Drei Wochen nachdem sich die Dürener sPD in ihrem Antrag “Parkplatzsituation in der Behringstraße und allgemein im Umfeld des St. Marien – Hospitals” darüber beklagte, es gäbe zu wenige Parkplätze (für Anwohner) in der Behringstraße, wurde ein neunjähriges Mädchen von einem Autofahrer verletzt, als es die Behringstraße betrat.

Die Behringstraße sicher zu überqueren ist kein leichtes Unterfangen. Erst recht nicht für eine Neunjährige. Selbst unter der Annahme nicht, die Autofahrer würden sich an die Regeln halten: “Wer ein Fahrzeug führt, muss sich gegenüber Kindern, hilfsbedürftigen und älteren Menschen, insbesondere durch Verminderung der Fahrgeschwindigkeit und durch Bremsbereitschaft, so verhalten, dass eine Gefährdung dieser Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist.” (§3, StVO).


Kinder-Perspektive: Nur mal schnell rüber laufen…

Nähme man die Straßenverkehrsordnung wirklich ernst, hieße das nicht weniger und nicht mehr als Schrittgeschwindigkeit in der Behringstraße!. Denn die gesamte Straße ist weitgehend mit Parkmöglichkeiten für Pkw zugepflastert. Es gibt kaum Stellen, an denen man sich nicht zwischen parkenden Autos hindurch auf die Straße quetschen muss, wenn man rüber will. Falschparker erledigen den Rest und sorgen zuverlässig dafür, dass das auch für die Kreuzungsbereiche gilt. Unter solchen Bedingungen müssten (wir) Autofahrer ständig damit rechnen, dass ein Kind zwischen den Autos auftaucht und auf die Straße tritt.

Das, was Verkehrswissenschuaft und Regelwerke “Sichtbeziehung” nennen, ist so gut wie nicht vorhanden. Für Kinder, Rollifahrer usw. schon mal gar nicht. Da muss man schon SUV fahren, um gesehen zu werden oder Andere sehen zu können. Das könnte allerdings auch eine Chance, wenn nicht sogar die Problemlösung sein: Mehr SUV = mehr Sicherheit für alle (SUV-Fahrer)!



Von “Parkplätzen” zu sprechen ist hier eigentlich ziemlich irreführend, denn es handelt sich ja schon ganz offensichtlich gar nicht um Flächen, die als “Parkraum” gedacht sind, sondern größtenteils um das, was mal ein Bürgersteig war – oder ein Stück Fahrbahn. Es gab mal Zeiten, da spielten die anwohnenden Kinder hier noch auf der Straße. Die sogenannten “Gehwege” sind dank des Schilderwaldes, der überall herumstehende Autos erlaubt, ebenso verschwunden wie die auf der Straße spielenden Kinder. Vom Platzhengst Pkw verschluckt. Wenn es um Parkplätze geht, tritt alles andere in den Hintergrund und selbst geltende Regelwerke verlieren jegliche praktische Relevanz. Siehe auch hier.

Dank geliebter und gelebter Motonormativity scheint uns das gar nicht aufzufallen oder irgendwie zu kümmern. Ist halt so. Dass die “Sozial”-Demokraten auf der Behringstraße “zu wenige Parkplätze” identifizieren, aber kein Wort über die Verhältnisse für den Fuß- und Radverkehr verlieren, ist angesichts der eigentlichen und offensichtlichsten Verkehrsprobleme ziemlich bezeichnend. Aber auch nicht weiter überraschend…

Rufen wir uns dazu nochmal eben in Erinnerung, dass wir ein Stadtteilentwicklungskonzept beschlossen haben, das (angeblich) den Handlungsrahmen u.a. für verkehrspolitische Maßnahmen im Stadtteil absteckt. Lest mal rein, ist ziemlich interessant, wie sich unser Dorf/Stadtteil/Dings verkehrlich entwickeln soll. Da stehen ganz viele tolle Sachen drin. Ich mag ja Science Fiction. Von “zu wenig Parkplätzen” ist allerdings nirgendwo zu lesen…

Ganz im Gegenteil: Die (oftmals rechtswidrigen!) Parkflächen, die an allen möglichen und unmöglichen Stellen fast flächendeckend eingerichtet wurden, machen den Rest der sogenannten “Gehwege” zur Farce und lassen unseren Stadtteil wie einen öffentlichen Autohof erscheinen. Unter anderem deshalb wurde ja unser Stadtteilentwicklungskonzept erstellt. Stichworte: Sicherheit, Barrierefreiheit, Lebens- und Aufenthaltsqualität, Lärm- und Sonstwas-Emissionen, Gleichberechtigung der Verkehrsarten, blablabla.



