Die Ergebnisse des ADFC Fahrradklima-Tests 2022 (FKT) sind da. Sie zeigen keinerlei nennenswerte positive Entwicklung, obwohl seit 2015 der verkehrspolitische Masterplan, das Klimaschutzteilkonzept Mobilität, „umgesetzt“ wird. Wie kann das sein?


Quelle: ADFC Fahrradklima-Test Ergebnisse 2022

Zunächst muss man mal feststellen, dass der FKT keinen Anspruch auf repräsentative Ergebnisse erheben kann. Man darf davon ausgehen, dass sich hauptsächlich Fahrrad-affine Menschen am Test beteiligt haben. Außerdem sind 392 Teilnehmende für die Stadt Düren auch nicht die Welt. Allerdings sind das schon wieder ein paar mehr als beim vergangenen FKT und im Vergleich z.B. mit der Online-Petition zum schnellen Bau der B 399n (154 Teilnehmende) gar nicht mal so wenige. Will heißen: Muss man jetzt nicht so ganz wissenschaftlich sehen, aber ein guter Indikator für das gefühlte Fahrrad-Klima in der City ist der FKT allemal.

Vielleicht sogar der beste (und einzige) aktuelle Indikator, den wir haben?

Wenn ich bedenke, dass es bisher keine (zumindest mir bekannten) Evaluationen der bisherigen Konzepte und Maßnahmen – vom Klimaschutzteilkonzept und der B 56n bis hin zum Trixie-Spiegel – gab und gibt, liefert der ADFC Fahrradklima-Test wenigstens einige Anhaltspunkte, anhand derer sich die „Förderung des Radverkehrs“ der vergangenen Jahre ein wenig einordnen und bewerten lässt.

Nicht nur das: Vielleicht sind die durchweg schlechten Ergebnisse Dürens ja auch ein Hinweis darauf, dass Evaluation nicht nur sinnvoll, sondern notwendig ist. Vielleicht zeigen die Fahrradklima-Tests sogar, dass die Bewertungen so schlecht sind, weil wir uns nie wirklich angeschaut haben, wie welche Maßnahmen überhaupt wirken?

Wir wissen es einfach nicht! Und planen (deshalb) beispielsweise weiter fleißig Schutzsteifen an jeder möglichen Ecke – die FKTs, Moratoriums-Forderungen, eigenen Konzepte und Richtlinien gnadenlos ignorierend…


Quelle: ADFC Fahrradklima-Test Ergebnisse 2022

Quelle:Quelle: ADFC Fahrradklima-Test Ergebnisse 2022
Hier das Dossier mit allen Ergebnissen für die Stadt Düren.

Lohnt es sich also, einen genauen Blick auf die aktuellen Ergebnisse des FKT 2022 für Düren zu werfen?

Ja:
Politik und Verwaltung könnten wohl einiges anfangen mit den FKT-Bewertungen. Beispielsweise mal die Koalitionsverträge, „konsequent“ umzusetzende Konzepte, gültige Gesetze und Richtlinien, Maßnahmenvorschläge und Prioritätenlisten daraufhin abzuklopfen. Wie und warum hat sich eigentlich der Modal Split verändert dank B 56n und diversen Push&Pull-Maßnahmen?

Nein:
Nicht an dieser Stelle. Denn hier würde es eigentlich nur auf Wiederholungen von Wiederholungen von Wiederholungen hinauslaufen.


Trotzdem eine Minimal-Zusammenfassung bzw. ein paar Spotlights:

Die „beste“ Note gibt es für „Erreichbarkeit des Stadtzentrums“: 3,1. Befriedigend. Ein „gut“ oder „sehr gut“ gibt es (im Schnitt) nicht!

Sicherheit

Sicherheit spielt wieder eine hohe Relevanz bei den Befragten – genau wie in den Konzepten, Verträgen und Gesetzen… Klare Sache, schließlich ist das ja auch in Land&Bund ein großes Thema: „Vision Zero“ im NRW-Koalitionsvertrag und im Nationalen Radverkehrsplan, Novellierung der Straßenverkehrsordnung und -gesetze zu Gunsten des Sicherheits-Aspekts, Verkehrswissenschaftler, die das Sicherheits-Dings betonen und so weiter. Logisch, dass Sicherheit in der Radverkehrsplanung ganz oben stehen muss. Also theoretisch zumindest…


Quelle: ADFC Fahrradklima-Test Ergebnisse 2022

In der Praxis sieht es allerdings schlecht aus hinsichtlich (subjektiver/objektiver?) Sicherheit. Allein die Konflikte Rad/Fuß wurden mit Note 3,9 noch einigermaßen tolerabel bewertet, alles andere erhält erhält einen Blauen Brief. Auch im Vergleich mit anderen Städten der gleichen Ortsgröße steht Düren schlecht da.


Quelle: ADFC Fahrradklima-Test Ergebnisse 2022

Wichtige Themen – schlechte Bewertung

Die wichtigsten Themen werden am schlechtesten bewertet! Eine ziemlich verheerende Tendenz, die dem städtischen Ziel mehr Menschen dazu zu bewegen, sich öfters mal (oder sogar regelmäßig) aufs Rad zu setzen, diametral widerspricht. Was das beispielsweise auch für das Thema „Kinder aufs Rad“ bedeutet, lässt sich leider nur vermuten – es wird ja nicht evaluiert bei uns…

Akzeptanz als Verkehrsteilnehmer
Das viertwichtigste Thema (0,9 von 1,0) erhält von 51% der Befragten die Schulnoten 5 und 6. Nur 2% vergeben ein „sehr gut“.

Für „Spaß am Radfahren“ gilt das Gleiche.


Quelle: ADFC Fahrradklima-Test Ergebnisse 2022

Tendenz

Keine Besserung in Sicht! Fairerweise muss man festhalten, dass auch bei uns ein sogenanntes „Radvorrangrouten-Konzept“ umgesetzt werden soll – und damit beispielsweise 31 Kilometer Fahrradstraßen im Stadtgebiet. Allerdings zeigen die Erfahrungen des bisherigen Umgangs mit lokalen Verkehrskonzepten, dass ein Beschluss nicht gleichzeitig auch dessen Umsetzung bedeutet. Schon gar nicht dessen „konsequente“ Umsetzung, wie die aktuelle Planung rund um die allererste „Radvorrangroute“ gerade gezeigt hat.

In dubio pro Pkw ist immer noch die Maxime der lokalen Verkehrspolitik und -planung.

Die Stagnation, die sich in den Ergebnissen des FKT ausdrückt, kann in Zeiten angekündigter „Mobilitätswende“ und „Paradigmenwechsel in der Verkehrplanung“ durchaus als Rückschritt bewertet werden. Wir sind noch nicht mal richtig auf dem Weg, müssen zwischenzeitliche Fehlplanungen erst wieder wett machen und haben noch gar keine Idee (Vision/Gesamt-Konzept), wie Verkehr bei uns zukünftig überhaupt aussehen und funktionieren soll. Deshalb haben wir auch keine Möglichkeit, die Leute mitzunehmen auf unserem Weg in die klima-, lebens- und aufenthaltsfreundliche Stadt der Zukunft.

Schade eigentlich…


Zur Stellungnahme von ProRad Düren. Ob und wie sich Politik & Verwaltung zu den Ergebnissen des Fahrradklima-Tests äußern, bleibt abzuwarten.