Na endlich!

Lange keinen Leserbrief oder Petitionsaufruf des Verkehrsplanungsbüros Hess (Spezialisierung: Umgehungsstraßen) gelesen. 😉 Jetzt ist es endlich so weit. Die Autofahrer haben mal wieder (niemals selbstverschuldete) Probleme und benötigen dringend lobbyistische Unterstützung!

Denn es staut sich rund um den Knotenpunkt B56/B56n – just dort wo das Familienunternehmen seinen Sitz hat. Autsch! Da muss was getan werden! Sofort!

Entweder total leer oder total verstopft: Der Knotenpunkt B56alt/B56neu.
Für Radfahrer mindestens genauso schlecht wie vorher.

Schade eigentlich, dass dies so ein „Ärgernis“ (für Motorisierte) ist, denn sehr gerne hätte ich den „sehr ironischen Brief“ des Motorsportlers und Ex-CDU-Verkehrspolitikers gelesen. Nun denn. Vollkommen ironiefrei:

Eberhard Hess aus Düren schreibt zum Stau auf der B56n:

Wäre es nicht ein Ärgernis, würde ich nun über diese negative Situation einen sehr ironischen Brief verfassen. Als ich vor circa drei Jahren die Pläne/Zeichnungen von diesen Knotenpunkten an der Schoellerstraße, der Brückenstraße und auch der Kölner Landstraße damals von Herrn Wingels gezeigt bekam, wollte ich mich öffentlich dazu äußern. Dies wurde mir verwehrt, nein gebeten, nichts zu sagen/schreiben, „weil dann die fertigen Planungen geändert werden müssen und die Baumaßnahme nochmal verschoben würde“. Leider habe ich diesen „merkwürdigen“ Rat befolgt.

Wer, wie ich, diese Baumaßnahme seit circa 50 Jahren verfolgt, kann die verschiedenen Fehlplanungen nicht mehr verstehen.

Dieser, noch nicht endgültig gebaute Knotenpunkt an der Einmündung Schoellerstraße und Arnoldsweiler Weg, ist miserabel. Es ist nur eine Zeitfrage, wann es dort den richtigen Unfall gibt.

Wer mit einem LKW von der A4 nach Düren kommt und nicht ortskundig ist, hat nur Glück, wenn er die scharfe Rechtskurve unfallfrei durchfährt. Der nun täglich zu mehreren Tageszeiten zu beobachtende Rückstau in der Schoellerstraße zum Teil bis hin zur Einmündung Brückenstraße ist massiv störend. Auch stauen sich die Fahrzeuge in der Eisenbahnstraße. Jetzt auf die Lernfähigkeit der Verkehrsteilnehmer zu warten, ist skandalös. Wozu gibt es die sogenannten Experten und Verkehrsplaner, wenn sie diese logische Situation nicht bei ihren Planungen berücksichtigen können? Unzählige Verkehrszählungen sind erfolgt und teure Planungsbüros eingeschaltet worden!

Es sind 50 Jahre vergangen, bis Düren nun endlich eine Nord-Ost-Umgehung hat. Muss es nun noch Monate dauern, bis sie funktioniert? Und die Qualität der Fahrbahnflächen ist miserabel, aber vom Steuerzahler mit viel Geld bezahlt worden! Die technische Abnahme der Straße fand sicher auch „durch und mit Experten“ statt. Es ist bemerkenswert, dass sich die Politiker dieser alle so ruhig verhalten… Ist es Scham/Blamage oder eigene Unfähigkeit?

Leserbrief, Dürener Nachrichten, 18.06.2021
(Anm.: Hervorhebungen von mir.)
Effektive 1.5m-Abstand-Kampagne am Autobahnzubringer. Jetzt, wo es sich da andauernd staut, werden die Schilder vielleicht sogar auch mal von Autofahrern wahrgenommen. Toll!

Wow! Dass es auch in Düren heftig klüngelt, ist jetzt nicht unbedingt neu, aber dass ein „Insider“ mal öffentlich beschreibt, welchen Einfluss er ganz alleine auf die städtische Verwaltung und deren Verkehrsplanung hat(te), ist doch ziemlich erstaunlich. Das grenzt ja schon an Whistleblowing! *Zwinkersmiley*

Ich verstehe das doch richtig, oder:
Während Bürgerinitiativen, Verbände, Anwohner und Betroffene oftmals vergebliche Windmühlenkämpfe gegen Verwaltungen und Lokalpolitik führen, reicht ein Wort, eine öffentliche Äußerung eines Einzelnen, um ganze Planfeststellungsverfahren in Frage zu stellen?

