Geklaut von der ProRad Düren-Website:

Stellungnahme von ProRad Düren und ADFC Aachen/Düren e.V. zum Verkehrsversuch zur Verlängerung des geschützten Radstreifens aka der “Protected Bike Lane” (Bürgerantrag)


Hier als Download.


Sehr geehrte Mitglieder der “Koalition Zukunft Düren”, 

bevor wir unser Anliegen vortragen, möchten wir zunächst zitieren: 

Wir wollen den Stadtraum zukunftsgerecht neu verteilen. Fußgänger*innen und Radfahrer*innen brauchen mehr Raum. 

Daher ist für uns der Ausbau des Radwegenetzes wichtig. 

Aber auch die Sicherheit der Fußgänger*innen sind für uns oben auf der Agenda. 

Ein zurzeit erarbeitetes Gutachten zur fahrradfreundlichen Stadt soll für uns Maßstab neuer Maßnahmen sein. Das Klimaschutzteilkonzept wird konsequent von uns umgesetzt. 

Wir streben in den nächsten drei Jahren an, Fahrradfreundliche Stadt Düren zu werden. 

Alle vierspurigen und überbreiten Straßen sollen auf zwei Fahrspuren für den motorisierten Verkehr für sichere Fahrradwege zurückgebaut werden. 

Die Achse August-Klotz Straße bis Birkesdorf, die Stürtzstraße und die alte B56 werden zuerst in Angriff genommen.” 

So beginnt das Kapitel “Mobilität” des aktuellen Koalitionsvertrags “Zukunft Düren 2020-2025”

Leider müssen wir feststellen, dass  

  1. die zukunftsgerechte Neuverteilung des Stadtraums nur sehr schleppend voran kommt und nur punktuell ohne ganzheitliches Konzept umgesetzt wurde/wird, 
  2. das Radwegenetz bisher nicht zielführend ausgebaut wurde und stattdessen fast ausschließlich sogenannte “Schutzstreifen” angelegt wurden, die oftmals noch nicht mal den Mindest-Qualitätsstandards genügen
  3. das Gutachten zur fahrradfreundlichen Stadt (Rad-Vorrangrouten-Konzept?) nicht der Maßstab neuer Maßnahmen ist, sondern dass bereits bei der ersten Planung an der Valencienner Straße die Qualitätskriterien für Rad- und Fußwege zugunsten von Pkw-Parkplätzen missachtet wurden – entgegen der Planung des Fachamts, 
  4. das Klimaschutzteilkonzept (und dessen Ziele inkl. Evaluation) eher konsequent ignoriert als umgesetzt wurden und werden, 
  5. es bis heute weder eine Fahrradstraße in Düren gibt, noch die im Klimaschutzteilkonzept hervorgehobenen Radschnellwege irgendeine Rolle in der lokalen Verkehrspolitik spielen, 
  6. wir (u.a. deshalb und vollkommen zurecht) noch keine “Fahrradfreundliche Stadt” sind und es voraussichtlich auch nicht innerhalb der Legislatur werden können (und sollten), da noch nicht mal die zentrale Frage nach dem Modal Split bzw. Modal Shift in Düren beantwortet werden kann oder überhaupt von verkehrspolitischem Interesse ist, 
  7. bisher allein auf der Schoellerstraße/Euskirchener Straße eine Fahrbahn provisorisch auf zwei Fahrspuren reduziert wurde – ohne den eigentlichen Zustand des Radwegs/Gehwegs Schoellerstraße zu verbessern, 
  8. die Achse Polizei- bis Kino-Kreuzung für Radfahrende diverse Gefahren birgt, die nach Ende der Sperrung offenbar sogar wieder hergestellt werden sollen. 

Der letztgenannte Punkt 8. bringt uns zum eigentlichen Anliegen dieses Schreibens:  

Wir fordern einen (provisorischen) geschützten Radstreifen, der mit Wieder-Eröffnung der Baustelle Kino-Kreuzung freigegeben und stadteinwärts bis zur Polizei-Kreuzung August-Klotz-Straße/Aachener Straße fortgeführt wird. 

