…jedes Zeitungslesers, der informiert und nicht ideologisiert und desinformiert werden will! 😉

Vor ein paar Tagen hatte ich mich anlässlich des Gedönses rund um das Schoellerstraßen-Umgestaltungs-Provisorium darüber gewundert, dass sich ein Facebookbeitrag des CDU-Stadtverbands 1:1 übertragen in der Sonntagszeitung wiederfand – nur diesmal augenscheinlich publiziert als persönliche Redakteurs-Meinung im wöchentlichen Themen-Rückblick. Inklusive Copy & Paste einer eigentlich längst beantworteten „Frage“.

Drei Tage später wunderte ich mich erneut. Diesmal fand es die Tageszeitung irgendwie total „interessant“, dass die Stadtverwaltung darüber spricht, den Pkw-Verkehr reduzieren zu wollen. Als ob das irgendwas Neues wäre, oder als ob es irgendwie abstrus wäre, dafür auch an der (Parkgebühren-) Preisschraube drehen zu wollen.

Wow! Breaking News!

Quelle Dürener Zeitung, 05.10.2022 (Paywall)

Was im obigen Parkgebühren-Leitartikel nur mit einem „interessanterweise“ angedeutet wird, verdeutlicht der dazugehörige Kommentar, für den eine sehr schöne Überschrift gefunden wurde:

Quelle: Dürener Zeitung, 05.10.2022 (ohne Paywall)

In diesem Manifest zur Erhaltung und Förderung der innerstädtischen Pkw-Parkplatz-Kultur stecken ein paar „interessante“ Bemerkungen (aus Gründen auf schwarzem Hintergrund), die ich ebenfalls gerne mit ein paar Kommentaren bemerken möchte.

Dieser Satz dürfte die Einzelhändler in Düren aufhorchen lassen, denn er stammt nicht von einem ideologisch gefärbten Politiker, sondern von der eigentlich zur Neutralität verpflichteten Stadtverwaltung.

Würde mich doch sehr wundern, wenn wegen der folgenden Ansage, dass wir zukünftig weniger Pkw in unserer Stadt der kurzen Wege haben wollen/werden irgendwer aufhorchen würde. Oder müsste. Denn eigentlich kennen alle (außer dem Redakteur?) die einstimmigen Beschlüsse des Stadtrats. Zum Beispiel das Klimaschutzteilkonzept „Klimafreundliche Mobilität in Düren“, das wiederum in so ziemlich jedem anderen Konzept, das irgendwie mit Innenstadtentwicklung zu tun hat, zitiert und zur Umsetzung angemahnt wird. Nicht zuletzt beim Thema „Modal Shift“.

Stand darüber nicht auch mal was in der DZ? Schon damals hatte sich doch mal ein Verwaltungsmitarbeiter ziemlich weit aus dem Fenster gelehnt und eine Reduzierung des Pkw-Verkehrs angekündigt. Seine „Neutralität“ wurde da meines Wissens nicht in Zweifel gestellt. Warum auch immer nicht. Siehe: „Der Mann, der die Mobilität in Düren managen soll“, DN/DZ, 08.12.2017. Bei Google unter anderer Überschrift:

„Der Mann, der die Mobilität in Düren managen soll“,
Dürener Nachrichten, Dürener Zeitung, 08.12.2017(Paywall)

Fraglich ist, was gerade mehr angekratzt wird: Die „Neutralität“ der Stadtverwaltung bei der Umsetzung (und Kommunikation) ihrer von der Politik vorgegebenen Aufträge? Oder die Qualität und Objektivität der Lokalpresse in ihrer Funktion als vierte Gewalt (da ist sie schon wieder) und Informationsquelle?

In der Vorlage zu den neuen Parkgebühren heißt es in bestem grünem Sprachjargon, dass neben der umsatzsteuerbedingten Anpassung der Tarife auch in den Fokus genommen wurde, „dass der Fahrzeugverkehr in der Innenstadt reduziert werden soll“.