Okay…

Und all die B56n-Probleme, die wir heute haben, waren dem Master-Planer sowie den Ämtern damals schon bekannt? Man hat sie trotzdem einfach umgesetzt und lieber nicht öffentlich kommuniziert – um die Wahnsinns-Geschwindigkeit des B56n-Prozesses nicht zu gefährden (50+X Jahre)? Und wundert bzw. ärgert sich heute darüber?
Okay…

Da kann einem das *Zwinkersmiley* ein wenig im Halse stecken bleiben. Und man kann sich die Frage stellen, wer denn eigentlich Politik&Planung macht bei uns?

😉

Ein Funken Hoffnung

Zugegeben: Die Windmühlenkämpfe der Zivilgesellschaft scheinen nicht immer vollkommen vergebens zu sein. Und die Radfahrer-Lobby ist auch ziemlich aktiv. Manchmal besteht noch Hoffnung. Vielleicht sogar bei der B56n?

So war unlängst in der Zeitung zu lesen, dass MdB Dietmar Nietan (SPD) „gute Chancen für mehr Fahrradfreundlichkeit“ sieht (Paywall). Dies bezieht er einerseits auf mögliche nachträgliche Verbesserungen an der B56n selbst, aber insbesondere auch auf zukünftige Verkehrs-Planungen, die er sich offensichtlich „niederländischer“ wünscht. Sehr gut!

Symbolbild

Nach einem Gespräch mit Vertretern der AG Pro-Rad will sich der SPD-Bundestagsabgeordnete Dietmar Nietan für nachträgliche Verbesserungen für den Fahrradverkehr entlang der neuen Ostumgehung/B56n einsetzen.

Es gehe nicht darum, das Auto gegen das Rad auszuspielen, betont Nietan, sondern darum, die Sensibilität für das Verkehrsmittel Fahrrad zu erhöhen. „Wenn der Stadtrat und die Abgeordneten Dürens in Land und Bund geschlossen gegenüber dem Bundesverkehrsministerium auftreten und nachträgliche Verbesserungen aus Bundesmitteln einfordern, lässt sich vielleicht etwas bewegen“, zeigt sich Nietan zuversichtlich.

Denkbar sei eine Finanzierung als Modellprojekt oder auch im Rahmen der sogenannten Kostenfortschreibung, so der Abgeordnete. Deshalb wollen Nietan und Pro-Rad alle politischen Vertreter zeitnah an einen Tisch holen.

Nietan sieht gute Chancen für mehr Fahrradfreundlichkeit
Dürener Nachrichten (Paywall), 17. Juni 2021

Geht da also doch noch was bzgl. B56n? Schließlich wurden ja mal eben ganze Radverbindungen wie die nach Girbelsrath gekappt und für Fuß und Rad sehr gefährliche und extrem unkomfortable Kreuzungen nur noch verschlimmbessert. Die ganze Ecke Schoellerstraße/Brückenstraße/Eisenbahnstraße inkl. neuem Tunnel ist ein Paradebeispiel dafür.

Fuß- und Radverkehr teilt sich…
einen höchst einladenden Schmalspur-Tunnel. Hat den ein Niederländer designt?
Auch nach dem Umbau dürfen sich Rad- und Fußverkehr über die beliebten Bettel-Ampeln freuen.

Das Beispiel B56n zeige, erklärt Nietan, dass in Zukunft ein generelles Umdenken bei der Verkehrsplanung stattfinden müsse. Auch das will er mit der konzertierten Aktion erreichen.

Das Beispiel Niederlande zeige, dass es möglich sei, die Interessen von Radfahrern und Autofahrern gleichermaßen zu berücksichtigen und mit gezielten Maßnahmen mehr Verkehrsteilnehmer fürs Rad zu begeistern.

Nietan sieht gute Chancen für mehr Fahrradfreundlichkeit“, Dürener Nachrichten (Paywall), 17. Juni 2021

Quo vadis, B399n?

Aha! Was bedeutet das alles beispielsweise für die hoch aktuelle bzw. uralte B399n-Planung? Doch wohl nicht: Wird durchgezogen, wie vor Jahrzehnten geplant!?

