“Fakt ist: Die Zahl der Knöllchen und damit der Einnahmen aus Verwarnungs- und Bußgeldern ist im laufenden Jahr rapide zurückgegangen. Mittlerweile beläuft sich das Minus auf weit mehr als 500.000 Euro, hat die Kämmerei hochgerechnet.“ (J. Abels, E-Paper DN Nachrichten, 29.11.2019)

500.000 Euro im laufenden Jahr? Das wären bei einem – mal optimistisch angenommenen – durchschnittlichen „Knöllchen“ von 20 Euro also 25.000 Knöllchen weniger. Beachtlich!

Quelle:
https://www.bussgeldtabelle.org/parken-halten/

Politessen verteilen weniger Strafzettel“ betiteln die Dürener Nachrichten ihren Artikel zum Thema weniger Einnahmen aus der Dürener Verkehrsraumüberwachung. Mal ganz davon abgesehen, dass es in Düren nicht nur weibliche Verkehrsüberwacherinnen gibt, sondern auch männliche „Polizei-Hostessen“ bzw. „Politeure“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Politesse), zeigt der Artikel – die Radfahrer-Brille aufgesetzt – wieder ganz schön, dass die finanzielle (und auch die autozentrierte) Sicht den öffentlichen (politischen) Diskurs sowie das behördliche Handeln dominiert.

Zitat:
„Bei den Einnahmen aus der Verkehrsüberwachung ist es laut Rechtsdezernentin Christine Käuffer ein Mix aus vielen Gründen, die zu dem Minus geführt haben. Zum einen mussten neue Überwachungskräfte eingestellt und eingearbeitet werden, zum anderen ist der Krankenstand weiter sehr hoch, betont Käuffer.“
Zitatende

Na gut, man hat natürlich auch eine Erklärung für das eklatante Defizit parat: Zu wenig (eingearbeitetes) Personal und hohe Krankenstände – neben fehlenden Finanzmitteln die übliche behördliche Erklärung, für alles, was nicht umgesetzt wird.

Aber es geht ja noch weiter:

Zitat:
„Und die Politessen würden auf Wunsch von Politik und Bürgern auch vermehrt in den Stadtteilen aktiv, wo naturgemäß in der gleichen Zeit weniger Parksünder ertappt werden als in der City.“
Zitatende

Aha, die BürgerInnen sind also auch (mit) daran schuld, dass die Einnahmen nicht mehr sprudeln! Jetzt müssen die „Politessen“ auch noch die bösen Stadtteile besser kontrollieren! Weil Bürger und Politik (anscheinend anders als Verwaltung) erkannt haben wollen, dass auch in den Stadtteilen jeden Tag Menschen zum Beispiel durch notorische Falschparker gefährdet werden.

Ständig zugeparkt. Trotz großem Parkplatz direkt gegenüber.

Irgendwie wundere ich mich da ein wenig. Insbesondere, wenn ich das „Angemerkt“ von J. Abels in den DN Nachrichten lese, das sich auf seinen Artikel bezieht: “Eine Politesse erwirtschaftet das 2,5-fache ihrer Kosten, hat die Kämmerei vor Jahren berechnet. Normalerweise! Denn das gilt nur, wenn sie die stark frequentierten Parkplätze der Innenstadt kontrolliert und ihre Zeit nicht in Außenbereichen vertrödelt.“

Ich lese da zwar irgendwie einen leichten ironischen Unterton, bin mir aber nicht so sicher, da das „vertrödelt“ weder kursiv noch in Anführungszeichen gesetzt wurde. Außerdem nennt Herr Abels im „Angemerkt“ nur die geldeinbringenden Maßnahmen der Parkplatzüberwachung, nicht die Sicherheit schaffenden Folgen von Geh- und Radweg-Kontrollen.

Erstmal erlaubt es mir die Beschilderung nicht, überhaupt mit dem Rad auf die Radspur an der Kölnstraße abzubiegen, dann ist eh immer zugeparkt.
Schlecht geplant, nicht kontrolliert.
So sieht die „besondere Förderung“ von Radverkehr leider aus.

Eine Frage: Warum nicht mit der intensiven Kontrolle von Falschparkern auf Geh- und Radwegen anstelle von Parkzeitüberschreitungssündern vier Fliegen mit einem Knöllchen schlagen?

