Verkehrswende Düren? Pure Utopie!
Zwischenstopp der Tour de Verkehrswende (TdV) in Düren. Anlässlich des Besuchs wurde zu einer kleinen verkehrspolitischen Diskussion auf dem Kaiserplatz eingeladen. Ein Rückblick…



€DU: Klare Worte zur Lüge im eigenen Wahlprogramm
Eigentlich waren die beiden Bürgermeister-Kandidaten zur Diskussion eingeladen worden. Allerdings hatte €DU-🍔Hamm-Burger-Meister-Kandidat🍔 Georg Hamm (Sie kennen mich aus satirischen Wahlkampf-Videos wie „Parkmöglichkeiten für alle Verkehrsträger„) seine Teilnahme aus Angst vor der Konfrontation „Termingründen“ leider abgesagt.
Stattdessen kam Christoph Guth. Und das muss man ihm wirklich hoch anrechnen. Denn er er ist nicht nur sehr kurzfristig eingesprungen. Er stellte sich außerdem einem Publikum, von dem er wusste, dass es zu 99% aus Fahrrad-Aktivisten und -Lobbyisten bestehen wird. Kein leichter Stand für einen Vertreter der Partei, die sich durch eine konsequente Anti-Fahrrad-Verkehrspolitik auszeichnet.
Inhaltlich hatte Guth nichts Neues oder gar Fahrradfreundliches zu berichten.
Bemerkenswert war allerdings seine Antwort auf eine Frage, die sich auf das €DU-Wahlprogramm richtete, in dem behauptet wird, man wolle die verschiedenen Verkehrsformen „gleichberechtigt“ behandeln.

Laut Guth stünde nichts von gerecht oder gleichberechtigt im Wahlprogramm. Vielmehr sei von „bedarfsgerechter“ Behandlung die Rede – wenn er sich recht entsinne – und dazu stünden er und die €DU auch.
Hmmm… Bedarfsgerecht? Gleichberechtigt? Was macht das schon für einen Unterschied? Einen fundamentalen! Denn Guths Äußerungen machten unmissverständlich klar, dass man den €DU-Wahlversprechen nicht trauen kann. Gut, dass Herr Guth das öffentlich zum Ausdruck gebracht hat und und damit das €DU-Wahlprogramm als Täuschung bzw. FakeNews demaskierte. Denn zwischen „bedarfsgerechter“ und „gleichberechtigter“ Mobilität gibt es einen grundsätzlichen Unterschied.
Bedarfsgerechte Politik nimmt den Status quo als Grundlage. In unserem Fall die Dominanz und Priorisierung des Pkw-Verkehrs gegenüber allen anderen Mobilitätsmöglichkeiten. Es fahren so viele Autos durch unsere Innenstädte wie nie zuvor? Die werden von Jahr zu Jahr auch ncoh immer größer und schwerer und nehmen jeden Platz für nachhaltige Stadtentwicklung weg? Der gesamte öffentliche Raum inklusive Verkehrsraum wird von Pkw vereinnahmt, sodass noch nicht mal mehr Platz für den offiziellen Richtlinien entsprechende Rad- und Gehwege bleibt? Dann ist das wohl so. Der Bedarf von uns Autofahrern ist omnipräsent und unwiderlegbar. Und wo ein Bedarf ist, muss dieser auch bedient werden!
Dass das im Umkehrschluss heißt, dass es (auch gedanklich) keinerlei Platz für eine Verkehrspolitik gibt, die Dinge verändern will, dürfte klar sein. Man kann das vielleicht „konservativ“ nennen. Christlich und demokratisch ist dieses Verständnis von „Bedarfsgerechtigkeit“ sicherlich nicht.
Abgesehen davon muss man sich die Frage stellen, weshalb Städte wie Düren sich gezwungen sahen, bereits vor vielen Jahren Verkehrskonzepte wie das Klimaschutzteilkonzept Klimafreundliche Mobilität in Düren, Lärmaktions- und Luftreinhaltepläne aufzustellen. Könnte es sein, dass die „Bedarfe“ von uns Autofahrern das eine oder andere Problem mit sich gebracht haben? Flächenmissbrauch des öffentlichen Raums, Luft- und Umweltverschmutzung, De-Attraktivierung unserer Innenstädte, die quasi nur noch aus Parkplätzen zu bestehen scheinen, Tote und Verletzte, jede Menge externe Kosten, die nicht nach dem Verursacherprinzip ausgeglichen sondern vergesellschaftet und auf die Allgemeinheit umgelegt werden… Zu all diesen Punkten verlor Christoph Guth kein einziges Wort – wie es sich für einen guten Ideologen gehört.
