (niemals) zu viele Autos in der City gibt, sondern nur zu wenige Parkplätze, auf denen sie total produktiv herumstehen können.

Das heißt im Umkehrschluss wohl, dass mehr Parkräume für Pkw geschaffen werden müssen? Ist das ein neues städtisches Ziel? Finde ich dazu irgendwo einen Beschluss im Ratsinfo-System?



Wie kommen CDU und (SPD-)Bürgermeister eigentlich zu der Erkenntnis/Meinung, dass wir zu wenige Parkplätze hätten? Die Parkraumanalyse, die der Innenstadt-Masterplan eigentlich vorschreibt, hat es doch nie gegeben. Genau so wenig wie ein Parkraumkonzept, das die (bisherigen) städtischen Ziele hinsichtlich des Modal Shifts angemessen berücksichtigen würde. Oder täusche ich mich?

Zu den lokalen, landes- und bundesweiten grundsätzlichen und spezifischen Zielen zum Thema Parkplätze hatte ich hier mal eine kleine Zusammenstellung gewagt. Irgendwie lese ich auch da nirgendwo von Zielen und Beschlüssen, bei denen es darum ginge, mehr Parkraum für Pkw zu schaffen. Das genaue Gegenteil ist der Fall!

Umso erstaunlicher, dass die CDU, die das alles mit beschlossen hat, trotzdem nicht müde wird, bei jeder sich bietenden Gelegenheit auf den (angeblichen) Parkplatzmangel hinzuweisen – um gleichzeitig vorzuschlagen, den ach so raren Parkraum an städtische Beschäftigte zu verschenken. In der CDU-Logik sinkt der (angebliche) Parkdruck dadurch offenbar. Gibt´s vielleicht noch ein Deutschland-Ticket gratis oben drauf? Ach nee, das hat damit ja nichts zu tun – eine wissingsche Fehlleistung, sorry.



Erstaunlich ist auch, dass die Parkplatzsucher-Perspektive anscheinend die einzig relevante Perspektive ist, wenn es um Fragen rund um den innerstädtischen Parkraum geht. Scheißegal, wenn 73% der Parkplätze entlang der Birkesdorfer Ortsdurchfahrt regelwidrig sind und aufgrund ihrer Regelwidrigkeit keine auch nur annähernd akzeptable (und regelkonforme) Geh- und Radwege zulassen. „Wir brauchen mehr Parkplätze!“ Kinder und Gehbehinderte müssen vom Gehweg auf die Straße ausweichen, weil mal wieder überall Autos herumstehen? Scheißegal, nur ein weiteres „Argument“ für „mehr Parkplätze überall!“.

Was „mehr Parkplätze“ und unzählige (und ungezählte) regelwidrige Parkplätze in der City für all die bedeuten, die diese Parkplätze nicht nutzen, spielt keine Rolle. Dass Verkehrsplanung heutzutage eigentlich von außen nach innen gedacht werden muss – also (prioritär) vom Fußgänger über den Radfahrer bis schließlich zum Pkw, ist vollkommen bedeutungslos in der praktischen Verkehrspolitik. Das sind so Sachen, die schreibt und beschließt man zwar in diverse/n Konzepten, Gesetzen, Koalitionsverträgen, verpflichtenden Richtlinien usw., anschließend bemüht man sich dann aber eifrigst darum, dass man damit nie wieder konfrontiert wird.

In der Praxis gilt: Gehwege, auf denen kein Rolli-Fahrer durchkommt? Passt schon! Sogenannte Fahrrad-„Schutzstreifen“, die kaum breiter sind als ein Fahrradlenker und gleichzeitig ohne jegliche Sicherheitszone an Reihen parkender Pkw entlang führen? State of the art! Behaupten, man wolle den Pkw-Anteil am Verkehr reduzieren, während man Jahr für Jahr steigende Zulassungszahlen beobachtet und erfolgreich eine kreisweite Wachstumsstrategie verfolgt? Kein Problem! Hauptsache unsere Autos finden einen Platz direkt vor jeder privaten und geschäftlichen Haustür. Den Rest regeln paritätisch der subventionsfreie Markt, die Digitalisierung und die technologie-offene Innovationsexplosion (deutsches Markenzeichen), die übermorgen zu erwarten ist.




Angesichts der Programme – nicht zuletzt der CDU (NRW) – wundere ich mich vor Ort bei uns doch sehr darüber, dass sich die Dürener Parkplatz-Lobby beispielsweise kein bisschen über den desolaten Zustand des Parkraumangebots für Radfahrende echauffiert. Vom Zustand der Infrastruktur, die Radfahrende zu den (nicht vorhandenen) Abstellplätzen führen soll, mal ganz zu schweigen… Radfahrende werden doch nicht etwa als minderwertige Verkehrsteilnehmende betrachtet, nur weil sie keine wertvollen Ressourcen verschwenden und die Stadt nicht mit Lärm und schlechter Luft verpesten? Kaufen Radfahrer eigentlich nicht in der City ein, wohnen und arbeiten dort?