Klassiker: Ideologen werfen Anderen Ideologie vor, ohne dabei zu bemerken, dass sie alleine gerade Ideologie betreiben. Was genau ist an der Äußerung des Ziels, „dass der Fahrzeugverkehr in der Innenstadt reduziert werden soll“ eigentlich so un-neutral und parteiisch? Außer die Formulierung „bester grüner Sprachjargon“?

Den motorisierten Individualverkehr in den Innenstädten zu Gunsten des Umweltverbunds aus ÖPN-, Rad- und Fuß-Verkehr senken. Das wollen doch alle. Oder habe ich da irgendwas falsch verstanden? So langsam muss ich ja diesen Eindruck gewinnen, wenn ich Lokal-Zeitung lese. 😉

Das ist ein weiterer Schlag ins Gesicht des bereits von der Pandemie und der kriegsbedingten Megainflation gebeutelten Einzelhandels, der heute mehr denn je auf eine gute Erreichbarkeit der Innenstadt und ausreichend citynahe und auch kostengünstige Parkplätze angewiesen ist.

„Gute Erreichbarkeit der Innenstadt“ gilt natürlich ausschließlich und bis in alle Ewigkeit nur für den Pkw-Verkehr. Denn Verkehr ist Pkw-Verkehr. Alles andere ist Mumpitz. Heute mehr denn je! Und in Zukunft absolut und total.

Möglichst billige und möglichst viele Innenstadt-Parkplätze schaffen die Lebensqualität, Umsätze und Arbeitsplätze, von denen wir alle träumen! Je mehr davon, desto besser. Eine verkehrsplanerische Binsenweisheit, die sich bisher vollkommen bewahrheitet hat und die auch in tausend Jahren noch ihre Berechtigung (vom Hörensagen aus der eigenen Filterblase) haben wird. Muss man ja nur mal zu Ende denken angesichts ständig steigender Zulassungs-Zahlen und gleichzeitiger Nicht-Ausdehnung des öffentlichen Raums. *Syntax-Error*

Schöne alte Parkplatz-Welt

*Gähn* Verkehrsplanung und gesunder Menschenverstand wissen doch schon seit den 1950ern was gut für uns ist. Und weil das ja alles so wunderbar funktioniert hat (siehe bspw Klimaschutziele im Verkehrs-Sektor, Vision Zero in der Unfallstatistik, „Gleichberechtigung der Verkehrsarten“ im Straßenverkehrsrecht usw.) müssen wir weder etwas ändern, noch irgendwie dazu lernen, geschweige denn umdenken. Auf gar keinen Fall sollten wir mal nach nebenan in die Euregio schauen. (Außer um Urlaub zu machen und billig Benzin zu verkaufen vielleicht.)

Naja, zum Glück hat dieses System (in einem nicht näher identifizierten Parallel-Universum) bis heute zu keinerlei Problemen geführt, mit denen man sich bspw. in fast jedem Bezirksausschuss auseinandersetzen müsste. Oder wegen derer irgendwelche dämlichen, teuren Verkehrskonzepte entwickelt hätten werden müssen. Bundes- und landesweite Mobilitäts-Gesetze, Klimaschutz-Ziele und all dieses Gedöns. Alles gar nicht nötig.

Im Gegenteil: Wir brauchen kein „Weiter so“ in der Pkw-Dominanz. Wir brauchen noch viel mehr davon! Herzlich willkommen zurück im vergangenen Jahrtausend. *Zwinkersmiley*

Im Ernst: Mit so einer Attitüde wird man heutzutage wahrscheinlich noch nicht mal mehr im ADAC aufgenommen: Zu radikal und rückwärts gewandt!

Dass die Stadt die künftig anfallende Umsatzsteuer an die Autofahrer weitergibt, ist vielleicht noch nachvollziehbar, schließlich sind die jährlichen Einnahmen von 2,1 Millionen Euro (!) fest im Haushalt eingeplant.

Dass die Umsatzsteuer an die Parkplatz-Benutzer und nicht an die Allgemeinheit weitergegeben wird, ist „vielleicht noch nachvollziehbar“? Wer soll denn sonst bezahlen? Allgemeine Vergesellschaftung von Pkw-erzeugten Kosten, also wie immer? Bei Bildung, Gesundheit und sozialem Wohnungsbau lässt sich doch bestimmt noch etwas einsparen zu Gunsten der weiteren Subventionierung des motorisierten Individualverkehrs.