Sein Mantra nochmal zusammengefasst: Weil der Autoverkehr der dominante Verkehr ist, muss er allen anderen Verkehrsformen gegenüber bevorzugt werden. Gestern, heute und in alle Zukunft. Daran soll sich nichts ändern. Die Leidtragenden dieser Form des „Konservatismus“ sind Fußgänger, ÖPNV-Nutzer und Radfahrer gleichermaßen – und die gesamte Stadtgesellschaft. Fairness á la €DU.
Gleichzeitig kanzelte er eine Veränderung (oder gar Steuerung) der Bedarfe (bspw. durch vernünftige Anreize für mehr Rad- und Fußverkehr) als reine „Utopie“ ab. Offenbar sieht Christoph Guth die Aufgabe der Verkehrspolitik nicht darin, offensichtliche Probleme zu lösen, sondern darin, sie zu fördern und für die Zukunft zu zementieren.
Wahrscheinlich war Herr Guth noch nie in den Niederlanden, in Paris, Kopenhagen oder an sonst irgendeinem Ort, an dem längst nicht mehr nur autozentrierte Politik praktiziert wird. Orte, in denen „Bedarfe“ nicht ausschließlich über anachronistische Autofahrer-Bedürfnisse definiert werden, sondern „gleichberechtigt“ auch über Kriterien wie nachhaltige Stadtentwicklung, Aufenthalts- und Lebensqualität, Verkehrssicherheit für „vulnerable“ (gleichzeitig sozial und ökologisch positive) Verkehrsformen usw. politisch bemessen werden.
Rund um die Welt straft ihn progressiv praktizierte (=christliche) Verkehrspolitik Lügen: Was er pauschal als „Utopie“ – also unerreichbare Hirngespinste – abwertet, ist vielerorts nämlich längst gelebte Realität. Eine Realität und Option, die Guth aus ideologischen Gründen ausblendet.
Könnte es nicht ein Ziel sein, zukünftig mehr Verkehr über den Umweltverbund aus ÖPNV, Rad- und Fußverkehr abzuwickeln und damit die durch (den dann weniger notwendigen) Pkw-Verkehr erzeugten Probleme zu minimieren? Haben wir genau das nicht bereits im städtischen Verkehrskonzept so beschlossen? Was, wenn wir allen anderen Mobilitätsformen außer dem Pkw ähnlich sichere, einladende und komfortable Infrastruktur zur Verfügung stellen würden? Würden dann – wie in den Niederlanden etc. – nicht mehr Menschen genau diese Angebote nutzen? Insbesondere dann, wenn wir das Autofahren diesen weniger schädlichen Mobilitätsarten gegenüber weniger attraktiv gestalten würden? Für Christoph Guth undenkbar. Reine Utopie! Gleichzeitig schwurbelt die €DU, sie stünde für Wahlfreiheit in Sachen unterschiedlicher Mobilitätsformen. Das ist purer Zynismus!
Guth und die €DU wollen also keine Politik betreiben, die die Lebenswirklichkeit der Menschen oder die Lebensqualität in der City verbessert. Sie stehen nicht für eine Politik, die die wirklichen Probleme ernst nimmt und Ideen/Visionen für Verbesserungen und Veränderungen entwickelt. Stattdessen setzen sie auf Nicht-Veränderung und Problemerhaltung und stellen ihre Auto-Auto-über-alles-Ideologie über alle sonstigen (auch zukünftige) „Bedarfe“, die nicht in ihr motonormatives Weltbild passen. Für die „christdemokratische“ *hüstel* Dürener €DU sind Autofahrer mehr Wert als Fußgänger, Radfahrer, Schüler oder ÖPNV-Nutzer.
Eine „gleichberechtigte“ bzw. „gleichberechtigende“ Verkehrspolitik, wie sie im €DU-Wahlprogramm geschwurbelt wird, sieht hingegen ganz anders aus. Sie geht eben nicht von einem dominanten Player aus, den es aufgrund seiner eh schon vorhandenen Dominanz auch noch zu fördern gilt. Vielmehr stellt sie Menschen statt Maschinen in den Mittelpunkt, erkennt Probleme und sucht nach Problemlösungen. Technologieoffen und ideologiefrei wie es immer so schön heißt.
