Auf ein Neues!

Alle, die in Düren Fahrrad fahren, kennen diese Situation: Man fährt auf einem sogenannten „Schutzstreifen“ und wird mit nur wenigen Zentimetern Abstand von einem Pkw oder Lkw überholt.

Vorgeschrieben sind 1.5m Abstand innerorts – Kinder dürfen nur mit mindestens 2m Abstand überholt werden.



Obwohl solche Szenen tagtäglich wahrscheinlich hunderte Male stattfinden und es in den vergangenen Jahren bereits zu verschiedenen Unfällen aufgrund zu geringer Überholabstände gekommen ist, wurden erst Anfang Juli vergangenen Jahres zum ersten Mal überhaupt Kontrollen von Überholabständen durchgeführt.

Vorher war dies angeblich nicht möglich, weil der Polizei (angeblich) rechtssichere Methoden zur Messung der Abstände fehlten – anders als den Polizeien in anderen deutschen Städten, die schon längst entsprechende Kontrollen durchführten…

Doch die Aktion im Juli 2024 war eine Eintagsfliege. Noch am gleichen Tag, als damit begonnen wurde, wurden die Kontrollen wieder eingestellt und ersatzlos gestrichen. Und das, obwohl die Polizei sowieso keine Knöllchen verteilte, sondern nur verkehrspädagogische Gespräche mit den Abstände missachtenden Autofahrern führte. Die Frage danach, wieso nicht wenigstens diese fortgeführt werden konnten, blieb leider unbeantwortet.

Pink bringt´s!

Offenbar lag das Rechtsunsicherheit schaffende Problem damals darin, dass die Markierungen, die die Polizei auf die Straße aufgetragen hatte, weiß waren – genau wie die, die (beispielsweise) von der Polizei Hamm genutzt wurden. In Düren scheint es andere rechtliche Vorschriften zu geben als in Hamm und anderen deutschen Städten.


Abstandskontrolle Juli 2024 mit weißen Markierungen

Mit Deutschland-Tempo wurde nach neuen Möglichkeiten gesucht, die Abstandskontrollen endlich rechtssicher gestalten zu können. Mit Erfolg! Nach nur 11 Monaten intensiver Beschäftigung mit dem Thema *hüstel*, wurde das neue Verfahren auf der Valencienner Straße angewendet. Es handelt sich dabei nicht um spezielle Kameras oder frisch geeichte High-Tech-Abstandsmessgeräte mit Ultraschall-Sensor, sondern… *Tusch!*

Pinke Farbe!


Pink statt weiß: Abstandskontrolle Juni 2025

Die Frage, weshalb es fast ein Jahr gedauert hat, bis nach der Einmal-Aktion im Juli 2024 endlich wieder Kontrollen stattfinden, bleibt leider unbeantwortet. Bereits im Dezember 2024 schrieb mir das zuständige Fachamt: „Hinsichtlich der Kontrollen hat bereits im November eine Klärung zwischen Bezirksregierung, Kreis, Stadt und Polizei stattgefunden, so dass die Kontrollen wieder aufgenommen werden können.“ Ein weiteres halbes Jahr lang geschah… Nichts!

Immerhin wurde die Frage nach der Erteilung von Bußgeldern (statt nur verkehrspädagogischen Ansprachen der Pkw-Chaoten) – also die Frage nach der Rechtssicherheit der Messmethode, beantwortet. „Das Verfahren ist mit der Bußgeldstelle und den Amtsgerichten abgesprochen, so dass ich von einer Rechtssicherheit ausgehe. Im Zweifel wäre das gerichtlich zu klären, wenn ein Betroffener Einspruch einlegen würde“, teilte mir die Polizei mit. Die festgestellten Verstöße würden nun anhand des bundeseinheitlichen Tatbestandskatalogs geahndet, heißt es.

Nun denn…

Dass bei der neuerlichen Kontroll-Aktion kein einziger Überholabstandsverstoß festgestellt wurde, muss einen nicht verwundern. Schließlich wurde die Kontrolle an einer Stelle durchgeführt, die über einen einigermaßen breiten „Schutzstreifen“ verfügt und die pinken Balken inklusive mit Kamera an der Straße stehenden Polizeibeamten so auffällig sind, dass selbst der rücksichtsloseste und schlechteste Autofahrer da irgend etwas wittern musste.


Nicht kontrolliert und geahndet: Pkw-Chaot befährt „Schutzstreifen“…

…und Gehweg, um ein paar Sekunden bis zum nächsten Parkplatz einzusparen.

Der Mob tobt!

Weniger überraschend als die innovative, Rechtssicherheit schaffende pinke Farbe sind die Kommentare, die der Dürener Hatebook-Mob für die Abstandskontrollen übrig hat. Kaum wird mal zaghaft versucht, ein wenig mehr Sicherheit bspw. für Rad fahrende Kinder herzustellen, echauffiert sich der Radfahrer hassende Pöbel über die zum Himmel schreiende Ungerechtigkeit solcher Kontrollen.

Das beliebteste „Argument“ dabei ist der Whataboutism „Aber die Radfahrer…“. Diese würden ja angeblich niemals auch nur irgendwie kontrolliert, obwohl sie ja alle ständig und überall sämtliche Verkehrsregeln missachten! Lang lebe das Klischee der Fahrrad-Chaoten, die mit ihren brutal (nicht-)motorisierten Todes-Karossen auf ständiger Amok-Fahrt durch Düren unterwegs sind, um arme, rechtstreue Autofahrer und Fußgänger zu gefährden. Dass weder die offizielle Unfallstatistik, noch der gesunde Menschenverstand dafür sprechen, dass sich Radfahrer in der Regel aufgrund ihres nicht vorhandenen Blech-Panzers eben nicht (selbstgefährdend) wie die allgegenwärtigen Pkw-Chaoten aufführen, spielt natürlich keine Rolle. Die eigentlichen Bösewichte sind in den Mindsets der Autoabhängigen schnell und eindeutig identifiziert. Was neben Whataboutisms und Zurschaustellung gänzlicher StVO-Unkenntnis und -Ignoranz natürlich auch nicht fehlen darf, sind die obligatorischen Forderungen nach Fahrrad-Steuer, Kennzeichen- und Helm-Pflicht für Radfahrer. 🥱 Seltsamerweise wird keine Forderung nach wenigstens rudimentärer Einhaltung der deutschen Rechtschreibung und Grammatik erhoben. 🥳

Und überhaupt: Verkehrssicherheit darf doch keine Rolle spielen! Erst recht nicht für bescheuerte Radfahrer! Das sind alles schlechte, minderwertige Menschen. Und schließlich ist es laut StVO und städtischen Verkehrskonzepten (Dinge, die der Dürener Auto-Pöbel offensichtlich bestens kennt und verinnerlicht hat 🥳) sowieso oberstes und alleiniges Ziel, dass Autofahrer möglichst schnell und stressfrei durch die City cruisen können. Ohne Rücksicht auf Verluste! Koste es, was es wolle!




Wie gehtˋs weiter?

Hoffentlich mit regelmäßigen Kontrollen an all den unzähligen Stellen, wo dank jahrelangem politischem Nichtstun notorisch viel zu eng überholt wird:

  • Aachener Straße
  • August-Klotz-Straße
  • Philippstraße
  • Schenkelstraße
  • Nord- und Zollhausstraße
  • Alte und Neue Jülicher Straße
  • Oberstraße
  • Hohenzollernstraße
  • Kölnstraße
  • Rütger-von-Scheven-Straße
  • Stürtzstraße



Mehr zum Thema