Masterplan Innenstadt, Klimaschutz-Teilkonzept, Radverkehrskonzept, StVO-Novelle, Radgesetz NRW, Nationaler Radverkehrsplan…
Wir leben in verkehrspolitisch spannenden Zeiten. Auch lokal. Manche Teile des „Masterplans Innenstadt“ (siehe: Integriertes Handlungskonzept Innenstadt Düren) wurden bereits umgesetzt, andere sind in vollem Gange oder befinden sich in der „heißen Phase“. Viele und weitreichende Neugestaltungen des innerstädtischen Raums stehen an. Genau jetzt werden die planerischen Weichen für unsere zukünftige Stadt- und Mobilitätsentwicklung gestellt!
Das ist einerseits eine Riesen-Chance: Wenn wir jetzt (endlich) anfangen, den innerstädtischen Raum so gerecht zu verteilen, dass in Zukunft Alle von einer besseren Lebensqualität und Mobilität profitieren können, dann wäre das ein echter Gewinn für die nächsten Generationen.
Gleichzeitig birgt diese große Chance aber auch eine nicht zu unterschätzende Gefahr, denn sie ist vielleicht unsere letzte große Chance in absehbarer Zeit. Wir reden hier ja über weitreichende Baumaßnahmen, den Abriss von Gebäuden, räumliche Umstrukturierungen und so weiter. Das macht man nicht mal eben alle paar Jahre wieder. Wenn dieser Zug abgefahren ist, kommt so schnell kein neuer und wir (bzw. unsere Nachkommen) werden jahrzehntelang mit unseren Fehlplanungen von heute leben müssen. Umso wichtiger also, jetzt die Gunst der Stunde zu nutzen und mutig loszulegen!
Der erklärte politische Wille ist da (siehe Blogeintrag Forum Politik Teil II). Die gesetzlichen Tendenzen (StVO-Novellierung, Radgesetz NRW, Nationaler Radverkehrsplan…) drängen förmlich darauf, innerstädtischen Verkehr neu zu denken. Es gibt diverse Förderprogramme und Vorbild-Städte, von denen profitiert werden kann. Umwelt-, menschen- und stadtfreundliche Verkehrsformen werden gesellschaftlich immer besser akzeptiert, weil sie viele offensichtliche Vorteile für Menschen allgemein, nicht nur für bestimmte Fortbewegungsmittel bringen… Warum also noch lange warten?
Daher sollten unsere Planer den Mut haben, konsequent vom Menschen und seiner Mitwelt her zu planen und die gemeinschaftlichen Räume bedürfnisgerecht und zukunftsgerichtet zu gestalten. Wer jetzt die lebenswerte Stadt der Zukunft plant und dabei nicht dem menschenfreundlichen Verkehr genügend Raum zur Verfügung stellt, handelt schlicht und einfach widersinnig.
Masterplan Innenstadt Düren
Der sogenannte „Masterplan“ läuft, ist aber noch beweglich. Das ist aus „Mobilitätsverbund-Perspektive“ insbesondere deshalb wichtig und gut, weil sich der Masterplan Innenstadt Düren schwerpunktmäßig nicht mit dem Innenstadt-Verkehr beschäftigt, was auch mit Fördermitteln zu tun hat. Auf 337 Seiten findet sich beispielsweise nur viermal das Wort „Fahrrad“. Siehe Blogeintrag vom 18. November.
Nach meiner Meinung sollten wir aber gerade in einer Phase, in der innerstädtische Entwicklung „groß gedacht“ wird, die zukünftige Mobilität ganz zentral in allen Planungen mit berücksichtigen. Denn all die schönen und guten Maßnahmen für die Innenstadt sind blutleer, wenn die Verkehrsadern, die Mobilitäts-Netze (Stichwort „Umweltverbund / Mobilitätsverbund“) nicht den Bedürfnissen unserer zukünftigen Stadtmobilität entsprechend mit umgestaltet werden.
Klimaschutz-Teilkonzept
Im „Klimaschutz-Teilkonzept – Klimafreundliche Mobilität in Düren“ wurden bereits zahlreiche Einzelmaßnahmen beschrieben, die für ein Umdenken weg vom motorisierten Individualverkehr, hin zu einem Verbund aus klimafreundlichen Verkehrsformen sprechen. Hiervon wurden aus meiner Sicht bisher viel zu wenige Maßnahmen umgesetzt – und diese dann teilweise auch noch qualitativ schlecht. Außerdem – und das ist mindestens genau so schlimm – sind die wenigen bisherigen Maßnahmen nicht in ein zusammenhängendes Mobilitäts-Konzept eingebettet, wurden also ziemlich planlos und nur punktuell verwirklicht. (Und werden nun wahrscheinlich zwangsweise in das noch zu erarbeitende „Radvorrangrouten-Konzept“ integriert. Nicht weil sie Sinn machen, sondern weil sie jetzt einfach da sind und es zu teuer wäre, wieder alles umzubauen.)