Zeitraum: Mindestens bis ausreichend Daten für eine angemessene Evaluation vorliegen, höchstens (und wünschenswert bzw. sinnvoll) bis zu Beginn des eigentlichen Umbaus der genannten Straßenabschnitte. 


Nun haben wir erfahren, dass die Wiedereröffnung schon am Donnerstagabend 15.2. stattfinden soll:
Zitat aus der Pressemeldung der Stadt Düren: 

Die Veldener Straße wird zunächst provisorisch wieder markiert, genauso wie die Protected Bike Lanes, die geschützten Radfahrstreifen, die in beide Fahrtrichtungen an die jeweilige Fahrspur angrenzen. Voraussichtlich im April oder Mai soll dann auch die tatsächliche bauliche Trennung erfolgen und die endgültige Markierung der Straße aufgebracht werden, erklärt Benjamin Savelsberg, Leiter der Dürener Stadtentwässerung und des Tiefbauamtes: „Die Protected Bike Lanes geben den Radfahrerinnen und Radfahrern aber auch den Autofahrerinnen und –fahrern ein sicheres Gefühl. Der Bereich ist für alle Verkehrsteil-nehmerinnen und –teilnehmer deutlich aufgewertet worden.“ 

Hier ist Eile geboten, dass die Gelbmarkierungen weiter in die August Klotz Straße verlängert werden und die 2. Linksabbiegerspur von der Fritz-Erler Straße auf die Veldener Straße verschwindet, damit dort schon einspurig eingefahren wird! 


Begründung zum beantragten Verkehrsversuch 

Nicht zuletzt nutzen unzählige (ungezählte!) Schülerinnen und Schüler diese Strecke tagtäglich, um zur Schule zu kommen. Für sie und alle anderen, die heute schon (und nach Zielen der Koalition zukünftig vermehrt) mit dem Fahrrad unterwegs sind, gibt es bis heute keine sichere Radverkehrsverbindung zwischen dem größten Dürener Stadtteil und der Innenstadt.  

Sowohl die Strecke über Alte/Neue Jülicher Str./Josef-Schregel-Str. als auch die über Veldener Str./Philippstr./August-Klotz-Str. sind “fahrradinfratsrukturelles Niemandsland”, wie der Antragsteller zu Recht bei der Begründung des Antrags im Bürgerausschuss bemerkte. Diese Umstände darf eine Stadt, die sich demnächst “fahrradfreundlich” nennen will, die sich der Vision Zero verpflichtet fühlt und die es sich zum Ziel gesetzt hat, den Radverkehrsanteil gegenüber dem motorisierten Individualverkehrsanteil deutlich zu erhöhen, nicht tolerieren!  

Neben der realen Gefahr für Leib und Leben weisen wir darauf hin, dass der geplante geschützte Radstreifen zwischen Birkesdorf und Kino-Kreuzung (bei allen Beteiligten) auf wenig Akzeptanz stoßen wird, wenn er seine Funktion einer sicheren Verbindung in die Innenstadt nicht erfüllt – und deshalb nicht wie erwünscht genutzt wird. 


Wir fragen Sie: Würden Sie ihr 11-jähriges Kind mit gutem Gewissen alleine mit dem Fahrrad auf den genannten Strecken zur Schule fahren lassen? 


Aus der Zeitung erfuhren wir (und der Antragsteller) davon, dass ein “einwöchiger Verkehrsversuch” zeigen soll, ob die (provisorische) Verlängerung der “Protected Bike Lane” möglich ist. In Frage gestellt wird das durch die Bemerkung, dass dies mit Blick auf das hohe Fahrzeugaufkommen (gemeint sind wohl ausschließlich Pkw) schwierig sein könnte. Angesichts des Umstands, dass dort seit der Sperrung gar keine Pkw fahren konnten, teilen wir diese Sorge nicht. 

