Es ist doch ziemlich erstaunlich, wie hartnäckig sich das Klischee vom chaotischen, alle Regeln ignorierenden Radfahrer hält. Volkskundler würden bestimmt herausfinden, dass es in unserer automobilen Gesellschaft fein von Generation zu Generation (Verbrenner-Verstromer-Brennstoffzeller-…) tradiert wird.

Und es entwickelt sich weiter. Neben den klassischen innerstädtischen Störfaktoren (innerorts: Radfahrer generell, außerorts: nebeneinander fahrende Rennradfahrer…) sind neuerdings auch noch rasende Pedelec-Senioren und e-motorisierte Rüpel-Mountainbiker dazugekommen. Von den Massen an alle Wege verstopfenden Lastenrädern ganz zu schweigen… Der blanke Horror!

Andererseits wird gleichzeitig fast jede beliebige Maßnahme zur Förderung des Radverkehrs mit dem “Argument” torpediert, dass in Düren doch eh niemand Fahrrad fahren würde. Jegliche Förderung also sinnlos sei. (Zumindest in Automobilisten- und AfDP-Logik.) Sind damit dann eigentlich auch die Radfahrer-Chaoten-Klischees obsolet?

Nur mal kurz: Eine Minute, zwei Minuten, fünf Minuten, zehn Minuten…

Um das automobilindustriell-indoktrinierte Zerrbild zu komplettieren, gehört neben “Das Böse” (alle Nicht-Pkw-Fahrer insbesondere zweiradrige und unmotorisierte) natürlich auch “Das Gute”.

Das ist natürlich der Autofahrer (gendern überflüssig). Wobei… Eigentlich ja nur man selbst als singulärer Autofahrer. Am Lenkrad kennt Mann ja das überlegene Gefühl, viel besser fahren zu können als so ziemlich alle anderen, die auf der Straße unterwegs sind. Wie oft muss ich mich über andere Autofahrer aufregen?

Dennoch bleibt kategorisch festzuhalten:

  • Radfahrer = Die Bösen: Professionelle, in Banden organisierte Rowdys, die die StVO weder kennen, noch beachten! Gehören nicht auf die Straße.
  • Autofahrer = Die Guten: Vollzeit-Empathiker, die sich stets an die StVO halten. Schließlich haben sie ja alle einen Führerschein gemacht und bauen keinen Scheiß, da sie aufgrund des Nummernschildes jederzeit erwischt werden könnten. Ihnen gehören die Straßen, denn sie (und nur sie!) zahlen ja schließlich dafür und (nur!) für sie wurden die Straßen gebaut.

Daher werden auch immer ganz schnell die Forderungen nach der Kennzeichenpflicht für Radfahrer laut. Lustig das! Zeigt immer wieder schön, in welchen Ideologien und Denkmustern viele Automobilisten gefangen sind. Und wie wenig sie über “das System”, in dem sie leben, wissen.

By the way: Das gilt ähnlich wohl für einen vielleicht sogar vergleichbaren Anteil Radfahrender. Ab wann ist man eigentlich Radfahrer und ab wann Autofahrer? Bin ich kein Radfahrer mehr, wenn ich im Auto sitze – und umgekehrt? Nicht rechtlich meine ich, eher so gedanklich…

Wie dem auch sei. Egal ob mit dem Auto, zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs – es fallen einem doch wirklich an jeder Ecke kleinere oder größere Verstöße auf. Die meist recht überflüssig sind. Und in ihrer Konsequenz wenig von den Verursachern bedacht werden.

Weder in der direkten Konsequenz: Behinderung und Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer. Noch in der indirekten Konsequenz: Versagen bzgl. der Verkehrswende-Ziele jemals mehr Leute auf´s Rad zu bekommen.

Falschparker

“Ich bin doch nur mal schnell.” “Da ist doch noch genügend Platz.” “Ich fahre ja gleich wieder weg.” …

Klar, kann (muss) man so sehen, wenn man sich gar nicht dafür interessiert, wozu die eigene Bequemlichkeit führt. Ein wenig Empathie wäre im gemeinsam genutzten Straßenraum aber durchaus angebracht. Heißt in der StVO “gegenseitige Rücksichtnahme” und steht irgendwo ganz vorne.