Eine „gleichberechtigte Behandlung“ der verschiedenen Verkehrsträger würde beispielsweise bedeuten, dass Fußgängern und Radfahrern – genau wie Autofahrern – eine ihren (qualitativen nicht quantitativen) „Bedarfen“ angemessene Infrastruktur zur Verfügung gestellt würde. Beispielsweise ein zusammenhängendes Radwegenetz, über das man sicher und ohne künstliche Umwege in die Städte und umliegenden Ortsteile gelangt. Oder Gehwege, die wenigstens das Durchkommen mit einem Rollstuhl oder Kinderwagen ermöglichen. Sichere Schulwege und ein gut vernetzter und getakteter ÖPNV. Also echte Alternativen zum motorisierten Individualverkehr, die nebenbei auch noch die Pkw-produzierten Probleme abbauen. All das will die €DU nicht! Sie mag es zwar immer mal wieder so oder so ähnlich behaupten, aber das sind reine Lippenbekenntnisse, die nichts mit der tatsächlichen Politik/Umsetzung zu tun haben. Schön, dass Herr Guth das €DU-Wahlkampfgeschwurbel mit seiner deutlichen Positionierung gegen eine gerechte Verkehrspolitik demaskiert hat.
Ein paar inhaltliche Konkretisierungen…
Die Weigerung der €DU auch dem Radverkehr eine angemessene bzw. „gleichberechtigte“ Infrastruktur entlang Hauptverkehrsstraßen zur Verfügung zu stellen, provozierte Buh-Rufe im Publikum. Bekanntlich will die €DU nicht nur den einzigen neuen Radweg, der diesen Namen wirklich verdient (Protected Bike Lane Veldener Straße) auf Kosten der Dürener Steuerzahler wieder abreißen – inklusive Rückzahlung der dafür geflossenen Fördermittel. Sie will den (zumindest sicheren) Radverkehr außerdem möglichst von allen direkten und praktischen Wegen verbannen. Alle Hauptverkehrsstraßen sollen in sicherer und komfortabler Form ausschließlich Autofahrern zur Verfügung stehen. Radfahrer, die das Stadtklima schonen, weder Lärm noch Abgase erzeugen, kaum folgenschwere Unfälle verursachen oder den öffentlichen Raum blockieren, sollen auf Umwege geschickt werden, um ihr Ziel zu erreichen. Schließlich strampeln die aus eigener Kraft, da sind unpraktische Umwege und künstlich verlängerte Fahrtzeiten natürlich angemessen. Wer so bescheuert und minderwertig ist (Radfahrer und Fußgänger), darf auf gar keinen Fall dafür belohnt werden, nicht Auto fahren zu wollen oder zu können. Denen (bspw. Schülern ohne Führerschein) auch nur annähernd „gleichberechtigt“ die Infrastruktur zur Verfügung zu stellen, die für Autofahrer selbstverständlich ist, ist pure Utopie. Autofahrer haben Bedarfe, denen entsprochen werden muss – koste es, was es wolle. Alle, die nicht Auto fahren können oder wollen, haben keine Bedarfe/Bedürfnisse, sondern stellen nur unverschämte Forderungen (die zufällig genau den offiziellen Richtlinien und den beschlossenen städtischen Konzepten entsprechen). Ideologie!!!
Hierfür hat sich die Marketingabteilung der Schöpfungs-Autoverkehr-Bewahrungspartei sogar ein neues Wort einfallen lassen, das Einzug ins aktuelle Wahlprogramm gefunden hat. Sie spricht nämlich vom „bedarfsgerechten Rückbau von geschaffenen Verkehrsflussverringerungen z. B. in der Aachener Straße und der Veldener Straße“. Gemeint ist natürlich alles, was irgendwie auch nur den Anschein haben könnte, dem Rad- oder Fußverkehr zu gute zu kommen. Wenn die €DU von „dem Verkehr“ spricht, meint sie immer nur den motorisierten Individualverkehr. Meinetwegen auch noch den Schwerlastverkehr, der sich durch die City zwängt. Etwas verschwurbelt drückt sie mit der Vokabel „Verkehrsflussverringerung“ ihre unübersehbare Ideologie aus: Alles, was kein Autoverkehr ist, gehört nicht zum erwünschten „guten“ Verkehr, sondern verlangsamt den einzig wahren, geliebten Autoverkehr. Schlimme Sache! Man stelle sich nur mal vor, die Autofahrt durch die City würde statt 10 Minuten 11,5 Minuten dauern. Absolut unverhältnismäßig im Vergleich zur erwartbaren Lärm- und Abgasreduktion (Tempo 30 statt 50 verflüssigt den Verkehr), Unfallreduktion, Lebensqualitätssteigerung…!
