Da die Informationsbeschaffung bei der städtischen Verwaltung bzw. den städtischen Ämtern manchmal etwas mühsam ist – um es mal politisch korrekt auszudrücken und nicht schreiben zu müssen, dass Emails (bspw. wenn man sich als Radfahrer an den „Fahrradbeauftragten“ der Stadt wendet) einfach nicht beantwortet werden, habe ich in Ermangelung anderer Möglichkeiten (ich gehöre nicht zum Dürener Klüngel) mal versucht, es so zu machen wie die Ämter: Mit irgendwelchen Vorschriften und Gesetzen antanzen. Und siehe da: Es funktioniert. Zumindest teilweise…

Am 13. August hatte ich also einen Antrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz gestellt, der die angeschriebene Stelle zumindest verpflichtet, sich mit diesem Antrag zu beschäftigen und die Anfrage zu beantworten. Und schwupps – vier Stunden später war die Eingangsbestätigung da! Das hatte ich bis dato so noch nie erlebt…

Na gut, bis zur letztendlichen, inhaltlichen Rückmeldung hat es dann doch zwei Monate gedauert, aber das ist selbstredend ganz allein der blöde Virus schuld! Der war mir irgendwie total entgangen. Hab ich gar nicht mitbekommen, dass da irgendwas war…

Zum Glück war die Ordnungsamtsleitung so freundlich, mich in einer Email am 20. Oktober darauf hinzuweisen, sonst wäre die Pandemie tatsächlich komplett an mir vorbeigegangen.

Sicherlich ist es Ihnen entgangen, dass das Amt für Recht und Ordnung im Jahr 2020 nicht nur die Corona-Pandemie zu bewältigen hatte, sondern auch den verunglückten Bußgeldkatalog ausbaden musste.

Mail vom Ordnungsamt, 20.10.2020

Ach ja, stimmt. Da war doch noch irgendwas mit der StVO-Novellierung und dem „verunglückten“ *LOL* Bußgeldkatalog… Das habe ich auch gar nicht mitbekommen. Puuh, also wenn das Ordnungsamt mit seinen Remindern nicht wäre, würde ich echt komplett blind durch die Gegend laufen. (Bei der Novellierung scheint sich übrigens gerade ein Kompromiss abzuzeichnen.) Vielen Dank also für diese „freundliche Erinnerung“ – ganz ohne rhetorisch geschickt vesteckten Seitenhieb ob der extremen Mehrbelastung durch meinen unverschämten Antrag in Pandemie- und cSU-Idiotie-Zeiten! Ich versuche mich da zukünftig etwas zurückzuhalten mit meinem bürgerschaftlichen Engagement. Ist ja offensichtlich nicht erwünscht. Obwohl: Die Bürgernähe des Amtes (Bezahlungspflichtiger Artikel) ist wohl einfach nur eine Frage der Perspektive.

Zusätzlich ist uns die Bürgernähe ganz wichtig, aber die ist meiner Meinung nach da. Sowohl der Städtische Ordnungsdienst als auch die Überwachungskräfte sind nah an den Bürgern dran. Obwohl sie auch keinen einfachen Job haben, da muss ich meinen Respekt zollen, aber das läuft schon gut.

Simone Warawko, Leiterin Ordnungsamt, Dürener Nachrichten, 04.01.2019
Screenshot Google-Suchanfrage, 01.11.2020

Anyway… Obwohl man meinem Auskunftsersuchen in Teilen dann doch nicht entsprochen hat, hat man sich (trotz Corona und beScheuerter Nicht-oder-doch-oder-besser-nicht-Novellierung der StVO) enorm Mühe gegeben, auf mein Anliegen einzugehen: Mir wurde eine Dienstanweisung gesendet (siehe unten) sowie eine Liste…

(…) die wir durch ´einfachen´ Knopfdruck bzw. mit relativ geringem Zeitaufwand (2 Std. Zeitaufwand) aus unserer Datenbank abrufen können.

Teil der Antwort A des Ordnungsamtes auf meinen Antrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz, 13.10.2020

Vielen Dank dafür! Keine Ahnung, mit welchen Verwaltungsprogrammen das Ordnungsamt so arbeitet. Die scheinen jetzt nicht gerade besonders anwenderInnenfreundlich zu sein, wenn ich mir das Ergebnis dieser zweistündigen Arbeit anschaue. (Oder die AnwenderInnen sind halt nicht so fit in DV, wer weiß…) Der Versuch, mir ein schlechtes Gewissen zu machen ob meiner Bürgerbeteiligung, ging leider dennoch schief.