1. Den Kämmerer glücklich machen.
2. Rad- und Gehwege (und damit auch Straßen) sicherer machen.
3. „Pädagogische Denkzettel“ an vernünftigen Stellen hinterlassen.
4. Gemäß dem eigenen Motto handeln:
„Im Bereich des ruhenden Verkehrs liegt der Schwerpunkt bei der Beseitigung von Behinderungen für den fließenden Verkehr.“
+
„Gegenstand des beantragten klimafreundlichen Mobilitätskonzepts für die Stadt Düren sind zunächst alle Verkehrsarten. Besondere Schwerpunkte gelten aufgrund der Stadtstruktur („Stadt der kurzen Wege“) jedoch der Stärkung des Fuß- und Fahrradverkehrs.“

Das Ordnungsamt verfügt ja angeblich über eine kleine E-Bike-Flotte, die sich für solch ein Projekt perfekt anböte. Nur zu gerne würde ich die mal in Aktion sehen. Falls mir dies jemals gelingt, gibt´s natürlich ein Beweisfoto!

Solange müssen wieder unsere Nachbarn als gutes Beispiel herhalten…
Quelle: www.pixabay.de

Die Argumentation, dass die Kontrolle der Stadtteile so aufwändig und nicht lukrativ sei, mag zwar aus Verwaltungs-Kurzsicht stimmen und irgendwie fachkundig berechnet worden sein. Aber aus Fahrradfahrer- und Bürgersicht fehlt mir in der Rechnung irgendwie der Faktor Mensch.

Wie viele Nerven die ewigen Falschparker Radfahrern und Fußgängern bereits gekostet haben, wie viele gefährliche Situationen sie verursacht haben und welche Folgen ihr nicht geahndetes Fehlverhalten hatte, finde ich nicht in der Rechnung. Auch den dieses Verhalten durch Nicht-Ahndung unterstützenden Effekt kalkuliert man nicht mit ein. Oder die Überflüssigkeit solchen Verhaltens. Ist ja auch alles nicht wirklich messbar, daher irrelevant und sowieso unwichtig.

Fiskalisches Quartals-Denken!
Welche positiven Folgen es mittel- und langfristig haben könnte, wenn sich alle – so gut es geht – an die Regeln halten und mal über ihre Mit-Verkehrsteilnehmer nachdenken würden, spielt keine Rolle.

Aber vielleicht denke ich da ja meinerseits viel zu kurz und „unbürokratisch“. Was wäre denn, wenn man die Falschparker, die Andere gefährden, konsequent bestrafen würde und die sich dann tatsächlich bessern würden? Dauerhaft? Weil sie beispielsweise ständig Gefahr liefen, teuer abgeschleppt zu werden. Und (so gut wie) niemand würde mehr egoistisch und bescheuert parken… Dann könnte man ja gar keine Millionen-Einnahmen mehr generieren, obwohl die doch bestimmt fest im Haushaltsentwurf eingeplant sind. Syntax_Error…

Sprung zurück von der Theorie zur Praxis: Vom Wirteltorplatz, dem Sitz des Ordnungsamts in die Stadtteile sind in der „Stadt der kurzen Wege“ recht überschaubare Strecken. Könnte man diese kurzen Distanzen nicht dazu nutzen, die bekannten und gemeldeten Gefahrenbereiche, an denen auch in den Stadtteilen ständig Falschparker stehen, intensiv zu kontrollieren? Auf dem Weg dorthin und in den nächsten Stadtteil könnte man natürlich gerne noch den ein oder anderen Parkplatz „mitnehmen“ – auch wenn diese halt nicht ganz so lukrativ sind wie in der Innenstadt.

Alles keine Distanzen!
Danke für den Hinweis, Google!

Wozu hat man sich denn sonst teure E-Bikes angeschafft? Doch nicht etwa, um öffentliche, innerstädtische Parkplätze zu kontrollieren? Und wie muss man sich eigentlich solche Parkplatzkontrollen in den Stadtteilen vorstellen, die die Zeit der OrdnungshüterInnen so ungemein „vertrödeln“? Da steht man doch nicht stundenlang auf einem Parkplatz rum und wartet, bis sich die Bußgelder von Stunde zu Stunde erhöhen (siehe oben), um dann ein lukratives Knöllchen zu verteilen. Oder um pädagogisch tätig zu werden, sobald der Parksünder auftaucht…

Ich stelle mir das eher so vor, dass man von Parkplatz zu Parkplatz zieht und möglichst viel kontrolliert. Wieso das in der „Stadt der kurzen Wege“ mit E-Bikes und der Option auf den Wegen ebenfalls für Ordnung – ääh, Einnahmen zu sorgen, nicht funktioniert, will mir nicht in den Sinn. Selbst aus reiner Geld-Sicht nicht. Wobei, ich weiß ja nicht, wie die „Politessen und Politeure“ so eingruppiert sind.