Radfahrer und Fußgänger sind aus €DU-Perspektive keine Menschen/Verkehrsteilnehmer mit eigenen, den Autofahrern gleichberechtigten Bedürfnissen (z.B. sichere und direkte Wege). Sie sind nur ärgerliche Hindernisse für den Autoverkehr!
Protected Bike Lane aka geschützter Radstreifen Veldener Straße
Das wenige bisschen neuer Fahrradinfrastruktur, das wenigstens bedingt „Radweg“ genannt werden kann, will die €DU bekanntlich wieder abschaffen. Weg mit dem Dreck! Ob die Stadt (die Dürener Bevölkerung) dann auch die für die PBL geflossenen Fördermittel zurückzahlen muss, erzählt einem die €DU natürlich nicht. Stattdessen behauptet Guth, dass es wegen des geschützten Radstreifens bereits zur Verlangsamung von Einsatzfahrzeugen gekommen sei. Ob dies stimmt oder nicht, werden Nachfragen bei Polizei und Feuerwehr ergeben – Infos folgen…
Aus dem Publikum kam ein Vorschlag bzw. eine Frage, die Herr Guth (aus Gründen) ebenfalls lieber nicht beantworten wollte: Wenn die Sorge der €DU wirklich ist, dass die Einsatzfahrzeuge aus der geplanten Haupt-Feuerwache an der Veldener Straße nicht schnell genug an ihr Ziel kommen, wäre es nicht besser („gleichberechtigte Verkehrsarten“), die Protected Bike Lane noch ein Stückchen zu verbreitern, statt sie komplett zu entfernen? Dann könnten die Einsatzfahrzeuge nämlich die Fahrradspur nutzen – ganz ohne das Problem, sich im Einsatzfall durch Straßen versperrende, überdimensionierte Blechbüchsen kämpfen zu müssen. Dazu müssten übrigens nur ein paar wenige Pkw-Parkplätze entlang der Protected Bike Lane verschoben werden – beispielsweise auf einen der Quartiersparkplätze, die es ja angeblich vermehrt geben soll. Damit wäre nicht nur Feuerwehr und Polizei gedient, sondern auch allen Schüler/innen und Nicht-Pkw-Abhängigen, die aus Dürens größtem Stadtteil Birkesdorf in die Innenstadt müssen. Zumindest bis zur Kino-Kreuzung, wo die Protected Bike Lane abrupt endet und der Radverkehr wieder auf Horror-Straßen wie Philipp- und August-Klotz-Straße geführt wird.
Rad-Vorrangrouten und Fahrrad-Brücken
Da die €DU keine Gleichberechtigung auf unseren Straßen will, sondern die Bevorzugung des Pkw-Verkehrs vorantreiben will (und damit die Bevormundung aller Nicht-Pkw-Verkehre), erklärt sich auch ihre Forderung, das längst beschlossene Rad-Vorrangrouten-Konzept komplett zu überarbeiten. Und es ad absurdum zu führen, denn ein Grundgedanke des Konzeptes ist ja, die Ungleichberechtigung ein wenig aufzuheben und dem Radverkehr (inkl. Schüler, Senioren…) wenigstens auf den Verbindungen aus den Ortsteilen in die City sichere und zusammenhängende Wege zur Verfügung zu stellen. Eigentlich müsste das ganz im Sinne des €DU-Wahlprogramms und der Äußerungen des Hamm-Burger-Meisterkandidaten sein. Schenkt man den Behauptungen Glauben, wollen sie doch, dass wir frei entscheiden können sollen, ob wir mit Auto, Rad, E-Roller, Bus oder zu Fuß in Düren mobil sind. Dass diese freie Entscheidung maßgeblich davon abhängt, ob ich überhaupt eine „bedarfsgerechte“, also sichere, direkte und dem Pkw „gleichberechtigte“ Infrastruktur zur Verfügung habe, erwähnt die €DU natürlich lieber nicht.