Zwei Stunden Arbeit für eine Liste mit Daten, die im Verwaltungs-System stecken, Bearbeitungszeit: zwei Monate! Inklusive „nettem“ Verweis auf meine Unkenntnis der Corona-Pandemie-Mehrarbeit des Ordnungsamtes! *LOL*

Dass mir die Daten nicht viel bringen, weil sich durch diese kein vernünftiger Zusammenhang zwischen Ordnungswidrigkeitenart und entsprechenden Maßnahmen des Amtes herstellen lässt – geschenkt!

Insbesondere fehlt mir das Wort „Abschleppen“, um das es mir bei meiner Anfrage eigentlich ging, gänzlich. Auf all den Seiten inkl. Dienstanweisung taucht „Abschleppen“ nirgendwo auf. Genau wie in der Realität. Besteht da ein Zusammenhang? Angeblich schließt die Dienstanweisung Abschleppen nicht aus, aber wäre es nicht mal sinnvoll, zu definieren wann Abschleppen angesagt (bzw. sogar vorgeschrieben) ist? Dies lässt man anscheinend lieber „im pflichtgemäßen Ermessen“ der Mitarbeitenden. Ist ja auch grundsätzlich OK – aber wo sind die handfesten Kriterien, auf deren Basis sich „pflichtgemäßes Ermessen“ in tatsächliches Handeln/Nicht-Handeln umsetzen lässt?

(…) Zu Teil 2 Ihrer Anfrage kann ich Ihnen bereits jetzt mitteilen, dass wir keine Anweisungen haben, die sich auf das Opportunitätsprinzip beziehen, denn dieses ergibt sich aus dem Gesetz.

Gem. § 47 OWiG liegt die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten im pflichtgemäßen Ermessen der Verfolgungsbehörde. Solange das Verfahren bei ihr anhängig ist, kann sie es einstellen.

Dabei sind stets sämtliche Umstände des Einzelfalles in die Betrachtung einzubeziehen. (…)

Mail vom Ordnungsamt, 13.08.2020

Ich find´s ja grundsätzlich gut, seinen Mitarbeitenden möglichst viele Freiheiten zu lassen. Wenn dies allerdings in der Regel, als Maxime, zum Nicht-Handeln (Nicht-Abschleppenlassen) führt, dann würde ich mir doch ein wenig mehr „Leitung“ bzw. Leitungsverantwortung wünschen, die bspw. durch eine Aktualisierung einer total veralteten Dienstanweisung auch die eigenen Mitarbeitenden in ihrer „Entscheidungsfindung“ bspw. bei der Auslegung des Opportunitätsprinzips unterstützen könnte. Aber das ist ja irgendwo schon gesetzlich geregelt, da bedarf es keiner Konkretisierung für die eigenen Leute.


Teil der Antwort A des Ordnungsamtes auf meinen Antrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz, 13.10.2020

Genauso lange hat es übrigens gedauert, mir die angeforderte Dienstanweisung zuzusenden: zwei Monate für ein Dokument! Wenigstens hält sich das Ordnungsamt an die Geschwindigkeitsbegrenzungen in der City. *Zwinkersmiley*

Wahrscheinlich musste da eine Beamtete/r auch ganz ganz tief ins Stadtarchiv steigen, um die „aktuelle“ Dienstanweisung aus irgendeiner Schublade zu fischen. Was mir dann zugeschickt wurde, ließ mich dennoch ein wenig schmunzeln:



Moment, lese ich das richtig? Die „aktuelle“ Dienstanweisung des Ordnungsamtes ist auf den 18. Mai 1982 datiert? Okay… Oha , da ist ja noch eine Fußnote:


Erste und einzige Aktualisierung der „aktuellen“ Dienstanweisung von 1982.

Der „aktuelle“ Stand ist also Juli 1997. Na dann… Ist zwar nicht nachvollziehbar, was vor 23 Jahren in der 38 Jahre alten Dienstanweisung geändert wurde (Dokumentenmanagement?), aber mich umschleicht sofort das wohlige Gefühl, dass sich jemand kümmert und solche Dinge regelmäßig (alle 20-30 Jahre) aktualisiert. So kann ich mir doch endlich sicher sein, dass die Grundlagen der Ordnungsamtsarbeit ständig und hoch-aktuell den sich über Jahrzehnte nur in homöopathischen Dosen verändernden Verkehrsverhältnissen angepasst werden.

Toll!


Fortsetzung folgt…