Beispiel Nord-Düren:
Ich bräuchte noch nicht mal einen Motor am Rad, um da 2-3 Mal pro Schicht entlangzufahren, abzukassieren und hätte immer noch genügend Zeit für die innerstädtische Autoparkplatz-Fluktuation.

Angefangen bei den Ignoranten, die immer wieder „kurz“ im absoluten Halteverbot anfangs der Straße parken, um nur schnell etwas anzuliefern.

Hauptsache Warnblinker an. Nebenbei: Das könnte der Stadtkasse nochmal 5 Euro obendrauf bescheren!

Dann vor Bäckerei/Apotheke, wo regelmäßig der Schutzstreifen/Mehrzweckstreifen/Was-auch-immer-Streifen von AutofahrerInnen zugeparkt ist, denen es anscheinend zu anstrengend ist, die paar Meter zum direkt gegenüberliegenden Parkplatz zu laufen. Seit Jahren geduldeter (erwünschter?) Dauerzustand! Warum nicht das absolute Halteverbot bis zur Ecke Alte Jülicher ziehen und einen Zebrastreifen rüber zum Parkplatz pinseln? Dafür könnte ich gut auf den lächerlichen Mehrzweckstreifen verzichten.

Running Gag: Alibi-Schutz-Streifchen
„Nur kurz zum Bäcker.“

Auf den paar Metern bis zu den ätzenden Parkbuchten auf Höhe des Nachbarschaftstreffs werden dann noch andauernd die Gehwege zugeparkt – damit auch ja kein Rolli-Fahrer mehr durch kommt und kein Kind sicher über die Straße kommt.

Gehweg=Pkw-Parkraum

In den Parkbuchten selber stehen eigentlich immer Transporter, die mit ihrem Heck voll auf dem „Schutzstreifen“ parken. Tagein, tagaus.

Wendehämmer kontrollieren, Falschparker im fließenden Verkehr auf Schutzstreifen ignorieren…
…aus Haushaltssicht sinnvolle (Nicht-)Maßnahme.

Am Nordpark geht´s dann weiter. Dort stehen jeden Tag zwischen 5 und mehr als zehn Pkw, die mangels Knöllchen oder Abschleppung dauerhaft signalisiert bekommen: Auf dem Schutzstreifen parken ist vollkommen OK. Weiter so! Nur bitte ab und zu daran denken, die Fahrertür mit der rechten Hand zu öffnen, dann passt das schon…

Morgens…
Nachmittags…. Die gleichen Autos, Knöllchen nicht in Sicht.
300 Meter durch Nord-Düren.

Und das ist jetzt nur eine kleine Ecke Dürens, eine Straße, die ich täglich befahre. Ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass es vielen Radpendlern und radfahrenden Schülern in Düren-Ost, Rölsdorf, Gürzenich oder wo auch immer ähnlich gehen könnte.

Und jetzt muss man den Hinweisen aus der Bürgerschaft und Politik also auch noch nachgehen! Na sowas! Da sind die blöden Bürger aber selbst schuld, wenn weniger Kohle gemacht wird und die ach so wenigen Parkplätze in der Innenstadt noch mehr zugeparkt werden, weil sich niemand an die Parkzeiten hält, während die Kontrolleure ihre Zeit in den Lichtjahren entfernten Stadtteilen vertrödeln.

Wahrscheinlich fließt die fehlende halbe Million Euro zur Krönung noch als Argument gegen die versprochenen Investitionen in eine vernünftige Rad-, Fuß- und ÖPNV-infrastruktur in die aktuellen Haushaltsverhandlungen ein:
„Sorry, Leute – da wir wegen des Versuchs, ein Fitzelchen mehr Sicherheit für euch nervige und überflüssige Radfahrer herzustellen, ein Loch in der Kasse haben, könnt ihr euch das mit dem Radverkehrskonzept und Radwegenetz erstmal wieder abschminken.“

Zitat:
„Allerdings macht Käuffer auch deutlich, dass es nicht Ziel der Verkehrsraumüberwachung sei, möglichst hohe Einnahmen zu erzielen, sondern dafür zu sorgen, dass die Regeln eingehalten werden.“
Zitatende