Direkt gegenüber (Foto oben) befinden sich massig Parkplätze. Schutzstreifen heißt “absolutes Halteverbot”. Trotzdem “muss” man auf Gehweg und Schutzstreifen parken.

Jeder Radfahrer wird gezwungen in den fließenden Verkehr auszuweichen. Keine leichte Aufgabe bspw für Kinder und Senioren, die die Situation nicht ganz so schnell erfassen und einschätzen können.

Und was machen die Fußgänger? Mit Kinderwagen oder Rollator? Oder radfahrende Kinder unter zehn Jahren, die auf dem Gehweg fahren müssen? Scheißegal. Sollen halt warten oder über die Straße laufen. Ist ja schließlich nicht mein Autofahrer-Problem…

Besonders perfide: Weiche ich als Radfahrer auf die Fahrbahn aus, nehmen die dadurch verlangsamten Pkw hinter mir mich als “das Übel” war – nicht den falschparkenden Pkw.

By the way: Wieso eigentlich Warnblinkanlage? Panne?

50 Meter weiter das gleiche Spiel. UPS ist hier so freundlich, wenigstens den Gehweg freizulassen. Danke dafür! Scheint aber auch eine Panne zu haben (Warnblinker). Wieso parkt der eigentlich nicht wenigstens auf der Fahrbahn, sondern mitten auf dem Schutzstreifen (absolutes Halteverbot), wenn er schon in zweiter Reihe stehen muss. “Nur mal ganz kurz” und “wo soll ich denn sonst parken” natürlich… *Zwinkersmiley*

Aber gut, als Berufsfahrer muss man ja auch nicht alle Regeln kennen und schon gar nicht beachten. Wie oft der das wohl so und ähnlich macht pro Tag? Und wie viele, die es ähnlich handhaben, fahren sonst noch so rum? Ach, ich fange mal besser nicht an das rechnerisch zu überschlagen. Ist ja auch alles immer nur ganz kurz, alternativlos und absolut systemrelevant.

Rote Ampeln

Ein paar Meter weiter, ich habe mich gerade wieder vom UPS-Ausweichen eingefädelt… SuperUngeschickterVerkehrsteilnehmer: Das zu enge Überholen dieses SUV-Fahrers (Oder ist das ein Geländewagen? Ich nenne es mal “total praktisches Stadtauto”.) hat sich für ihn auf jeden Fall gelohnt. Er hat so gerade noch die nächste Ampel in dunkel-orange erwischt. Professionell!

Sein Hintermann hat´s leider nicht mehr ganz geschafft. Aber egal, ist ja auch gerade erst rot geworden und man will ja auf gar keinen Fall auf der Aufstellfläche für Radfahrer vor der Ampel zum Stehen kommen. Sonst würde man ja noch jemanden behindern oder gefährden. Und über “Rot” fahren eh nur Radfahrer. Die selektive Wahrnehmung aller anderen wird das sowieso einfach ausblenden. Und die komische Kamera auf dem Ampelmast dient wahrscheinlich nur der Verkehrszählung…

Keine Abstände

Zeitgewinn: 0 Punkte
Gefährdung: 10 Punkte
Konterkarierung Verkehrswende: 100 Punkte

Der Nächste bitte! Vorne staut es sich zwar schon wieder, aber warum nicht trotzdem noch schnell über die durchgezogene Linie überholen? Könnte sich lohnen. Autofahrer-Habitus vorausgesetzt. Mal hinter dem Radfahrer zu bleiben ist auf gar keinen Fall eine Option. Ich Auto. Ich groß. Ich stark. Ich vorne. Du Rad, Du klein. Du Seite, Du hinten, Du weg!

Einzelfall? LOL! So gut wie keine einzige Fahrt durch´s Dorf ohne solche Szenen. Egal in welcher Richtung man unterwegs ist. Klar – wird ja auch null kontrolliert. Und solange nix passiert…

Nein, ich fahre übrigens nicht zu weit links. Ich habe nur keinen Bock darauf, eine sich plötzlich öffnende Autotür vor die Nase zu bekommen. Zum Glück wissen die Motorisierten ja bestens über den Sicherheitsabstand Bescheid, den ich zur rechten Seite einhalten muss – wenn sie schon ihren eigenen nicht kennen.

Warum heißen diese Dinger eigentlich “Schutzstreifen” und entsprechen die überhaupt irgendeinem aktuellen Qualitätsstandard?

