Die Kommunalwahl ist gelaufen. Bürgermeister-Stichwahl folgt… Unabhängig davon, ob der nächste Bürgermeister sich rot oder schwarz ärgern wird, zeichnet sich ab, dass die AmpelPlus im Stadtrat mit kleiner Mehrheit weiter das Sagen haben könnte.

Wenn sie denn gemeinsam weitermachen wollte…


Quelle: wahlen.regioit.de

Aber was wird mir der…?

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Diese Abbildung eines Verkehrszeichens ist gemeinfrei.

Als Radpendler, dessen Arbeitsweg (+Schulweg der Kinder) genau durch die neue „Umgehungsstraße“ B399n läuft, interessiert es mich ja schon ein wenig, wie es da weitergehen wird. Dass ich von der aktuellen (bzw. Steinzeit-) Planung, die alle Verkehrswende-Sonntagsreden brutal vergewaltigt und sämtliche heute gültigen Qualitätsstandards und Normen professionell zugunsten des Kfz-Verkehrs ignoriert, nicht besonders viel halte, ist kein Geheimnis…

Die Grünen haben sich im Kommunalwahlkampf (doch noch?) vereint und sehr deutlich gegen den Bau der neuen „Stadtautobahn“ positioniert.

Wir stehen nicht für eine Koalition zur Verfügung, in der die CDU eine überflüssige Straße quer durch unsere wunderschöne Ruraue und direkt am Badesee entlang bauen will.

Verena Schloemer (Grüne), Dürener Zeitung, 08.06.2020

Sie auch: “B399n – Nein Danke!“ – Website Grüne Düren.


Ich interpretiere das mal so: Wir koallieren mit niemandem, der die B399n bauen will. Denn ob diese grundsätzlich abzulehnende Straße letztendlich mit schwarzen oder roten Stimmen gebaut wird, kann ja eigentlich egal sein, wenn das Ergebnis auf´s Gleiche hinausläuft. Dass die CDU-Pläne einer Fahrrad- und Fußgänger-Brücke über die Rur und einer neuen Straße durch den Park vor Schloss Burgau ebenfalls inkompatibel mit den Grünen Vorstellungen sind, sei mal dahingestellt.

Schwarz-Grün sehe ich auf städtischer Ebene überhaupt nicht. Diese Koalitions-Planspiele bleiben dem Kreis vorbehalten.


Noch eine große Baustelle nach der Wahl:
Wer arbeitet hier zukünftig mit wem zusammen?

Sowohl CDU als auch SPD sprechen sich hingegen sehr eindeutig für das aus ihrer Sicht dringend notwendige Verkehrsprojekt aus, das

a) die notwendigen (Auto-)Verkehrsentlastungen in der Innenstadt und in den nördlichen Stadtteilen bringen soll, um bspw. den Ausbau des Radwegenetzes zu verbessern (Verkehrswende)
und
b) die Brachfläche an der alten Zuckerfabrik/DSB-Gelände als neues Gewerbegebiet erschließen soll (Arbeitsplätze, Strukturwandel).

In der SPD zeigte man sich leicht überrascht und not amused, als Die Grünen „plötzlich“ nichts mehr von der B399n wissen wollten – was wiederum Überraschung bei den Grünen auslöste, da sie dachten, ihre Stellung zur Nordumgehung sei hinlänglich bekannt gewesen. Dies trug wiederum zur Belustigung/Genugtuung der CDU bei, die die rote Ampel-Fraktion just dazu aufforderte, den kleineren Koalitionspartner gefälligst wieder auf Linie zu bringen und einzunorden. Hat nicht funktioniert (bis jetzt), war aber von außen betrachtet ein amüsantes Schauspiel. Nicht das einzige in diesem Wahlkampf…

Der Stadt ist es durch harte Verhandlungen gelungen, die B 399 n als Maßnahme zur Strukturförderung anerkannt zu bekommen. Damit erhält sie Zuschüsse für den Bau der Straße von bis zu 90 Prozent. Das darf die Stadt durch Uneinigkeit in der Politik nicht verspielen.

Stellungnahme zum Bau der B399n,
SPD-Fraktion im Dürener Stadtrat, 18.06.2020

Für die Dürener CDU steht der Bau der B399n an erster Stelle ihres Wahlprogramms, Unterpunkt „Mobilität und Umwelt“.

Dürener Mobilität 2025 – mobil, vernetzt und smart

Wir wollen:
– die Nordumgehung B 399n auf den Weg bringen und damit die Innenstadt, Birkesdorf, Hoven, Gürzenich und Mariaweiler spürbar entlasten (…)

Wahlprogramm CDU Stadt Düren

Siehe auch: Nordumgehung: CDU entsetzt über Rückzieher der Grünen, CDU-Stadtverband, 09.06.2020


Ich hatte mich das schon mal gefragt und frage es mich immer noch, denn die Radfahrerbrille vernebelt einem ja manchmal etwas die Sicht…

Mit wem wollen Die Grünen eigentlich koallieren, wenn ihnen das Thema B399n so wichtig ist, wie man es in den letzten Wochen des Kommunalwahlkampfes annehmen musste? Und wie es aus meiner Sicht auch ist – als drittes großes Infrastrukturprojekt nach/neben B56n und Masterplan Innenstadt.

Mit der CDU? So wie im Kreis? Wohl kaum!

Und mit der SPD? Als (erstarkter) Junior-Partner in der alten oder einer ähnlichen Ampel-Konstellation? Hmmm…

Dann frage ich mich: Zu welchem Preis? Lässt man es drauf ankommen und bleibt bei der Linie „Keine B399n!“ oder ist man „kompromissbereit“? Pokert man und setzt die 17,88% als „Regierungsbeteiligung“ all in oder spricht man mal hinter geschlossenen Türen miteinander?

Wie leidensfähig sind die grünen Wähler, die nun die Umsetzung von Wahlkampfversprechen erwarten? Werden sie sich im Falle eines Kompromisses mit der neuen „Stadtautobahn“ arrangieren, wenn hier und da ein wenig pro Rad und Fuß nachgebessert wird?

Und was, wenn ein Stopp der B399n dazu führt, dass die geplanten Fördermaßnahmen für Rad und Fuß nicht umgesetzt werden können, weil die erwartete Verkehrsentlastung durch die neue „Umgehungsstraße“ ausbleibt?

Und was, wenn die AmpelPlusX-Koalitionsbildung an der Unvereinbarkeit der gegensätzlichen Standpunkte – notwendige Umgehungsstraße versus kontraproduktive Stadtautobahn – scheitert? Bleibt dann nur noch die große, schwarz-rote Koalition? Ist das wirklich vorstellbar nach all den Vorgeschichten und dem aktuellen Wahlkampf?

Ich habe das Gefühl, die kommenden Wochen könnten noch ziemlich interessant werden…


Zum Weiterlesen:

Alle reden über die Dürener Nordumgehung,
ProRad Düren, 23.06.2020

„Pro Rad“ übt Kritik an geplanten Radwegen,
Dürener Nachrichten, 29.06.2020

Projektinfo B399n,
Projektinformationssystem (PRINS) zum Bundesverkehrswegeplan 2030

Bundesstraße 399,
Wikipedia