Weitere Gründe für das dringend notwendige Parkraum-Management-Konzept…
Ohne nochmal auf die grundsätzlichen Argumente einzugehen, hier noch ein paar konkrete Gründe, weshalb wir dringend über innerstädtisches Parken sprechen sollten:
Klimaschutz-Teilkonzept:
Die Koalition „Zukunft Düren“ hat sich auf die Fahnen geschrieben, das Klimaschutz-Teilkonzept konsequent umzusetzen. Endlich! Wird auch langsam mal Zeit, nachdem es von der AmpelPlus-Koalition jahrelang – mit freundlicher Unterstützung der Opposition im Stadtrat – ziemlich stiefmütterlich behandelt wurde.
Hier ist der (viel zu zaghafte) Weg bereits eindeutig beschrieben: Keine Flächenneuausweisung mehr für innerstädtische Parkplätze und perspektivisch zehn Prozent weniger Pkw-Parkfläche. Leider (wie so oft) ohne konkrete Zeitangabe und wohl auch ohne Evaluations-Möglichkeit, da die Zahlen (wie beim Modal Split) gar nicht (regelmäßig) erhoben werden – mutmaße ich.
Das Faktenblatt der Agora Verkehrswende listet sehr anschaulich diverse Punkte auf, die eine intensive Beschäftigung mit dem Thema „Innerstädtischer Parkraum“ eigentlich unausweichlich machen. Zumindest falls wir es ernst meinen mit der so(oft)genannten „VerkehrsWENDE“. Ich picke hier nur mal ein paar davon raus… (Agora Verkehrswende ist eine gemeinsame Initiative der Stiftung Mercator und der European Climate Foundation.)
Eine grundsätzliche Forderung würde ich aber gerne mal vorweg stellen, weil sie mir, wenn man Verkehrswende wirklich konsequent denkt und will, total sinnvoll und effektiv erscheint:
Die Pkw-Parkraum-Logik umkehren:
Geparkt werden darf nicht mehr überall da, wo es nicht durch Schilder eingeschränkt ist, sondern nur noch da, wo es explizit durch Schilder erlaubt ist!
Wir wären nicht das erste Land, das dies so handhabt. Diese Umkehr hätte aus meiner Sicht nicht nur sehr schöne, ganz konkrete Wirkungen auf das Pkw-Parken im öffentlichen Raum und die notwendige Diskussion darüber. Es wäre auch eine spannende Option, wenn man über die Neuverteilung des öffentlichen Raums spricht. Es wäre insbesondere auch ein guter Schritt in Richtung Bewusstseinsweiterentwicklung – weg vom immer noch basis-strukturell hinterlegten auto-zentrierten Blick, hin zu einem Verständnis von „Verkehr“, das alle Mobilitätsformen gleichermaßen einbezieht und sie „vom Menschen her“ denkt, nicht von der Maschine. Damit wäre schon sehr viel gewonnen…
Sicherheit für „schwächere“ VerkehrsteilnehmerInnen (Kinder, SeniorInnen…)
Toll, dass sich zumindest die Sicherheit der Autofahrer enorm erhöht hat, seitdem immer mehr sogenannte Sport Utility Vehicles unterwegs sind, um unsere Kids zu gefährden und Straßen zu verstopfen. Deren einziger Sinn im Innenstadtverkehr scheint eh in der Zurschaustellung des (scheinbaren) Geschmacks/Reichtums/Privilegs/whatevers der SUV-Besitzer zu bestehen. Dabei sind die Stadtpanzer de facto vollkommen asozial-anachronistische Proleten-Maschinen, die kaum mehr als ein wenig Fremdscham und Kopfschütteln wert sind.
Hohe Kosten für die Allgemeinheit, niedrige Bußgelder für privilegierte Pkw-Fahrer!
An dieser Stelle könnte man ein paar Worte zu CDU, FDP, (AfD sowieso), Dr. Andy B. Scheuert und die StVO- und Bußgeldkatalog-Novelle verlieren. Tu ich aber nicht. Denn selbst der neue Stand der Dinge ist noch bezeichnend genug. Und heute geht´s ja auch nicht um Falschparker und Innenstadt-Raser, sondern um städtisch erwünschte und geförderte Richtig-Parker.
Auch zur Vergesellschaftung Pkw-erzeugter Kosten habe ich mich schon divers ausgelassen und will nicht wieder von der grundsätzlichen „Tragik der Allmende“ anfangen. 😉 Die Bepreisung des öffentlichen Raums und die Bevorzugung des Pkw dabei, war auch schon Thema im letzten Update. Das Faktenblatt nennt noch weitere (nicht abschließende) Beispiele:
Und dabei stehen die Parkzeuge den lieben langen Tag nur herum, während die Einzelhändler Arbeitsplätze und Lebensqualität für die Stadt schaffen! Eigentlich müsste der Einzelhandel Strum laufen gegen die bisherige Vergabe-Logik der Kommunen.
Die Reichsgaragenordnung von 1939 bzw. die heutige Pkw-Stellplatzbaupflicht ist nochmal ein ganz spezielles Thema für sich, das in diesem Zusammenhang natürlich eine wichtige Rolle spielt. Hier aber den Rahmen sprengt. Auch hier wäre eine 180°-Wende mal angebracht. Nur am Rande…
Wer Wohnungen, Geschäftshäuser oder Büros baut, muss Pkw-Stellplätze oder Garagen errichten. Das hat 1939 die Reichsgaragenordnung festgelegt. Und so ist die sogenannte Stellplatzbaupflicht in vielen Bundesländern geltendes Recht.
Parkraummanagement lohnt sich! Leitfaden für Kommunikation und Verwaltungspraxis, Agora Verkehrswende, Februar 2019
Lebenszeit
Soziale Ungerechtigkeit
Push&Pull
Echte Wirkung werden förderliche Maßnahmen nur zeigen, wenn sie zusammenhängend gedacht, konsequent umgesetzt und politisch gut kommuniziert werden. Und wenn sie aus einer effektiven Mischung aus sich ergänzenden Push- und Pull-Maßnahmen bestehen.
Zum Weiterlesen…
- Parkraummanagement lohnt sich – Leitfaden für Kommunikation und Verwaltungspraxis, agora Verkehrswende
- Parkraumbewirtschaftung – die Königsdisziplin der Verkehrswende, Bremer Fachtag am 23. Oktober 2018 Parkraumbewirtschaftung als Schlüssel für eine lebendige Stadt, Deutsches Institut für Urbanistik
- Öffentlicher Raum ist mehr wert. Ein Rechtsgutachten zu den Handlungsspielräumen in Kommunen, agora Verkehrswende
- Umparken – den öffentlichen Raum gerechter verteilen. Zahlen und Fakten zum Parkraummanagement, agora Verkehrswende
- Parkraummanagement: Zeit für ein Update, agora Verkehrswende 09/2020
- Innerstädtisches Fahrradparken, Forschung Radverkehr international I-1/2010, Nationaler Radverkehrsplan
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