Wie asozial ungleich und zu wessen Gunsten und Lasten der öffentliche Raum im Dorf verteilt ist, hat uns die Machbarkeitsstudie und Öffentlichkeitsbeteiligung zur Neuordnung und Umgestaltung des Straßenraumes von Nord- und Zollhausstraße zwischen Hovener Straße und Veldener Straße in Düren Birkesdorf (MuÖzNuUdSvNuZzHSuVSiDB) nochmals bestätigt: Rund Dreiviertel der Parkstände entlang Zollhaus- und Nordstraße sind regelwidrig und führen zu übelsten Bedingungen für Alle!


Siehe auch den Grundsatzbeschluss zur Umgestaltung von Nord- und Zollhausstraße.


Mitten in diese Verkehrs-Kakophonie hinein kommt nun also der Antrag der SPD, auf einem Teil der Behringstraße das Kurzzeit-Parken zu verbieten, damit Anwohner (wie ich, der um die Ecke wohnt) mehr Platz für das durchschnittlich 23-stündige Abstellen ihres (unseres) Stehzeugs im öffentlichen Raum haben.


Ergebnisoffenheitsversprechen!

Naja, könnte man (als Anwohner wie ich) meinen, ist doch schön, dass sich die Sozen dafür einsetzen, dass wir stets alle immer direkt vor unserer eigenen Haustür parken können – sogar bei ständig steigenden Zulassungszahlen von immer größer werdenden Autos. Dafür lassen sich garantiert auch leicht stabile Mehrheiten in allen möglichen Gremien finden – parteiübergreifend. Wird sofort umgesetzt. Wahrscheinlich wächst das Dorf in den verkehrspolitischen Gedankenwelten der “Realpolitik” mit dem steigenden “Bedarf” einfach mit. Friede, Freude, Parkplatzsuche!



Was einem allerdings doch ein wenig zu denken geben sollte, ist der oben bereits erwähnte Hinweis darauf, dass bei all den Gedanken, die man sich über die Bedürfnisse beim Abstellen von Stehzeugen macht, Gehwege gar keine Rolle zu spielen scheinen. Von sicherem Radverkehr mal ganz zu schweigen. Hängt das nicht irgendwie alles miteinander zusammen? Kann man überhaupt über das Eine sprechen, ohne das Andere mitzudenken? Immerhin spielt der ÖPNV eine gewisse Rolle im sPD-Antrag. Wow!

Vielleicht auch nicht ganz nebensächlich: Anlässlich des aktuellen €DU-Antrags zur Verlegung der Birkesdorfer Rad-Vorrangroute distanzierte sich die sPD (die Koalition Zukunft) im Verkehrsausschuss (MUK) schon mal präventiv ein wenig von der Idee, den Radverkehr vorrangig auf einer “Hauptachse” zu führen. Mal sehen, wohin das noch führt.

Ergebnisoffen” wird wohl auch jede einzelne Rad-Vorrangroute, die da in den nächsten 10-15 Jahren noch kommen soll, beraten.

So ergebnisoffen, wie unser zentrales städtisches Verkehrskonzept seit 2016 umgesetzt wird?

Ergebnisoffen beschreibt wohl auch die Umsetzung des Koalitionsvertrags bis 2025 ganz treffend.

Ergebnisoffen wird wohl auch unser integriertes Stadtteilentwicklungskonzept für Birkesdorf umgesetzt – oder nicht.

Politische Ziele sind nicht da, um erreicht zu werden, Beschlüsse nicht dafür gemacht worden, umgesetzt zu werden. Alles muss immer wieder und immer weiter “ergebnisoffen” und gerne auch “grundsätzlich” diskutiert werden. Bis dann irgendwann mal der für alle Belange des Pkw-Verkehrs bestmögliche “Kompromiss” geklüngelt – äh, gefunden wurde. Wenn wir soweit sind, schauen wir vielleicht mal, was ggf. noch übrig bleibt an Platz für alles, was (leider) kein Autoverkehr ist.



Kommen wir zurück zum turbosozialen sPD-Antrag. Die darauf folgende Stellungnahme der Verwaltung wurde gleichzeitig mit dem Antrag veröffentlicht. Will ich hier nicht im Wortlaut wiedergeben, empfehle ich aber ebenfalls zur Lektüre. Nur so viel:

  • Im Krankenhaus-Parkhaus “ist nach Erkenntnissen des Krankenhauses (hier) bis auf kurze Spitzenzeiten im Rahmen des mittäglichen Schichtwechsels durchweg freier Parkraum vorhanden.” Obwohl einige Stellplätze temporär gesperrt sind. Jede Menge ungenutzter Parkraum außerhalb des kostbaren öffentlichen Raums also.
  • Die Verwaltung weist allerdings (vollkommen zu recht) auf die (längst nicht mehr zeitgemäßen, lächerlich) niedrigen Parkgebühren hin, die das (legale, illegale, scheißegale) Parken im öffentlichen Raum sehr attraktiv machen. Sie schlägt deshalb vor, “die Parkraumbewirtschaftung im Umfeld des Krankenhauses sowohl hinsichtlich der Parkgebühren, als auch hinsichtlich der Abgrenzung Parkschein / Parkscheibe und der Maximaldauer zu hinterfragen und umzustrukturieren.”

