Es gibt keinen Grund, der gegen die Verlängerung spricht!

Die Verwaltung hat die „Evaluation“ des Verkehrsversuchs veröffentlicht. Obwohl (wie bei jeder Evaluation) wieder keine Verkehrsqualitätsstufen als maßgebliches Kriterium nach den technischen Regelwerken ausgewiesen wurden, fällt die Einschätzung des Fachamts eindeutig aus:

Zusammenfassend ist (…) festzuhalten, dass eine Fortführung der Protected Bike Lane im betrachteten Bereich ohne negative Auswirkungen auf den Verkehrsfluss oder die Verkehrssicherheit möglich ist.

Mitteilungsvorlage Verwaltung, 02.09.2024

Dabei vergisst sie übrigens zu erwähnen, dass die Verkehrssicherheit für Radfahrende durch einen geschützten Radstreifen auf dem Stück definitiv erhöht wird. Nur mal so nebenbei…



Es gibt also sowohl aus Verwaltungssicht als auch aus Sicht der Radfahrenden keinen Grund mehr, weshalb aus dem dreiwöchigen Verkehrsversuch keine Dauer-Einrichtung werden sollte – nein müsste! Und auch die Autofahrer unter uns dürften nichts dagegen haben. *Hüstel* Schließlich wollen wir doch alle mehr Sicherheit für unsere Kinder und ältere Mitbürger. Dafür minimale, weit unter den Regelwerksgrenzen liegende Verlangsamung der Fahrtzeiten in Kauf zu nehmen, ist doch eine Selbstverständlichkeit. Wer sollte etwas dagegen haben?

Auch für die „Koalition Zukunft“ müssten das gute Nachrichten sein. Dank des Bürgerantrags, der sich offenbar als sinnvoll erwiesen hat, wird nämlich ein Teil dessen umgesetzt, was sich die Koalition bis 2025 zum Ziel gesetzt hat, aber leider bisher nicht umgesetzt hat:

Wir streben in den nächsten drei Jahren an, Fahrradfreundliche Stadt Düren zu werden. Alle vierspurigen und überbreiten Straßen sollen auf zwei Fahrspuren für den motorisierten Verkehr für sichere Fahrradwege zurückgebaut werden. Die Achse August-Klotz Straße bis Birkesdorf, die Stürtzstraße und die alte B56 werden zuerst in Angriff genommen.

Koalitionsvertrag „Zukunft Düren 2020-2025“

Dass es erst eines Bürgerantrags bedurfte, um die Sache überhaupt ins Rollen zu bringen, ist einigermaßen erstaunlich angesichts der verkehrspolitischen Wahlversprechen der Koalition. Es scheint sogar symptomatisch für die Umsetzung verkehrspolitischer Koalitionsversprechen zu sein. Vom Ziel „Fahrradfreundliche Stadt“ zu werden scheinen sich die Koalitionäre übrigens komplett verabschiedet zu haben, davon hört man gar nichts mehr…

Es sei außerdem nochmal darauf hingewiesen, dass es im Bürgerantrag (wie im Koalitionsvertrag) darum ging, sichere (meinetwegen auch „gleichberechtigte“) Verkehrsverhältnisse auf der gesamten Achse Polizei-Kreuzung bis Birkesdorf zu schaffen. Beispielsweise um Birkesdorfer Kindern endlich einen sicheren Schulweg zu ermöglichen. Nicht nur auf einem minimalen, einseitigen Teilstückchen, das ins fahrrad-infrastrukturelle Nichts führt

Dass das einseitige Mini-Stückchen stadteinwärts von der Kino-Kreuzung bis zur Eisenbahn-Unterführung (Höhe StadtCenter) dafür nicht geeignet (nicht ausreichend) ist, ist offensichtlich. Denn der eigentliche Horror für Radfahrende fängt genau da an, wo der Verkehrsversuch endete.