Nein, viel besser: Die Radfahrer! Die zahlen eh noch keinerlei Steuern, obwohl sie bekanntlich erheblichen gesellschaftlichen Schaden verursachen. Und dabei paradoxerweise auch noch an allen Ecken und Enden gefördert werden sollen! Dabei fahren die doch andauernd bei Rot über die Ampel. Ohne Licht und Helm! 😉

Werden die Parkgebühren aber perspektivisch zum Steuerungsinstrument für den innerstädtischen Verkehr, könnte das zum Bumerang für die City werden, die mit den Masterplan-Millionen doch eigentlich attraktiver werden sollte.

Hmmm. Masterplan. Mal reingeschaut? Auch da natürlich der Hinweis auf das (damals noch in der Mache befindliche) Klimaschutzteilkonzept Verkehr. Und so mancher Hinweis darauf, wie Pkw-Verkehr und lebenswerte Stadt zusammen hängen.

Kleine Anmerkung zum folgenden Zitat: Hier nur einige Probleme exemplarisch herausgepickt. Siehe die ganze Liste ab Seite 333. Interessant sind auch die vielen anderen Hinweise, die seltsamerweise gar nicht darauf hindeuten, dass die Probleme, die der Kommentator heraufbeschwört, irgendwie neu wären, oder dass sie irgendwie mit dem Thema Parkgebühren zu tun hätten. Ganz im Gegenteil zeigt sich, dass der in allen Ausmaßen gesteigerte Pkw-Verkehr so manche Probleme selbst erzeugt. Welch wahnsinnige Erkenntnis! Muss man aber in keinerlei Zusammenhang irgendwie auch mal erwähnen… Wer weiß zum Beispiel, wie das kostenlose Parken für Hybrid-Bolliden mit dem damals drohenden Diesel-Fahrverbot für Düren zusammenhängt?

Im „Masterplan Innenstadt Düren“ sind innerhalb des dort definierten Untersuchungsgebiets „Innenstadt Düren“ die folgenden erheblichen städtebaulichen Funktionsverluste i. S. § 171a BauGB ermittelt und in Kap. 2 detailliert dargestellt:
(…)
– Straßenräume ohne Aufenthaltsqualität und ohne Bepflanzung
– Zu hohe Kfz-Belastungen in Teilen des Straßennetzes
– Nutzung hochwertiger Stadträume für öffentliche Parkplätze

– …

Quelle:An den Haaren herbei gezogener Masterplan Innenstadt Düren (12.1.)

Ebenso sollte man immer tunlichst vermeiden, den Masterplan in Sachen Verkehr zu erwähnen. Denn wenn man das einmal macht, ist man ganz schnell beim Modal Shift. Also bei unseren zentralen Zielen zur Verkehrsentwicklung Auto/ÖPNV/Rad/Fuß bis 2025.

Diese wenig ambitionierten Ziele sind zwar aus heutiger Sicht eigentlich dank Fahrrad- und Nahmobilitätsgesetz NRW usw. längst veruraltet, aber immerhin sind sie prominent im zentralsten Verkehrskonzept niedergeschrieben und beschlossen. Schwarz auf weiß, messbar und einstimmig im Rat beschlossen. Damit könnte man schon mal arbeiten – so als Politiker, Verwaltungsmensch oder Journalist. By the way: Die CDU NRW fordert 25% Radverkehrsanteil, genau wie unser Nahmobilitätsgesetz. Muss man aber nicht wissen, ist ja eh irrelevant…

Nebenbei: Ganz anders übrigens als die konkreten Modal Split-Ziele sieht es bei den Zahlen zum Abbau von Pkw-Flächen im öffentlichen Raum aus. Dazu etwas Konkretes zu formulieren und zu beschließen, hat sich schon damals niemand getraut. LOL! Aber die Zielrichtung, die schon in den Workshops zum Klimaschutzteilkonzept diskutiert wurde, war und ist eindeutig: Alle wollen weniger Autos und stattdessen mehr alles Andere. Behaupten und beschließen sie zumindest öffentlich. 😉

Quelle: Der Dürener Masterplan Verkehr
Klimaschutzteilkonzept „Klimafreundliche Mobilität in Düren

Werden kostengünstige Parkplätze rar, treibt das Kunden nur noch gezielter in die Arme der Online-Anbieter.