Es könnte lustig werden, nun zu beobachten, wie die “Realpolitiker”, die schon seit Langem ein Parkraumkonzept für den Stadtteil fordern, die das ISEK (etc.) umsetzen wollen und sich gerade um die erste Quartiersgarage für´s Dorf kümmern, über die angemessene Bepreisung von Parken im öffentlichen Raums diskutieren werden. Gerade jetzt – nachdem man sich in Utrecht hat inspirieren lassen. Ob es diesmal gelingt, “die Leute mitzunehmen” – bspw. bei der Erhöhung von Parkgebühren, der Umwidmung und Umsiedlung von Parkplätzen… Ich bin gespannt.

Wieviele und welche “verstärkten Beschwerden”, die den sPD-Antrag begründen, es tatsächlich gegeben hat, wird wohl ein Geheimnis bleiben. Zumindest haben die Nachfragen der sehr guten und nicht minder spitzfindigen Partei Die PARTEI kein Licht ins Dunkel gebracht.

Gut informierten Quellen zufolge wurde schlichtweg auf das Protokoll der Bezitksausschussitzung vom 13. März verwiesen. Dort findet man allerdings keine Antworten auf die Fragen der außerparlamentarischen Opposition.

Stattdessen findet man Zahlen des Ordnungsamts, das bei 12 Kontrollgängen 15 Verstöße (1,25 pro Kontrolle) festgestellt hat. Die sPD kommt in ihrem Antrag auf 7-15 Verstöße. Ob sie das auf einen einzigen Kontrollgang, auf exakte Bauchgefühlsmessung über einen achtzehnwöchigen Zeitraum oder was auch immer bezieht, bleibt leider unklar. Woher die Zahlen stammen, wird auch nicht erwähnt.

Es lässt sich also festhalten, dass wir mal wieder die besten Voraussetzungen dafür haben, das große Ziel der Verkehrswende sachlich zu diskutieren und zielgerichtet umzusetzen. *Tusch*

Der Fairnis halber sei in Sachen Behringstraße darauf hingewiesen, dass es die sPD war, die schon Anfang 2021 auf die gefährlichen Verkehrsverhältnisse (für Radfahrer) in der Behringstraße hingewiesen hat. (Gehwege haben schon damals keine Rolle gespielt.) Damals bat sie in ihrem Antrag darum, dass die Verwaltung prüfen möge, ob nicht das neue Verkehrszeichen 277.1 zum Einsatz kommen könne.

Das kam aber nicht. Zu viel Schilderwald und in diesem Fall unverhältnismäßig bzw. unnötig, da eh kein Auto überholen darf/kann, weil die Straße so eng ist, das nie und nimmer 1.5m Sicherheitsabstand eingehalten werden könnte, solange die Radler den normalen (vorgeschriebenen) Abstand zu den überall parkenden Autos einhalten. Und die Motorisierten “sich gegenüber Kindern, hilfsbedürftigen und älteren Menschen, insbesondere durch Verminderung der Fahrgeschwindigkeit und durch Bremsbereitschaft, so verhalten, dass eine Gefährdung dieser Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist.” (§3, StVO)

Unendliche Geschichte(n)

Es bleibt spannend! Nicht zuletzt mit Glaskugel-Blick auf die Kommunalwahlen im kommenden Jahr. So langsam fangen ja alle mal wieder an, ihre “Profile zu schärfen” und auszuloten, wo und wie am besten Wahlvieh-Stimmen abzugreifen sind, welche thematisch heißen Eisen man besser im Stillen abkühlen lässt und so weiter…

By the way. Was ist eigentlich der Stand der Dinge in Sachen Schützenplatz? Muss da auch nochmal “ergebnisoffen” politisch diskutiert werden, bevor Beschlüsse und Wettbewerbsgewinner-Entwürfe umgesetzt werden? In dem (räumlichen) Zusammenhang: Was ist mit dem Postbogen? Kommt da noch was? Irgendwann?

Nach der Weierstraße fragen wir die Koalition Zukunft besser nicht… Aber was ist mit dem Steinweg? Sollten da nicht mal ein paar Parkplätze verschwinden, weil sie zu behindertenfeindlichen Strukturen in der Stadt führen, die sich gerade damit rühmt, den Stadtplan für Menschen mit besonderen Bedürfnissen herausgegeben zu haben?