Auf Philippstraße und August-Klotz-Straße werden Radfahrende jeden Alters in Verhältnisse gezwungen, die man eigentlich nur als absolut inakzeptabel beschreiben kann: Beidseitig zwei Pkw-Spuren, auf denen sich Autofahrende nicht selten mit weit mehr als den zugelassenen 50 km/h überholen, während Radfahrende (Schulkinder und alle anderen) an den Rand gedrängt werden und auf sogenannten „Mehrzweckstreifen“ um ihr Leben fürchten müssen.

Die Mehrzweckstreifchen sind an vielen Stellen überhaupt nicht mehr zu erkennen, weil sie durch die Mitbenutzung der Autofahrer komplett abgerieben wurden. Sie unterschreiten die nach den technischen Regelwerken vorgeschriebenen Mindestbreiten und bieten überall dort keinerlei Schutz (vorgeschriebene Sicherheitszone), wo sich Pkw-Parkzonen entlang der Straße befinden.



Potenzielle Dooring-Unfälle und Missachtung des (gesetzlich vorgeschriebenen) Mindestabstands beim Überholen sind damit infrastrukturell vorgegeben und werden sehenden Auges in Kauf genommen. Mindestens (!) 1.5 Meter Abstand zu halten, ist für rechts fahrende Pkw (geschweige denn Lkw) überhaupt nicht möglich, falls die linke Spur nicht frei ist. Überholt wird trotzdem – immer!

Dies alles ist seit Jahren bekannt und wird weitgehend toleriert. Das Einzige, was bisher unternommen wurde, um die Situation wenigstens ein bisschen (alibimäßig) zu entschärfen, war ein Poller vor der Ampel am Stadtcenter.



Dass dieser überhaupt keine Wirkung hat, erleben Radfahrende dort jeden Tag!

Zur Verdeutlichung zwei Alltags-Beispiele in den folgenden Videos. Situationen wie diese sind dort die tagtägliche Normalität. Das ist sowohl der sogenannten „Verkehrspolitik“ als auch der Verwaltung durchaus bewusst. Aber noch lange kein Grund, um mal etwas an der Situation zu verändern. Es hat den Anschein, als wolle man erst noch abwarten, bis „endlich“ mal jemand plattgefahren wird oder sich ein „Unfallschwerpunkt“ gebildet hat. Prävention, Gleichberechtigung der Verkehrsarten, durchgehende, attraktive Radwege-Netze und sichere Schulwege in der „Stadt der kurzen Wege“? Absolute Fehlanzeige! Auch nach 8-9 Jahren Klimaschutzteilkonzept „Klimafreundliche Mobilität in Düren“, 3 Jahren Fahrrad- und Nahmobilitätsgesetz NRW und 22 Jahren Nationaler Radverkehrsplan



Wie geht´s weiter?

Am kommenden Dienstag (10.09.2024) tagt der Ausschuss für Mobilität, Umwelt und Klima. Auf der Tagesordnung steht u.a. die „Evaluation“ des Verkehrsversuchs. Der ursprüngliche Bürgerantrag (=Koalitionsvertrag) wurde bekanntlich komplett verkrüppelt und ist nicht mehr Thema der Dürener „Verkehrspolitik“. Man munkelt, dass es dort allerdings einen Antrag der Koalition geben könnte, der (mindestens?) die dauerhafte Umsetzung des verkrüppelten Mini-Verkehrsversuchs geben könnte.

Wir werden sehen… Schafft es die Koalition diesmal ganz alleine, ihren Koalitionsvertrag in tatsächliche Politik umzusetzen, oder bedarf es wieder eines Bürgerantrags, der im Grunde nichts anderes beinhaltet als die Wahlversprechen eben dieser Koalition?

Was passiert mit der für Radfahrende lebensgefährlichen Strecke zwischen StadtCenter und Polizei-Kreuzung? Und was wird für die Gegenrichtung, auf der es bisher ebenfalls nur gefährliche Nicht-Infrastruktur für Radler gibt, vorgeschlagen?

Welche Rolle wird all das haben, was die Dürener „Verkehrspolitiker“ (nicht) von ihrer Exkursion nach Utrecht mitgenommen haben?

Fortsetzung folgt…