Im Gegenteil weisen wir darauf hin, dass sich eben aus diesem Grund gerade die Chance ergibt, dass aktuell ohnehin niedrigere MIV-Aufkommen nicht erst wieder anschwellen zu lassen, sondern auf geringerem Niveau zu stabilisieren – bis der eigentliche (auch Kanalschaden-bedingte) Umbau stattfindet.  

Aus unserer Sicht wäre es fatal und kontraproduktiv, den Autofahrenden erst wieder den alten (von der Koalition nicht mehr gewünschten) Raum zurückzugeben, um ihn dann in (naher?) Zukunft doch wieder umzuwidmen. Soll erst wieder ein Rück-Gewöhnungseffekt provoziert werden, um diesem zukünftig wieder entgegen treten zu müssen? Wir meinen, das ist gar nicht nötig.  

Push & Pull muss die Devise heißen, wenn das Ziel wirklich heißt, mehr Menschen in der “Stadt der kurzen Wege” dazu zu motivieren, mehr mit dem Rad und zu Fuß unterwegs zu sein! Daher sollte das Provisorium direkt mit der Wiedereröffnung der Straßen eingerichtet werden.  

Wir möchten abschließend die Stellungnahme der Verwaltung kommentieren, die den Antrag zur Verlängerung des geschützten Radstreifens mit folgender Begründung ablehnt: 

Die in Frage stehenden Abschnitte seien keine ausgewiesenen Rad-Vorrangrouten im städtischen Rad-Vorrangrouten-Konzept. In den “nächsten Jahren” würden außer den Rad-Vorrangrouten keinerlei weitere Maßnahmen auch nur geprüft – geschweige denn umgesetzt! 

Dass die fraglichen Abschnitte nicht als Rad-Vorrangroute definiert wurden, ist aus unserer Sicht vollkommen irrelevant und kein Argument gegen eine Verlängerung des geschützten Radstreifens. Wir gehen davon aus, dass alle Straßen und Wege für alle Verkehrsteilnehmenden möglichst sicher und “gleichberechtigt” zu gestalten sind, nicht nur bestimmte Bereiche für bestimmte Verkehrsarten.  


Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat sagt dazu:  

Planerinnen und Planer wissen seit langem, dass Straßenquerschnitte nach dem Grundsatz „von außen nach innen” geplant werden müssen. Zuerst kommen also die Bedürfnisse des Fuß- und Radverkehrs. Die Praxis folgt noch allzu oft dem umgekehrten Weg, erst die Breitenmaße für den KFZ-Verkehr festzulegen.” 

In den offiziellen Richtlinien heißt es dazu: 

Die Belange des ÖV, Rad- und Fußverkehrs sind generell gegenüber den Belangen des fließenden und ruhenden Kfz-Verkehrs zu priorisieren.” 


Die Aussage, dass “weitergehende Maßnahmen im Basis-Radverkehrsnetz, d.h. in den übrigen Straßen, erst nach Abarbeitung des Konzeptes wieder geprüft” werden, irritiert uns sehr. Was heißt das genau? Wann ist mit dem Ende der Abarbeitung des RVR-Konzeptes zu rechnen und wird es bis dahin keine weiteren Maßnahmen zur Förderung des Radverkehrs geben – noch nicht mal zur Prüfung? Wir können nicht glauben, dass das politische Beschlusslage ist und bitten um Ihre Stellungnahme zur Stellungnahme der Verwaltung. 

Um nun wirklich zum Schluss dieses Schreibens zu kommen, verweisen wir auch an dieser Stelle noch einmal auf den nicht zuletzt beim Forum Politik 2019 von Ihnen angekündigten “Paradigmenwechsel in der Verkehrspolitik” und auf aktuelle Konzepte und Gesetze, deren Umsetzung wir fordern.  

Mit fahrradfreundichen Grüßen  

ProRad Düren und ADFC Aachen/Düren e.V.