Oder etwa doch in die bösen Fänge des öffentlichen Nahverkehrs, auf sichere Radwege und komfortable Fußwege in Richtung lebenswerter Innenstädte? Vielleicht auch zu den neuen Außen-Verkaufsflächen und in die neue Außen-Gastronomie, die möglich wird, wenn mal ordentlich Parkzeug-Flächen unter die Erde oder in ein vernünftiges Parkraumkonzept verschwinden? Was sagt nochmal die Autolobby zum Thema Pkw und innerstädtischer Parkraum? Oder Verkehrsplaner, die nicht komplett in anachronistischen Mobilitäts-Ideologien verhaftet sind? Was sagen all unsere Konzepte, Pläne und Gesetze dazu?

Darf ich den Kommentar „Schlag ins Gesicht des Einzelhandels“ mal umformulieren und ihm einen häßlichen „grünen“ Anstrich verpassen?


Schlag ins Gesicht des Zeitungslesers

Meinungsmache

DÜREN. Aufgrund einstimmiger Beschlüsse sowie allseits bekannter und erwünschter Konzepte zur Reduzierung des Pkw-Anteils in den Innenstädten, steigen auch in Düren die Parkgebühren. (Dieser Zusammenhang wird zumindest behauptet.) Formulierungen in der Lokalpresse aber lassen aufhorchen.

Dieser Satz dürfte interessierte Leser in Düren aufhorchen lassen, denn er stammt nicht von einem uninformierten Außenstehenden, der keine Ahnung von der Lokalpolitik hat, sondern von der Presse, die eigentlich für sachgerechte Information und nicht für ideologisch gefärbte Meinungsmache zuständig ist.

Im Kommentar zu den neuen Parkgebühren wird in schlechtem journalistischen Stil suggeriert, dass es irgendeinen Nachrichtenwert hätte, dass die Stadtverwaltung erwähnt habe, Ziel sei genau das, was längst politischen beschlossene Sache ist: Die Änderung des Modal Splits.

Das ist ein weiterer Schlag ins Gesicht jedes halbwegs informierten Zeitungslesers, der gerade inZeiten von FakeNews, Lobbyismus-Klüngel und sonstigem Gedöns auf sachliche Information und gut recherchiertes Hintergrundwissen angewiesen ist. Von Verkehrs-Chaos, Klimaschutz-Zielen, Gleichberechtigung der Verkehrsarten und so weiter ganz zu schweigen.

Dass auch nur angedeutet wird, die Umsatzsteuer-bedingte Erhöhung der Parkgebühren sollte eventuell auf irgendwen anders als auf die Parkplatz-Nutzer umgelegt werden, ist aus Sicht all derer, die diese Parkplätze überhaupt nicht nutzen und sie stattdessen lieber als gute Fußwege, Parks oder Spielplätze zur Verfügung hätten, absolut nicht nachvollziehbar. Aus Sicht von denjenigen, die die Werbeanzeigen der Automobilismus-Industrie in den lokalen Medien bezahlen und veröffentlichen, dann allerdings doch wieder irgendwie. *Verschwörungs-Zwinkersmiley*

Werden die „journalistischen Produkte“ aber perspektivisch zum Steuerungsinstrument für ideologische Interessenvertretung, könnte das zum Bumerang für den Lokaljournalismus werden, der doch eigentlich durch einen gewissen Qualitätsstandard und hintergründige lokalpolitische Sachkenntnis überzeugen sollte.

Werden journalistische Standards rar, treibt das die Gesellschaft nur noch gezielter in die Arme der asozialen Medien samt ihrer Trollonomie. (red)


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