Einen herzlichen Dank an Verena Müller von der Dürener Zeitung, die seit einigen Wochen eine Serie rund um Radverkehrs-Themen schreibt und sich sogar die Zeit genommen hat, um eine Runde mit Imke (ebenfalls ProRad) und mir durch die Stadt zu drehen.

Anlass war eine Mail, die ich Frau Müller geschrieben hatte, nachdem sie in einem ihrer Artikel dazu aufgerufen hatte, sich bei ihr zu melden, falls man noch Radfahrer-Themen für die Serie am Start hätte. Da konnte ich natürlich nicht widerstehen und Frau Müller hat sich umgehend zurückgemeldet. Nach ein paar Mails haben wir uns dann Ende Oktober für die kleine Runde durch die Stadt verabredet.

Und dabei ist nun dieser sehr schöne Artikel (Paywall) herausgekommen.

Meinetwegen hätte der inhaltlich sehr gute Artikel gerne etwas weniger personalisiert ausfallen können. Aber zum Glück war Imke als weitere ProRadlerin ja auch noch mit dabei. Vielen Dank auch an Imke!

Eine kleine, private Korrektur habe ich allerdings direkt für den ersten Absatz:

Seine Söhne sind zwölf und 14 Jahre alt und besuchen das Stiftische Gymnasium. „Sie fahren an der Rur entlang“…

Quelle: „Von blockierten Fahrradstreifen und anderen Gefahrenstellen“,
Dürener Nachrichten / Zeitung, 9./10.11.21

Der ältere Sohn ist eine Tochter und die Beiden fahren auch nicht komplett und immer an der Rur entlang. Aber es stimmt: Ich würde grundsätzlich keinem Kind den praktischsten und schnellsten Schulweg von Birkesdorf in die City empfehlen. Weil dieser leider nur für Pkw sicher ist.

Auf der Veldener Straße und der Philippstraße (direkter Weg) wird nämlich (wie überall) andauernd zu schnell gefahren, die Abstände werden dabei genau wie alle (teils kontraproduktiven) Straßenmarkierungen ignoriert, es wird außerdem auch noch ständig falsch geparkt…

Das ist ne ziemlich geile Kombination für einen guten Schulweg – zumindest wenn man sich per Elterntaxi fahren lässt! Genial auch, wenn man das Ziel verfolgt, mehr Menschen dazu zu bewegen, sich mehr auf´s Fahrrad anstatt in das Auto zu setzen. Aber wer will das schon?


Ein ganz normaler Schulweg in Düren…

Lasst uns den besten Schulweg (gleichberechtigter Verkehr, direkteste, schnellste Pendler-Verbindung usw) einmal kurz mit dem Rad abfahren. Die folgenden Bilder sind absolut exemplarisch und können so jeden Tag mehrfach an fast jeder dieser Stellen aktualisiert werden…

Fangen wir mal am Ortsausgang Birkesdorf an.

Veldener Straße:

“Nur mal kurz.“ Hundert Mal pro Tag?

Hier gibt es zwar auch überall sogenannte „Schutz“streifen, aber man sieht, wie diese in der Regel genutzt werden. Oder ist das noch ein „Mehrzweckstreifen“, den wir doch längst nicht mehr haben wollen? Egal – macht eh keinen Unterschied.

Leider bleibt Lieferdiensten und unzähligen Falschparkern in Düren auch absolut keine andere Möglichkeit als sich andauernd und überall auf Schutzstreifen, Rad- und Gehwege zu stellen. Da kann man nix machen. Ist halt so, wenn die Stadt nicht genügend „Parkplätze für Alle!“ zur Verfügung stellt.

Absolutes Halteverbot oder Dauerparkplätze?

Als Autofahrer bekomme ich übrigens i.d.R. gar nicht mit, dass meine Kollegen hier wieder total illegal, bescheuert und vollkommen überflüssig auf Kosten Anderer rumstehen. Außer ich will das selbst so machen und die haben zu meinem Ärger schon wieder „meinen“ Parkplatz belegt. Als Radfahrer bemerke ich die Idioten allerdings sehr wohl – als sich potenziell öffnende Fahrertür, als Hindernis, das mich auf die Pkw-Fahrbahn zwingt…

Vor dem LIDL kann ich eigentlich auch immer damit rechnen, dass gerade mal wieder ein Lkw auf dem Radstreifen steht. Vollkommen normal. Der müsste ja sonst auch einmal um die Ecke auf den riesigen, extra dafür angelegten Privatparkplatz fahren. Wie soll das denn gehen?