Statt sich also für gleichberechtigte Mobilität einzusetzen, will die €DU das beschlossene Rad-Vorrangrouten-Konzept in ein Rad-Nachrang-und-Umwege-Konzept pervertieren. Auf sämtlichen Hauptverkehrsachsen – also den schnellsten und direktesten Wegen – soll es am besten gar keine Fahrrad-Infrastruktur geben – zumindest keine richtlinienkonforme und sichere. Und schon gar keine dem Autoverkehr gleichberechtigte! Weitere totgefahrene Radfahrer auf Aachener Straße & Co. müssen als Kolateralschäden der Auto-Auto-über-alles-Politik in Kauf genommen werden. Radverkehr bzw. Menschen, die sich per Rad bewegen wollen oder müssen, haben keinen Wert für die €DU. Im Gegenteil, sie sind nur „Verkehrsverringerer“ für schützenswerte Autofahrer.
Die eierlegende Wollmilchsau
Allerdings merkte Christoph Guth an, dass die €DU in Sachen Autoverkehr durchaus eine Veränderung sehen möchte. Na klar sollen möglichst immer mehr immer größere Autos unseren öffentlichen Raum verstopfen und allen anderen Verkehrsformen den Raum für Entwicklungen wegnehmen. Aber doch bitte ein paar mehr elektrisch betriebene. Und schwupps wären alle Pkw-erzeugten Probleme verschwunden… 🥳

sPD: Defizite bei der Umsetzung, Wahrung des schönen Scheins
Im Gegensatz zu €DU-Mensch Guth bot unser aktueller (sPD-)Bürgermeister Frank Peter Ullrich weniger verkehrspolitische Angriffsfläche. Einigermaßen geschickt versuchte er, Verständnis für die Positionen der Tour-Teilnehmer/innen und des Publikums, die unisono die Umsetzung der versprochenen und beschlossenen „Verkehrswende“ forderten, zu zeigen.
Dass Düren auch nach 10 Jahren rot-grüner (+Anhängsel) Politik hinsichtlich sämtlicher Ziele in Richtung Verkehrswende weit zurück hängt, schob er auf (angeblich) nicht vorhandene politische Mehrheiten sowie auf fehlende personelle Kapazitäten. Der politische Wille sei zwar irgendwie vorhanden, ABER…‼️
Immerhin ließ er sich zu einigen Aussagen hinreißen, die etwas mehr waren, als aalglatte, nicht greifbare Politiker-Floskeln. Beispielsweise betonte er mehrmals, dass es in der Dürener Innenstadt ausreichend Pkw-Parkplätze gibt. Er verwies auf die Parkhaus-Kapazitäten – ohne ein Wort über deren (Nicht-)Auslastung zu verlieren und betonte wiederholt, dass man sich ja bereits auf den Weg gemacht habe. Als Beispiel nannte er den Schützenplatz, der (vielleicht noch in diesem Jahrhundert) schließlich (teilweise) von einem reinen Pkw-Parkplatz zu einem Park für die gesamte Dürener Stadtbevölkerung umgestaltet werden soll.
Auf Nachfrage äußerte er sogar so etwas wie Selbstkritik, als er auf die Nicht-Umsetzung des städtischen Verkehrskonzepts angesprochen würde. Ja, man habe an vielen Stellen Nachholbedarf (siehe oben: angeblich fehlende Mehrheiten und Kapazitäten). Auch dass das Verkehrskonzept (trotz Beschluss inkl. konkreter Vorgaben) niemals auch nur ansatzweise evaluiert wurde, sieht er als Versäumnis, dem man sich nun stellen wolle/müsse. Wie ernst er das meint, wird sich zeigen. Gerne gebe ich mit einem neuerlichen Bürgerantrag hierzu nochmal ein wenig Unterstützung.
Beim Thema „Parkraumkonzept für die Innenstadt“ blieb Ullrich sehr zurückhaltend. Es drängte sich der Verdacht auf, dass sich die Dürener Verkehrspolitik immer noch nicht wirklich mit dem Thema beschäftigt hat. Obwohl auch die Erarbeitung eines Parkraumkonzepts seit Jahren beschlossene Sache ist. So musste aus dem Publikum darauf hingewiesen werden, dass ein zukunftsgerichtetes Parkraumkonzept nicht (ausschließlich) das Ziel hat, Pkw-Parkplätze ersatzlos zu entfernen. Vielmehr soll es dazu dienen, Pkw-Parkräume (Befriedigung der Bedarfe von Pkw-Abhängigen) neu zu sortieren und insbesondere so zu bündeln, dass ihnen die (laut €DU angeblich gefährdete) „Erreichbarkeit der Innenstadt“ selbstverständlich weiterhin problemlos ermöglicht wird. Allerdings in einer Art und Weise, die eine Stadtentwicklung ermöglicht, in der der öffentliche Raum zukünftig nicht nur anhand der (angeblichen) „Bedarfe“ von Parkzeug-Abstellern verteilt wird, sondern die Bedarfe der gesamten Stadtbevölkerung (inklusive Kinder & Jugendliche, behinderte Menschen, Leute ohne Pkw-Führerschein…) berücksichtigt.