Vernünftiges Verkehrs-Konzept
Ein unmissverständliches Zeichen dafür, dass Verkehr in Düren bis dato leider noch nicht zusammenhängend und zukunftsgerichtet gedacht wird, sind beispielsweise die aktuellen Planungen rund um unsere neuen sogenannten „Umgehungsstraßen“ B56n und B399n. Oder die Tatsache, dass wir bis heute keine ausreichenden Konzepte für die verschiedenen Verkehrsformen haben, geschweige denn ein innovatives, integrierendes Verbund-Konzept, das alles zusammenführt. Es wird Zeit!
Gesetzliche Verpflichtung(en) zur Verkehrswende
Ich finde, man sollte jetzt aber auch einfach mal feststellen, dass es demokratisch beschlossene Sache ist, die sogenannte „Verkehrswende“ einzuleiten! Punkt.
Es ist ja nicht so, als ob die ganzen Forderungen nach besserer Infrastruktur und Umdenken in Mobilitätsfragen von weltfremden Idealisten und autofeindlichen Lobbyisten auf den Tisch gelegt wurden.
Vielmehr sind es erstmal ganz konkrete, offensichtlich drängende und wissenschaftlich gut erforschte Fragen nach Ressourcenverbrauch und umweltverträglichem Verkehr, die für ein Umdenken und neue Konzepte sprechen. Außerdem werden notwendige Veränderungsprozesse durch bürgerschaftliches Engagement in Gang gesetzt, was in einer „Demokratie“ ja auch grundsätzlich erstmal gut ist und für viel Akzeptanz sorgen kann.
Es ist richtig und wichtig, aus all den Erkenntnissen und Erfordernissen nicht einen „Kulturkampf“ zu machen. Eine wichtige aktuelle Aufgabe der Politik muss sein, die vielen Vorteile einer fairen, nachhaltigen Mobilitätskultur zu verdeutlichen. Das Bedarf einerseits viel guter Öffentlichkeitsarbeit, andererseits aber insbesondere innerer Überzeugung und ernstem Willen bei Politik und Verwaltung.
Das von der Volksinitiative Aufbruch Fahrrad auf den Weg gebrachte Fahrradgesetz NRW (siehe Blogeintrag vom 22. Dezember) ist zwar lange noch nicht da und ich habe hierzu ja auch schon meine Bedenken geäußert, aber die Stoßrichtung der neuerlichen Gesetzgebung ist ganz klar: weniger MIV, mehr umwelt- und menschenfreundliche Mobilität!
Die Novellierung der Straßenverkehrsordnung wird wohl kommen. Und sie wird – bei aller berechtigter Kritik – tendenziell auch eher „Vorteile“ für nicht Motorisierte mit sich bringen. „Vorteile“ ist dabei der falsche Begriff, denn nach jahrzehntelanger Benachteiligung gegenüber dem MIV muss man wohl eher von ansatzweiser „Kompensation“ sprechen und betonen, dass es seitens der Radler-Lobby viel berechtigte Kritik an Scheuer´s Novelle gibt.
Es sei auch erwähnt, dass bei der heutigen „Debatte“ über die entsprechenden Anträge der Fraktionen wieder mal klar wurde, dass es auch Positionen wie die der FDP und der AfD gibt.
Beispielsweise die von Dr. Dirk Spaniel (AfD):
„Das Propagieren von Kindertransport auf Fahrrädern in der Stadt ist objektiv betrachtet fahrlässiger Umgang mit der Gesundheit Schutzbedürftiger!“…
„Nüchtern betrachtet sind Fahrräder in hohem Maße unpraktisch und gefährlich. Ja, Fahrräder erfüllen die sichere und komfortable Transportaufgabe bestenfalls bei schönem Wetter und in ebenem Gelände.“…
„Das Fahrrad ist vor allen Dingen das Verkehrsmittel der städtischen Bohème und für große Teile der Bevölkerung keine Alternative zum Automobil.“…
„Laut internationalen Studien kann man durch eine Ausweitung bezahlbarer Parkplätze den innerstädtischen Verkehr um 30 Prozent reduzieren.“ (Zitatende)
Hier zum Original.
Grundsätzlich wäre ich momentan eigentlich tendenziell eher optimistisch gestimmt, was das große Ganze betrifft. Die Versuchung, zu denken, „schlimmer als jetzt geht ja eh nicht“ ist groß – bis man dann leider durch aktuelle Fehl- und Nicht-Planungen wieder eines „Besseren“ belehrt wird.
Aber vielleicht finden unsere Planer und Entscheider ja mal den Weg in Seminare wie dieses und stoßen die vielbeschworene und dringend notwendige „Verkehrswende“ mal endlich konsequent an…
Radverkehr – Zentrales Element der Stadtentwicklung: Auslandsexkursion Utrecht, Zwolle und Houten
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