Dann kommt die Baustelle an der EndArt, wo es absoluter Standard ist, dass sämtliche Abstände, Linien und Verkehrsschilder ignoriert werden… Übrigens ohne dass irgendwer irgendwas davon hätte. Noch nicht mal der Kämmerer – obwohl Kontrollen mit dem neuen Bußgeldkatalog doch echt effizient sein könnten.

Zeitgewinn: 0!

Zwischen Kino und Musikschule kann man eigentlich auch immer von mehreren Falschparkern ausgehen, die auf Radstreifen und Gehwegen rumstehen. Alltägliche Kleinigkeiten, die von der selektiven Autofahrer-Wahrnehmung einfach ausgeklammert werden.

Keine 200 Meter ohne Falschparker auf Rad- und Gehwegen.

Philippstraße – August-Klotz-Straße

Wenigstens an der Bahnüberführung auf Höhe des StadtCenters wird der Radverkehr ein Stückchen separat geführt. Wow! Soll wahrscheinlich als Erholungsstück dienen, um etwas runterzukommen und sich geistig auf das Stück hinter der Brücke vorzubereiten.

Denn das kann dem ersten Stück sicherheitstechnisch auf jeden Fall das Wasser reichen. Da geht es erstmal mit der genialen Ampel am StadtCenter los, die mal als „innovativ“ angepriesen wurde.

Screenshot: Klimaschutz-Teilkonzept, Seite 81

Mal versucht da als Radfahrer links rüber zu kommen in Richtung StadtCenter und Christuskirche? Die Ampel lässt einem ca. eine Sekunde Zeit – signalisiert durch das Erlöschen der Signale – um dann geschmeidig über die durchgezogene Linie (darf ich das?) auf die komfortable Pkw-Linksabbieger-Spur zu kommen. Um dann dort wieder an der roten Ampel zu stehen. Die meisten Radfahrer machen es, wie geplant: Absteigen und die nächste Fußgänger-Ampel benutzen.


Bitte nicht auf das folgende Müllauto achten, das nur ganz knapp über rot fährt. LOL! Das ist nur das übliche zufällige Beiwerk, wenn man einmal eine beliebig Ampel filmt. Deren Innovationspotenzial darf aber niemandem vorenthalten werden. Sicherheit, Komfort und vor allem Innovation. So bringt man die Leute vom Pkw auf´s Rad:


Geradeaus zu fahren macht auch nicht wirklich mehr Spaß. Da wird man an einer dreispurigen Stelle kurz vor einer Einfahrt auf einen „Schutz“-Mehrzweckstreifen in den fließenden Pkw-Verkehr geleitet. Extrem innovativ das. Die Aachener Straße lässt grüßen. Aber hey: Was habe ich gelernt: Wenn Dir was als Radfahrer nicht passt, dann kannst Du immer noch zu Fuß gehen. Oder Autofahren.

Ein Stückchen weiter auf Höhe der Evangelischen Gemeinde die nächste Radfahrer-unfreundliche Baustelle. Hier ist schieben angesagt und verordnet. Kann ja auch sinnvoll sein. Trotzdem symbolisch.

Symbolbild

Auf der August-Klotz-Straße dann wieder/weiter der Klassiker, der die Dürener zum Wechsel vom Pkw auf´s Fahrrad animieren soll: Überbreite Straße, die zweispurig von Pkw genutzt wird, in Kombination mit Mehrzweckstreifen ohne jegliche Dooring-Zone oder irgendwelche Qualitäts-Standards, garniert mit jeder Menge Parkbuchten auf der rechten Seite.

Welcher Elfjährige fährt da nicht gerne mit dem Rad zur Schule?

Ich kann mir das überhaupt nicht erklären, bei den hervorragenden Bedingungen, die Radfahrende hier im Vergleich zu Mobilisierten überall vorfinden. Seltsam… Wer hier nicht mit Begeisterung jeden Tag sein Rad aus dem Keller holt (weil es sonst keine Abstellmöglichkeiten gibt) und voller Freude in die Pedale tritt, kann ja wohl nur verrückt sein. An schlechter Infrastruktur und zu vielen zu asozialen unzivilisierten Autofahrern kann´s nicht liegen.

