Dass das diesjährige StadtRadeln just an dem Tag beginnt, an dem der ADFC die Ergebnisse des vergangenen Fahrradklima-Tests veröffentlicht, ist eine seltsame Koinzidenz. Während die Umfrage des ADFC mal wieder zeigt, wie schlecht die Verkehrsverhältnisse für Radfahren in Düren sind, ruft die Stadt dazu auf, drei Wochen lang möglichst viel Rad zu fahren. 🥳


Angesichts der Tatsache, dass Radfahren in Düren alles andere als eine sichere oder gar komfortable, Spaß machende Angelegenheit ist (um es mal diplomatisch auszudrücken), kommt die Aufforderung an die Bürger, doch bitte mehr Rad zu fahren, einigermaßen zynisch rüber.



Hinzu kommt, dass die Stadt bzw. die Dürener Verkehrspolitik eine miserable Bilanz hinsichtlich des Ausbaus der Fahrradinfrastruktur und -förderung aufzuweisen hat.

Das zeigen nicht nur die stetig-schlechten ADFC-Fahrradklimatest-Ergebnisse. Besonders deutlich wird die Differenz zwischen dem, was beschlossen wurde, und dem, was umgesetzt wurde, wenn man einen Blick in unser lokales Verkehrskonzept, das Fahrrad- und Nahmobilitätsgesetz NRW und den Nationalen Radverkehrsplan wirft.

Nach zwei Legislaturperioden Rot-Grün+X gibt es immer noch keine einzige Fahrradstraße in Düren. Von den lokalen Radschnellwege-Planungen spricht sowieso niemand mehr. Statt ein attraktives und sicheres Radwegenetz auszubauen, wurde ein kontraproduktiver Flickenteppich aus sogenannten „Schutzstreifen“ auf die Straßen gepinselt. Das städtische Verkehrskonzept wurde (aus Gründen) niemals evaluiert, obwohl das ein zentrales Element des Konzeptes ist. Das 1.000-Fahrradbügel-Programm ist derweil eingeschlafen. Und ob die sogenannten Radvorrangrouten jemals kommen werden, ist mehr als fraglich…

Die Liste ließe sich mit Blick auf den Maßnahmenkatalog unseres städtischen Verkehrskonzeptes beliebig fortsetzen.



So mutet es schon etwas seltsam an, wenn der SPD-Bürgermeister, der keinen Hehl daraus macht, dass er überzeugter Autofahrer ist, die Bürgerschaft zum teils lebensgefährlichen Radfahren in Düren aufruft.

„Mit dem STADTRADELN setzen wir in Düren ein starkes Zeichen für Klimaschutz, nachhaltige Mobilität und ein bewusstes Miteinander“, so Bürgermeister Frank Peter Ullrich.

Ein „starkes Zeichen für Klimaschutz, nachhaltige Mobilität und ein bewusstes Miteinander“ hätten SPD, Grüne + Anhängsel in den vergangenen zehn Jahren bei der Umsetzung ihrer Beschlüsse setzen können. Dann wären vielleicht auch ein paar Verkehrsziele aus dem aktuellen Koalitionsvertrag erreicht worden – wenn schon nicht aus dem städtischen Verkehrskonzept. Dann würden sich die alljährlichen StadtRadeln-Lobhudeleien an den Radverkehr auch nicht ganz so hohl und nach Greenwashing anhören.

(…) Der Wettbewerb bietet eine Gelegenheit, sich von den Vorzügen des Radfahrens überzeugen zu lassen – ohne nervige Parkplatzsuche und vorbei an Staus ist man manchmal, insbesondere bei Kurzstrecken, schneller als mit dem Auto am Ziel. Außerdem wirkt sich die aktive Mobilität positiv auf die Gesundheit aus, verbessert die Luft, reduziert den Lärm und nimmt damit einen wichtigen Baustein für unsere Stadt von morgen ein. (…) Lassen Sie uns erneut möglichst viele Wege mit dem Fahrrad zurücklegen und – ob alleine oder im Team – viele Kilometer sammeln.

Grußwort, Bürgermeister Frank Peter Ullrich wwww.stadtradeln.de, Pressemitteilung Stadt Düren

Ob sich der Bürgermeister diesmal selbst „von den Vorzügen des Radfahrens überzeugen“ lässt, und wieviele Fahrrad-Kilometer er zum StadtRadeln beisteuert, bleibt offen. 🤷🏼‍♂️ Auf jeden Fall ließ er es sich nicht nehmen, das diesjährige StadtRadeln persönlich zu eröffnen.

Diesmal startete das StadtRadeln etwas schmucklos. Gab es im vergangenen Jahr noch einen Reparatur-Pavillon, den das Team Nachhaltige Mobilität der Stadt Düren in Kooperation mit dem Dürener Sozialrad mitten in der Fußgängerzone auf die Beine gestellt hatte, gesellte man sich diesmal einfach zu einem der Pedelec-Sicherheitstrainings, die die Polizei regelmäßig anbietet, dazu.

Ob der Bürgermeister mit dem Auto oder mit dem Fahrrad zum Presse-Foto auf dem Annakirmesplatz gefahren ist, bleibt ebenfalls vorerst unbeantwortet.


Trotz alledem bin auch ich wieder beim Stadtradeln dabei. So wie immer – auch außerhalb der drei Wochen Franchising-Klimbim „StadtRadeln“.


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