Quo vadis, B399n?
Wer B56n sagt, muss nämlich auch B399n sagen. Oder?
Lange nichts mehr gehört von der „Nordumgehung“…

Heißt es jetzt: B399n nach niederländischen Kriterien!?

Mr. B399n-Altplanung (Sohn von Mr. B56n-Fehlplanung) hat seine diesbezügliche Petition wieder aus dem Netz genommen. War wohl nix mit großer Stimmungsmache.

Für den sofortigen Bau der B399n nach Uralt-Planung!
Die letzte Petition des Verkehrsplanungsbüros Hess lief ziemlich ins Leere und wurde dann kommentarlos aus dem Internetz entfernt.

Und nun?

Das Abnicken der anachronistischen Verkehrsplanung wäre die maximale Kapitulation der Politik. Und der Verwaltung.

Nicht nur Herr Wingels hat versprochen, aus den offensichtlichen B56n-Fehlplanungen zu lernen – und dabei spreche ich nicht von den o.g. Pkw- und Lkw-Problemen, sondern von Fuß- und Radverkehr-Fehlplanungen, die ja noch oben drauf kommen.

Von denen liest man beim Dürener Automobilisten Nr. 1 natürlich nichts. Auch nicht in weiteren seiner vielen Leserbriefe. In denen lässt er sich lieber über maximal böswillige Fahrradfahrer aus und schießt gegen Aktionen wie „In die Stadt ohne mein Auto“ etc..

Also? Soll sich das jetzt alles bei der B399n wiederholen oder steht die Politik zu ihrem Wort, die alte Planung nochmal – ergebnisoffen – komplett neu aufzurollen? Siehe aktueller Koalitionsvertrag.

Kommt jetzt etwa auch der Radschnellweg RS399 wieder neu ins Spiel? Jetzt, wo das Klimaschutz-Teilkonzepr „konsequent“ umgesetzt werden soll?
Quelle Screenshot: Klimaschutz-Teikonzept, Stadt Düren (Seite 94).

Übrigens…

Die AGFS (die Typen, die quasi den von der Stadt Düren begehrten Titel „Fahrradfreundliche Stadt“ vergeben) hat gerade ihre Broschüre „Querungsstellen für die Nahmobilität – Hinweise für den Rad- und Fußverkehr“ aktualisiert. Wäre die was für die Überarbeitungen der B56n-Fehlplanungen? Die Stadt plant ja bereits seit dem Klimaschutz-Teilkonzept „Klimafreundliche Mobilität“ AGFS-Mitglied zu werden und will nun auch noch „fahrradfreundlich“ heißen. Also dann…


Abschließend noch etwas Philosophisches von den Organisatoren der Dürener Autoschau: Die funktionale Erweiterung des Autos bzw. des Autofahrerkörpers durch das Auto als (TUSCH!!!) Kommunikationsmittel!

„Das Auto hat an Stellenwert verloren“, muss Ferebauer feststellen. Eine besondere Herausforderung der Automobilbranche dürfte also darin liegen, das Image wieder zu verbessern und junge Menschen für das Auto zu begeistern.

„Es geht heute nicht mehr nur um das Auto als Fortbewegungsmittel, sondern auch um das Auto als Kommunikationsgegenstand, der stark im digitalen Wandel steht“, ist sich Herten sicher. Und genau darin sieht er auch eine große Chance, junge Menschen wieder stärker für das Auto zu begeistern.

„Die Innenstadt wird zum großen Parkplatz“, Dürener Nachrichten, 18.8.2016
Die Innenstadt ein großer Parkplatz? Ist/war sie das nicht längst?

Das wird bestimmt wieder echte automobile Begeisterung bei unserer digital- und FridaysForFuture-affinen Jugend auslösen! Toll! So innovativ, damals schon…

Da kann man sich doch wieder ganz gemütlich und tiefenentspannt zurücklehnen und ein bisschen verkehrspolitisch chillen – in der festen Überzeugung, dass unsere hoch innovative und maximal ehrliche sowie unkorrumpierbare und höchst integre Auto-Industrie und -Lobby mal wieder all die passenden Lösungen für all die von ihnen erzeugten Problemchen finden wird. Oder schon längst parat hat. No worries, mates! 😉


Fortsetzung folgt… (hoffentlich nicht!)