Pkw first, safety last!

Wenn man es dann bis an die Ampel Gericht/Museum geschafft hat – nochmal Luftholen am Museums-Vorplatz und vielleicht ein Gebet in Richtung St. Marien -, muss man sich nur noch durch die Falschparker-Clans und ständig um sich selbst rotierenden Parkplatzsucher rund um die innerstädtischen Schulen kämpfen und schon ist man total sicher und entspannt angekommen.

Außer man fährt geradeaus…

Zwischen Fußgängern und Radfahrern muss immer noch genug Platz für einen Motorisierten sein. Wird schon gut gehen…

Stadtauswärts…

…bereitet diese Baustelle Fahrradfahrern schon seit etlichen Wochen besonderen Spaß. Im Zeitungsartikel werde ich damit zitiert diese Baustelle ein „typisches Beispiel für schlechtes Baustellenmanagement in Düren“ zu nennen.

Raßmanns erläutert die schwierige Rechtslage, seit sogenannte Nebenanlagen für Radfahrer nicht mehr in der Benutzungspflicht sind: Man hat an der Stelle die Wahl, ob man die Fahrbahn oder den Gehweg nimmt. Was sollte man dort also beschildern?

B. Rassmanns, Mobilitätsmanager, Stadt Düren

Keine Ahnung, was die Baustelle mit der Radwegebenutrzungspflicht zu tun hat, aber die Frage kann ich leicht beantworten: Nix sollte man dort beschildern! Man hätte sich von mir aus sogar die „Radfahrer frei“-Schilder auf dem Gehweg sparen können. Ich fahr da eh immer auf der schnelleren, komfortableren Straße. Und Radfahrer fahren doch eh immer da, wo sie wollen – egal ob sie dürfen oder nicht. Die einzigen, die da vielleicht ein Schild benötigen würden, wären die Autofahrer, die da andauernd unkontrolliert illegal überholen. Deren Führerscheinbesitz sollte auf jeden Fall besser geschützt werden.


Kleine Paradoxie am Rande…
Letztens hab ich im allwissenden Internetz gelesen, dass dort, wo das Überholen von Radfahrern sowieso nicht erlaubt sein kann (zu enge Straße und so) gar kein Schild „Verbot des Überholens von einspurigen Fahrzeugen für mehrspurige Kraftfahrzeuge“ aufgestellt werden darf, weil Überholen da ja eh schon (strukturell) verboten ist. Äh, ja. Und weil sich die Autofahrer statistisch nachweisbar ja andauernd sklavisch an alle Regeln halten. Oder was ist die Denke dahinter? Egal…


Übrigens, Baustelle Veldener Straße:

Fahre ich als Radfahrer ganz normal auf der Straße, empfinden mich die Pkw, die da eh nicht viel schneller fahren dürfen als ich radle, als Störfaktor. Obwohl ich alles richtig mache und sogar ordentlichen Abstand zur rechten Seite einhalte, bleiben die einfach nicht kurz hinter mir, sondern überholen andauernd regelwidrig, obwohl ich sie bei der Ampelschaltung immer wieder an der roten Ampel am Autohaus eingeholt habe.

Zeitgewinn: 0!

Fahre ich auf dem Gehweg verliere ich besonders stadtauswärts durch den Seitenwechsel Zeit und Schwung, muss über Ampeln schieben und auf dem geteilten Gehweg sowieso extrem langsam fahren. Und werde im besten Fall von den Fußgängern als nervend wahrgenommen oder von den StVO-sicheren Autofahrern als Gehweg-fahrendes Radfahrer-Rowdy-Klischee eingeordnet.

Am besten schiebe ich mein Rad durch die gesamte Baustelle.

Noch besser. Ich fahre mit dem Auto! Dann haben wirklich alle was davon. Und wir hätten wieder ein schlagkräftiges Argument mehr gegen alles, was irgendwann mal irgendwie radverkehrsfördernd wirken könnte:

Es fährt ja eh keiner Fahrrad in Düren!