Die Dinger dürfen übrigens noch nicht mal befahren werden. Außer es wird durch Gegenverkehr auf freier Strecke so eng, dass nichts anderes übrig bleibt.

Ich könnte natürlich auch genau in der Rille, also mittig auf dem sogenannten “Schutzstreifen” (FakeNews) fahren. Aber selbst dann blieben dem armen, benachteiligten Autofahrer, der mich in der Kurve bei Gegenverkehr überholen muss, nicht die nötigen mindestens 1.5m Abstand. Egal, da vorne kommen schon die nächsten Falschparker und rote Ampeln. Lohnende Aktion also auf jeden Fall. Zumindest wenn man das Ziel verfolgt, Menschen möglichst vom Radfahren abzuhalten. Toll!

OK, sorry, ich unterstelle hier ja quasi Absicht. Natürlich kann es sich auch einfach um jede Menge echt beschissen fahrende Mobilisten handeln, die ihr Fahrzeug einfach nicht unter Kontrolle haben und außerdem die (neuen) Regeln nicht kennen. Kommt im Endeffekt aber eh auf´s Gleiche raus…

Fahrrad-Rowdys

Da! Achtung! Erwischt! Senioren-Radfahrer (potenzieller Pedelec-Psycho) auf dem Gehweg! (Klischee bestätigt!) Und Fußgänger mit gesenktem Kopf im Anmarsch. Wenn das mal gut geht…

Ach so, der radfahrende Senior musste dem Taxi, das auf dem Schutzstreifen steht (absolutes Halteverbot), ausweichen. Na, das hätte er ja auch schön über die Straße machen können. Die Lieferwagenfahrer in seinem vielleicht nicht mehr ganz schulterblickfähigen Nacken, hätten ihm das garantiert freudig gedankt. Genau wie ich, der ihm gerade mit dem Pkw entgegen kommt. Da wartet man als Motorisierter doch total gerne und schreibt die Verkehrsbehinderung auch genau dem Richtigen zu. Klar!

Hauptsache die Motorisierten haben auch noch was von der 139. Nur-mal-kurz-Aktion dieses Taxifahrer-Arbeitstages. Stau bis über die Kreuzung – die man als Autofahrer selbstverständlich aus Prinzip nicht frei hält. Es könnte ja jemand kommen, der einem den Platz wegnimmt. Im schlimmsten Fall ein Radfahrer! *Zwinkersmiley*

Routinemäßige Raser

Zwei, drei Mal durch´s Dorf. Ganz schön was los im “gleichberechtigten” Verkehrsgeschehen. Und nachts wird dann übrigens gerast, was die Poser-Karre hergibt!

Apropos Raser: Nicht nur, dass es ziemlich eng ist auf der Hauptachse durch Birkesdorf. Es wird auch routinemäßig zu schnell gefahren. Eine super Kombination! Die Raserei durch´s Dorf geht so weit, dass das Ordnungsamt quasi öffentlich kapituliert hat und um bauliche Maßnahmen bittet. Sonst werde man den Rasern nicht beikommen, heißt es. Und derer gibt es nicht gerade wenige.

Quelle: Ratsinformationssystem Stadt Düren

Wie viele sich überhaupt an die vorgeschriebenen 30 km/h gehalten haben, wird besser nicht verraten. (Nachts wird gar nicht erst gemessen…) Definitiv ist weit mehr als die Hälfte zu schnell unterwegs!

Und sehr viele von denen auch noch viel zu schnell. Aber egal. Autofahrer halten sich ja grundsätzlich an die StVO und Radfahrer nicht. Wer glaubt schon Radarmessungen und Statistiken? Gibt es die überhaupt? Egal! Alles egal! Inhalte überwinden! *Zwinkersmiley*

Quelle: Ratsinformationssystem Stadt Düren

Komisch eigentlich. Haben die Autofahrer nicht alle einen Führerschein und ein sie jederzeit überführendes Nummernschild? Und sie bauen trotzdem so viel Mist im Verkehr?

Obwohl sie mehr als 23 Stunden pro Tag nur (ggf. falsch) herumstehen? Also eher Stehzeuge als Fahrzeuge besitzen.

Wer kann wo eine wie hohe Dunkelziffer kalkulieren, wenn es ums Stereotyp des ständig Scheiße bauenden Auto-, äh, sorry – Radfahrers geht?