An verschiedenen Stellen kam jedoch auch Ullrichs Überzeugung als „überzeugter Autofahrer“ durch. Ohne irgendwelche relevanten Zahlen zu nennen, verwies er bspw. darauf, dass Düren ja eine Einpendler-Stadt sei. Und Pendler müssten halt mit dem Auto fahren. (Weil sPD & Grüne ihnen in den letzten zwei Wahlperioden keine wirklichen Alternativen eröffnet haben?) Wieviele Kinder & Jugendliche in der Schulstadt der kurzen Wege auf andere Verkehrsmittel (Fuß & Rad) scheint auch bei Ullrich gedanklich/politisch keine Rolle zu spielen. Ebenso wurden keine Zahlen zu den Binnen-Pendlern in Düren, deren Arbeitsweg nur wenige Kilometer beträgt, genannt. Wieviele dieser Gruppen würden ihre regelmäßigen Wege gerne öfters oder regelmäßig mit dem Rad oder dem ÖPNV und zu Fuß absolvieren, wenn ihnen hierfür eine einladende, sichere und komfortable Infrastruktur zur Verfügung stünde? Also das, was €DU-Mensch Guth pure „Utopie“ nennt?

Die Grünen: Ehrlicher Wille scheitert an ständigen Pro-Pkw-Kompromissen und strukturellen Gegebenheiten
In seiner Funktion als Vorsitzender des städtischen Verkehrsausschusses (Ausschuss für Mobilität, Umwelt und Klimaschutz) nahm neben Ullrich und Guth auch Georg Schmitz von den Grünen an der kleinen Frage- und Diskussionsrunde teil. Dem VCD- und ProRad-Mitglied war (in Anwesenheit des Verwaltungschefs und Vorsitzenden des großen Koalitionspartners) deutlich anzumerken, dass er irgendwie zwischen den Stühlen saß bzw. einen Spagat vollbringen musste. Einerseits ist er als einer der wenigen (an einer Hand abzählbaren) Lokalpolitiker bekannt, die sich wirklich für so etwas wie eine „Verkehrswende“ (darf man das heute überhaupt noch so sagen?) einsetzen und inhaltlich tief in der Materie drin sind. Andererseits ist er als Ausschussvoristzender natürlich einer gewissen Neutralität verpflichtet, und muss als Teil der „Koalition Zukunft“ auch das viele verkehrspolitisch nicht Erreichte einigermaßen schön reden oder wenigstens sachlich begründen. Verständlicherweise hielt er sich bei der Diskussion einigermaßen zurück – auch weil die meisten Fragen aus dem Publikum an Ullrich und Guth gestellt wurden. Das kann und darf man ihm nicht zum Vorwurf machen.
Optimismus
Axel Fell, ADFC-NRW-Landesvorsitzender und Kenner der Dürener Verkehrsverhältnisse, brachte die Forderung der Tour de Verkehrswende abschließend optimistisch auf den Punkt, indem er auf die erste Verkehrswende hinwies, die wir bereits hinter uns haben: Mit aller Macht wurden unsere Städte in den vergangenen 70 Jahren nach dem ideologischen Leitbild der autogerechten Stadt auf Kosten aller anderen Verkehrsformen sowie der allgemeinen Lebens- und Aufenthaltsqualität umgestaltet. Was, wenn wir nur 10% dieser Umgestaltungsenergie dafür aufwenden würden, eine zweite Verkehrswende anzuschieben? Eine Verkehrswende, deren Ziel es ist, dass ÖPNV, klima- und menschenfreundliche Verkehrsformen statt immer größer, schwerer und hochmotorisierterer Autos den Takt, den Sound und das Bild unserer Städte vorgeben.
Was, wenn die leeren Worthülsen von „gleichberechtigter Mobilität“ wirklich glaubhaft wären?
Was, wenn die Politik ihre eigenen verkehrspolitischen Beschlüsse und Wahlversprechen endlich mal wirklich umsetzen würde? Könnte man das „christdemokratische Politik“ nennen?
Danke, @Grüne Düren für die Bereitstellung des Video-Materials. Vielleicht folgen hier im Blog später noch ein paar Schnipsel daraus…

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