Es ist wohl mal wieder Zeit für einen kleinen Bürgerantrag. Wenn es einem schon so leicht gemacht wird. Einfach einen (mehr oder weniger x-beliebigen) Original-Antrag nehmen, Wörter wie “Parkplätze”, “Parkdruck” etc. durch Sinnvolleres wie “öffentlicher Raum”, “sichere Gehwege”, “Barrierefreiheit” oder Ähnliches ersetzen.. Schon ist ein Antrag fertig. Da braucht man noch nichtmal ChatGPT & Co bemühen.

Ein Anfang ist schon mal gemacht:

Verstärkt gibt es Beschwerden über zu wenige Parkplätze die Vielzahl an Parkplätzen im öffentlichen Raum, die im Umfeld des St. Marien-Hospitals zu desolaten Verhältnissen für Kinder, Behinderte sowie des gesamten Fuß- und Radverkehrs führen. Eigentlich besteht der gesamte öffentliche Raum des Dorfes nur aus Parkplätzen – so mutet es zumindest an. Besonders betroffen sind nicht nur die Behringstraße, Fritz-Pley-Straße, Effertzgasse und Akazienstraße.

Schlimm genug, dass wir das gesamte Dorf nach wie vor mit größtenteils noch nicht mal den Richtlinien entsprechenden Parkplätzen zugepflastert haben. Irgendwie ist jetzt gar kein Platz mehr da. Noch nicht mal mehr für politischen Handlungsspielraum. Und da haben wir noch gar nicht über die allgegenwärtigen Falschparker geredet…

In der Behringstraße wurden im Bereich zwischen Dorfstraße und Berta-Timmermann-Straße zwischen 7 und 15 (beliebige Zahlen einsetzen, Quellenangabe irrelevant) Fahrzeuge Falschparker gezählt, bei denen weder eine Parkscheibe noch ein Bewohnerparkausweis sichtbar war die ihre (nicht selten pervers überdimensionierten) Parkzeuge regelmäßig stundenlang so abstellen, dass andere Verkehrsteilnehmende “gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt” (§1, StVO) werden.

Vorschlag für eine Empfehlung:

  1. Im Bereich der Bewohnerparkzone L wird in der Behringstraße zwischen Dorfstraße und Berta-Timmermann-Straße das aufgesattelte Gehweg-Parken mit Parkscheibe überall dort aufgehoben, wo es dazu führt, dass Gehwegbreiten unter das vorgeschriebene Mindestmaß reduziert werden.
  2. Die Verwaltung wird gebeten, mit der Krankenhausverwaltung Kontakt aufzunehmen, um Möglichkeiten mit dem Ziel zu erörtern, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Krankenhauses weniger den Parkraum in den umliegenden Straßen nutzen. Ferner sollte angesprochen werden: Kann der Wegfall der Parkplatzfläche zugunsten der Anlage des neuen Hubschrauberlandeplatzes und der Erweiterung des Pflegebildungszentrums komprimiert werden? Gibt es gute Abstellmöglichkeiten für Fahrräder? Können Hinweise auf das Parkhaus verbessert werden? dringlichst ein Parkraum(bewirtschaftungs-)Konzept zu erarbeiten, die Quartiersgaragen-Pläne zu forcieren und dabei stets die zugrunde liegenden Konzepte & Beschlüsse zu berücksichtigen (sowieso). “Um die Verkehrswende in Düren voranzubringen ist es wichtig, über den Tellerrand zu blicken und von den Erfahrungen und Erfolgen Anderer lernen zu können”, stellt der technische Beigeordnete der Stadt vollkommen zu recht fest. Daher werden bei der Umgestaltung des öffentlichen Raums nicht nur die o.g. Beschlüsse berücksichtigt, sondern insbesondere auch die jüngsten Erkenntnisgewinne aus der Exkursion nach Utrechr. So es sie denn gibt.
  3. Die Stadtverwaltung informiert über Politik und Verwaltung stellen sich die Frage, wie die Ausnutzung und Taktung der Buslinie 205 deutlich gesteigert werden kann. Ziel ist der Ausbau echter Alternativangebote zum Kurzstrecken-MIV.
  4. Das Ordnungsamt berichtet über intensiviert seine Kontrollen im Umfeld des Krankenhauses extrem und dehnt diese auch auf nachts aus. Anders ist dem asozialen Falschparken nicht entgegenzuwirken, so lange kein ordentliches Parkraumkonzept umgesetzt wurde.
  5. Bei der Neu-Bemessung der Parkgebühren für Anwohner- und Kurzzeit-Parken werden niederländische Maßstäbe angelegt. Das versteht sich von selbst.
Fiktiver Bürgerantrag in spe auf Basis des sPD-Antrags

Fortsetzung folgt…