„Kleine“ Weierstraße soll Fußgängerzone werden.
„Post-Schleife“ Am Pletzerturm – Kölnstraße soll „anliegerfrei“ werden.
Wenige Tage nachdem verkehrspolitisch Interessierte aus der Zeitung erfuhren, dass die Koalition Zukunft (ohne jegliche Not) schon bei der allerersten „Rad-Vorrangroute“ RVR Valencienner Str. ihren Koalitionsvertrag sowie die Vorgaben des Rad-Vorrangrouten-Konzepts (RVRK) über den Haufen werfen will, kamen die nächsten Innenstadt-Verkehrsprojekte der Zukunftskoalition ans Licht der Öffentlichkeit.
Und die haben es einigermaßen in sich – zumindest für Dürener Verhältnisse und gemessen an den reflexhaften Reaktionen der üblichen Verdächtigen… Erst die Sache mit der Aachener Straße, jetzt das! „So geht es nicht!“ 😉
Siehe eine bebilderte Zusammenfassung der Anträge auf der Website der Grünen.
Wir wollen den Stadtraum zukunftsgerecht neu verteilen. Fußgängerinnen und Radfahrerinnen brauchen mehr Raum.
Koalitionsvertrag Zukunft Düren 2020-2025
Eigentlich erdreistet sich die Zukunftskoalition mit ihren aktuellen Anträgen nur, einen kleinen Teil ihres verkehrspolitischen Programms umzusetzen bzw. endlich damit anzufangen, bisherige Versäumnisse z.B. bei der Umsetzung des Klimaschutzteilkonzeptes aufzuholen.
Dass die üblichen Verdächtigen „postwendend“ ihren Widerspruch & Widerstand gegen mehr Aufenthaltsqualität und komfortable Geh- und Radwege ankündigen, überrascht dabei nicht sonderlich, sondern gehört zur Natur bzw. Ideologie der Dinge.
Überraschend ist vielmehr, dass sich die SPD-geführte Zukunftskoalition nun endlich (zaghaft) an das Thema „PARKPLÄTZE“ heran zu wagen scheint. Wow!
Mindest fast ungefähr genauso beachtlich finde ich, dass man dies tut, ohne überhaupt ein Konzept zu haben – und das obwohl ein Parkraumkonzept doch schon im Masterplan Innenstadt grundsätzliche Voraussetzung für die Umgestaltung innerstädtischer Parkflächen (wie Schützenplatz) war. Diese Blechbüchse der Parkplatz-Pandora zu öffnen, ohne ein Konzept dafür in der Hinterhand zu haben, ist eine ziemlich gewagte Sache…
Apropos Schützenplatz: Die Verkehrswende-Konterrevolutionäre Dürens schreien hier schon mal prophylaktisch nach Parkplatz-Kompensation: Falls tatsächlich 15 Parkplätze an der Weierstraße wegfallen, dann sollen gefälligst 15 zusätzliche am Schützenplatz(-Umbau) geschaffen werden.
Da hatte es doch nach ewigem Streit endlich einen „Kompromiss“ für die masterplanliche Umgestaltung gegeben. Und einen anschließenden Wettbewerb samt Kür des Sieger-Planentwurfs durch das illustre Preisgericht. Was ist eigentlich daraus geworden? Sollten da nicht schon längst die Bagger rollen (oder Jugendlichen flanieren) – und nicht immer noch massenhaft Parkzeuge rumstehen? Wird es nun einen neuen Wettbewerb mit mehr Parkraum als Park geben? Ein Kompromiss 5.0?