Nein, es geht natürlich nicht um´s Geld, sondern um den pädagogischen Auftrag. Die Falschparker sollen ja lernen, sich an die Regeln zu halten. Und wie erledigen die „pädagogischen Politessen“ diesen Lehrauftrag? Indem sie Menschen, die zu lange auf öffentlichen Parkplätzen parken, ansprechen und ihnen mit dialogischen Methoden näher bringen, welchen Sinn Parkgebühren und Parkplatzfluktuationszeiten machen? Bestimmt nicht. Diese Autofahrer sind ja in der Regel noch nicht mal an ihrem Auto anzutreffen. Wäre eh nicht lukrativ, da viel zu zeitintensiv. Da kann Verhaltensänderung also nur über Geldstrafe funktionieren. Maximaler „pädagogischer Effekt“: bessere Parkplatz-Fluktuation.

Ich frage mich, wieso die rare Zeit der Politessen genau da investiert wird, wo
a) die ungefährlichsten Verstöße begangen werden,
b) die Bußgelder dementsprechend gering sind und
c) der niedrigste pädagogische Effekt zu erwarten ist?
Na gut, die Masse macht´s (fiskalisch).

Ich denke, dass es insbesondere bei der Verfolgung von Park-Ordnungswidrigkeiten fast ausschließlich um Stellen-Refinanzierung und Haushaltssanierung geht und überhaupt nicht um Sicherheit oder gar Mentalitätswandel hin zur eigenen Prämisse pro Rad/Fuß/ÖPNV. Obwohl man beide Pole wunderbar zusammen denken könnte/müsste und Radfahrer/Fußgänger/Ordnungsamt/Polizei sich bestens ergänzende und verstehende Partner sein könnten und sollten.

Wie sonst lässt sich erklären, dass beispielsweise am Wendehammer StadtCenter andauernd das absolute Halteverbot kontrolliert wird, auf viel befahrenen Straßen, die sich Rad und Auto während des Berufsverkehrs teilen, aber augenscheinlich viel zu wenig? Oder auf den „Schutzstreifen“ in Nord-Düren. Was steht da wohl im Vordergrund – effektives Abkassieren des ruhenden Verkehrs oder Verkehrssicherheit (insbesondere für Rad&Fuß) im fließenden Verkehr? Übrigens, das mit dem morgendlichen Berufsverkehr hat sich erledigt. Laut Telefon-Zentrale Stadt Düren ist beim Ordnungsamt vor 8 Uhr eh niemand zu erreichen.

Das macht besonders Kindern Spaß, die beim Überqueren dank Falschparker gar nicht mehr gesehen werden!

Aber ich habe noch Hoffnung. Vielleicht wartet man ja einfach nur noch auf die neuen Bußgelder, die bald kommen sollen. Mit denen könnte man dann endlich auch bei Falschparkern auf Gehwegen und Schutzstreifen mal richtig Kasse machen. Vielleicht werden Kontrollen an gefährlichen Stellen bei höheren Strafen auch für die Ordnungshüter interessanter.

Siehe:
Besserer Schutz für Radfahrer (Bundesregierung zur StVO-Novelle)

Viel Kritik an Scheuers Bußgeld-Reförmchen (Frankfurter Allgemeine/faz.net)

Für mehr freie Wege und Plätze für Alle: Bußgelder für Falschparker drastisch erhöhen! (Gemeinsames Forderungspapier diverser Verbände)

„Schleppt sie ab! Alle!“ (taz online)

Die gute Nachricht aus dem eingangs zitierten Zeiungsartikel von Jörg Abels kommt zum Schluss:

„Insgesamt aber sieht es für den Dürener Haushalt aktuell sehr gut aus. Aufgrund von Gewerbesteuereinnahmen, die immer noch zwei Millionen Euro über dem Ansatz liegen, geht Kämmerer Erhard Vanselow aktuell von einem Jahresüberschuss von 1,5 Millionen Euro aus, 420.000 Euro über Plan.“

Geld genug, um anzufangen, das versprochene Radwegenetz zu schaffen?

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Weitere Quelle:
https://www.dueren.de/verwaltung-politik/stadtverwaltung/aemter-im-ueberblick/amt-fuer-recht-und-ordnung/ordnung-und-verkehr/verkehrsangelegenheiten/