Ach so: „In Düren fährt ja eh kaum jemand Rad“, sagen die, die sich nicht um die Umsetzung des Kapitels „Evaluation“ im zentralen Verkehrskonzept gekümmert haben und deshalb gar nicht wissen können, wie viele Leute überhaupt aktuell Radfahren. Wieviele es laut städtischer, landesweiter und nationaler Zielsetzung zukünftig sein sollen, spielt natürlich auch keine Rolle. Ist in postfaktischen Zeiten wahrscheinlich eh alles irrelevant. Modal Shift? Nie gehört!

Wenn ich mir das Fahrradaufkommen an einem donnerstäglichen Markt-Mittag in der Kölnstraße anschaue, sieht das allerdings so aus, als ob gar nicht mal so wenige Leute mit dem Rad in die City fahren – trotz miserabler Bedingungen rund herum und mittendrin. Und ausreichend Parkraum ist für die ganz offensichtlich nicht vorhanden. Nur mal so augenscheinlich bei einem Spaziergang vom Post-Eingang bis zum Markt betrachtet. Außerdem fällt auf, dass die zahlreichen Fahrräder ohne Park-Angebot ziemlich zivilisiert in der Gegend herumstehen – zumindest verglichen mit den allgegenwärtig falsch parkenden (Eltern-)Taxis und Lieferdienst-Outlaws sowie sonstigen Parkzeugen, die unsere autopoietischen Parkplatz-Probleme erzeugen.


Wo bleibt der christsozialdemokratische Aufschrei angesichts solcher Bilder? Initiative Kölnstraße statt Initiative Weierstraße?


Nicht verschweigen will ich die vereinzelten Schritte hin zu etwas mehr Parkraumgerechtigkeit – falls es so etwas überhaupt geben kann. Natürlich sind Maßnahmen wie das Fahrradbügel-Programm und das (längst überfällige) Fahrradparkhaus am Bahnhof absolut zu begrüßen. Allerdings muss man sich schon die Frage stellen dürfen, welchen Effekt (bspw. auf den Modal Split) diese (dringend notwendigen) Maßnahmen überhaupt haben können, solange das ganze Drumherum viel mehr zum Autofahren als zum Radfahren einlädt. Sollen sich (zukünftige) Radfahrer weiter durch falsch fahrende und falsch parkende Pkw-Massen quälen, nur um in den Genuss eines fahrrad-flundrigen Bügels irgendwo zu kommen? Da habe ich Parkraumkonzept, Klimaschutzteilkonzept, Koalitionsvertrag und Push&Pull wohl irgendwie falsch verstanden.




Die mobilen Fahrradplattformen aka „Fahrrad-Flundern“ sind Teil des 1.000 Bügel-Programms, das (wie so vieles) aufgrund der notorischen Unterbesetzung des Fachamts leider nur schleppend umgesetzt werden kann. Dass es zu dieser Unterbesetzung gekommen ist, liegt höchstwahrscheinlich daran, dass den mängelverwaltenden Mobilitätswende-UmsetzerX in Düren keine kostenlosen Pkw-Parkplätze zur Verfügung gestellt werden. Man munkelt…



Die Diskussion über die Fahrrad-Flundern verläuft zumindest auf Hatebook wie erwartet: Der Untergang unseres vorbildlichen und fortschrittlichen Verkehrssystems (das beispielsweise den Niederländern als Best Practice Beispiel dient) steht mal wieder unmittelbar bevor – wegen der temporären Umwidmung eines Pkw-Parkplatzes in zehn Fahrrad-Stellplätze. Erstaunlich. Die zentrale Rolle spielen wieder(gekäute) Fragen, die schon längst beantwortet wurden: „Wer lässt sich so einen Schwachsinn einfallen?“ (Zuständiges Fachamt) „Warum gerade hier?“ (u.a. Umfrage/Bürgerbeteiligung) „Was soll das alles überhaupt?“ (Konzepte, Gesetze und Beschlüsse)

Die neue Radstation am Bahnhof ist zwar beschlossene Sache, aber längst noch nicht Realität. Wann genau das neue Fahrradparkhaus im futuristischen Innovationsquartier südlich der Bahn fertig sein wird, steht noch nicht fest. Ob es ein Ampelsystem erhalten wird, bleibt ebenfalls noch abzuwarten.

Maßnahmen wie diese sind total lobenswert – wären sie nicht eine Selbstverständlichkeit heutzutage, würden sie nicht Jahre bis Jahrzehnte zu spät kommen und würden sie nicht in der großen Mut- und Konzeptlosigkeit drum herum verpuffen.


Die aktuell laufende Modernisierung der verkehrstechnischen Regelwerke kündigt tatsächlich eine Art Paradigmenwechsel in der Verkehrsplanung an. Nicht zuletzt beim Thema Parkraum bzw. öffentlicher Raum. Außerdem werden weiterhin *hüstel* das Klimaschutzteilkonzept Mobilität und das Radvorrangrouten-Konzept umgesetzt…

Ein Grund zur Hoffnung in Sachen Mobilitätswende? Angesichts der bisherigen und aktuellen Handhabung gesetzlicher und politischer Beschlüsse ist weiterhin Skepsis angebracht.