Wäre es nicht besser gewesen, sich erstmal darüber Gedanken zu machen, wie man das ganze innerstädtische Parkraum-Gedöns insgesamt und zusammenhängend angehen will? (War das nicht eh längst so beschlossen, reden nicht alle vom Vorbild Niederlande?) Nicht nur, um Maßnahmen vernünftig aufeinander abstimmen zu können und sie durch ihre Gesamtheit sinnvoll & effektiv zu gestalten. Hätte das nicht auch für die ganze Kommunikation drum herum hilfreich sein können? Statt auf ein nachhaltiges, zusammenhängendes, gut erklärbares und verständliches Konzept dürfen wir uns nun wohl wieder auf mehr oder weniger amüsante Diskussionen in den asozialen Medien und den Austausch der immer gleichen und anachronistischen „Argumente“ für & wider Innenstadt-Parkplätze freuen. *Gähn*
Nun ja, dann mässen die nun folgenden Maßnahmen und Öffentlichkeits-Kampagnen pro Verkehrswende in Düren halt nur noch umso besser, umfangreicher und konsequenter umgesetzt werden. Soll mir recht sein. 😉
Wollen wir nur hoffen, dass uns durch den längst überfälligen Vorstoß an der Weierstraße, die kommenden Planungen für 31 Kilometer Fahrradstraßen und diverse neue Radschnellwege, qualitativ hochwertige Gehwege, behindertengerechte Bushaltestellen usw. nicht bürgerkriegsähnliche Zustände drohen. Die Autolobby formiert sich bereits im Hintergrund. *Verschwörungs-Zwinkersmiley* Denn schließlich geht es um nichts Geringeres als PARKPLÄTZE – und damit um die Existenz allen innerstädtischen Lebens und Handelns in unserer „Stadt der kurzen Wege“.
Kleine Weierstraße
Das Sackgassenstück der Weierstraße zwischen Wilhelmstraße und Markt wird zeitnah zur Fußgängerzone. Die Zufahrtsregeln sollen wie in der restlichen Fußgängerzone sein. Die dann freien Flächen sind teilweise mit Stadtmöbeln, Grün etc. zu gestalten und Außengastronomie ist zeitnah anzustreben.
Antrag Weierstrasse
Fraglich:
- Wird das angedrohte Bürgerbegehren gegen bessere Aufenthaltsqualität ähnlich erfolgreich enden wie sein Vorgänger?
- Hält sich beim Dürener Einzelhandel tatsächlich immer noch der Mythos, dass Parkplätze Umsätze steigern und Arbeitsplätze schaffen?
- Wie glaubhaft ist das Argument „Erreichbarkeit der Innenstadt für Behinderte und Senioren“, wenn es just von der Partei vorgetragen wird, die versucht, den barrierefreien Ausbau der Bushaltestellen zu verzögern und kleinzureden?
- Wieviel Parkraum und Straßenraum wäre für Behinderte und Leute da, die ihn wirklich benötigen, wenn (dank Mobilitätswende in Zukunft) unnötiger MIV bestmöglich aus der Kern-City herausgehalten würde – bspw. durch Verknappung, Umsteuerung & Verteuerung des Parkplatzangebots bei gleichzeitigem Ausbau von Alternativangeboten? Wo steht geschrieben, dass der Zugang zur City für Behinderte, Notdienste, Anwohner etc. (unverhältnismäßig) verschlechtert werden soll?
Am Pletzerturm
Kölnstraße
Die Straßen „Am Pletzerturm (zwischen Abzweig Pletzergasse und Kölnstraße) sowie die Kölnstraße (zwischen Fußgängerzone und Kreuzung an der Post) sollen durch verkehrsrechtliche Regelungen so gestaltet werden, dass dort nur noch Bewohner*innen der angrenzenden Häuser, Fahrzeuge der Post und Taxis jederzeit langsam fahren dürfen. Sonstiger Lieferverkehr soll möglichst bleiben und wie in der Fußgängerzone gestaltet werden.
Antrag Kölnstrasse/AM Pletzerturm
Fraglich:
- Warum sieht der Antrag eigentlich nicht vor, das Stück komplett autofrei zu machen – so wie an der Weierstraße?
- Wie wird die Zukunftskoalition auf den IG-City-Schützenstraßen-Parkplatz-Kompensations-Kompromiss-Gedanken reagieren?
- Glaubt irgendjemand ernsthaft daran, dass sich irgendein Autofahrer an „Anlieger frei“ halten wird oder dass Kontrollen (ähnlich wie in Sachen Schutzstreifen) die gewünschte Wirkung haben werden? Ist das Personal für sowas überhaupt da?
- IG-City & CDU behaupten gebetsmühlenartig, dass wir zu wenige Parkplätze rund um den Markt hätten. Auf welchen Zahlen (und welcher Ideologie) basiert diese Behauptung?
- Wie viele Innenstadt-Parkplätze brauchen wir heute und in Zukunft, wenn wir die verkehrspolitischen Ziele (und seien es auch nur die der CDU) erreichen wollen? Beispielsweise in Sachen Vision Zero, Luftreinhalteplan, Modal Shift und so weiter…?
Erschreckend geringes (und extrem teures) Parkraumangebot in der Dürener City. Hinzu kommen nur noch die lächerlich wenigen Parkstände auf Gehwegen und entlang kaum einer Fahrbahn. Peanuts bei jährlich steigenden Zulassungszahlen von immer größeren Innenstadt-Fahrzeugen…
Quelle Screenshots: Stadt Düren,
openstreetmap.org Lizenz: Open Data Commons Open Database License (ODbL)
Außerdem in den verkehrspolitischen Mühlen:
Gehweg-Parken
Gehwegparken; Antrag der Fraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen, Bunte und Bürger für Düren
Beschlussvorschlag:
Antrag Gehwegparken
Der Rat bittet die Verwaltung , zunächst bei den Projekten des aktuellen Straßenunterhaltungsprogrammes die verkehrsrechtlichen Anordnungen zu überprüfen.
Es ist genau zu klären, ob die Anordnungen (Beschilderungen) noch mit den gesetzlichen Vorgaben und technischen Regelwerken kompatibel sind. (…)
Fraglich:
- Wieso ist das nicht längst Stand der Dinge? Das ist doch so Gesetz & Vorschrift, oder? Ist das nicht eigentlich eine Selbstverständlichkeit heutzutage?
- Wird das dann wirklich auf alle möglichen Stellen angewandt? Zumindest auf die, die man in die Hand nehmen muss oder will?
- Kann man das auch beantragen oder einklagen?
- Gilt das auch für Birkesdorf??? 🙂
Barrierefreiheit
Die Verwaltung wird beauftragt, alle Beschlussvorlagen auf relevante Auswirkungen auf das Thema Inklusion/Barrierefreiheit zu prüfen (so wie auch finanzielle Auswirkungen regulär geprüft werden) und diese Prüfung durch einen entsprechenden Prüfvermerk in der Vorlage zu dokumentieren.
Antrag Barrierefreiheit
Fraglich (siehe oben):
- Wieso ist das nicht längst Stand der Dinge? Das ist doch so Gesetz & Vorschrift, oder? Ist das nicht eigentlich eine Selbstverständlichkeit heutzutage?
- Wird das dann wirklich auf alle möglichen Stellen angewandt. Zumindest auf die, die man in die Hand nehmen muss oder will? Gilt das auch für Birkesdorf?
Und jetzt…?
Noch ist nichts beschlossen und es bleibt abzuwarten, welche Beschlüsse letztendlich hinten raus kommen und was davon wiederum bei der (zeitnahen?) Umsetzung tatsächlich übrig bleibt. Nicht auszuschließen, sondern vielmehr zu erwarten ist, dass noch der eine oder andere Hinterzimmer-Kompromiss ausgeklüngelt wird. Zum Glück bieten die feuchtfröhlichen Begegnungen während der jecken Zeit jede Menge Gelegenheiten für ideologiefreien, sachorientierten und faktenbasierten Gedankenaustausch.
Alaaf!
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